Bodo Ramelow schlägt seine Vorgängerin Christine Lieberknecht (CDU) als Regierungschefin für eine Übergangszeit vor. Der CDU-Landeschef Mike Mohring stellt jedoch Bedingungen für diesen Weg. Was steckt dahinter?

Berlin - Der überraschende Vorstoß von Bodo Ramelow (Linke), der die ehemalige thüringische Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) als Chefin einer „technischen Übergangsregierung“ vorschlug, hat die Karten im Erfurter Machtpoker völlig neu gemischt. Führt der Vorschlag tatsächlich zu einem Ausweg aus der Krise? Die Union zeigt sich (noch) nicht überzeugt. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

 

Was sieht Ramelows Plan genau vor?

Geht es nach Bodo Ramelow, soll Lieberknecht gar nicht erst den Anschein erwecken, mehr als eine Übergangsregierung zu führen. Ihr Kabinett soll nur drei Minister aufweisen. Besetzt werden sollen nur die Ressorts Justiz (mit Dieter Lauinger, Grüne), Finanzen (Heike Taubert, SPD) und die Staatskanzlei (mit Benjamin-Immanuel Hoff, Linke), die alle drei in gleicher Funktion dem Kabinett Ramelow angehört haben. Der einzige Auftrag der Regierung wäre es, binnen 70 Tagen Neuwahlen zu organisieren.

Worin liegt der Charme der Idee?

Zum einen würden die Wähler rasch ihr Urteil über die Erfurter Vorgänge sprechen können. Das ist sicher gerechtfertigt, denn in Kenntnis der Ereignisse rund um die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten mit Hilfe der Stimmen der CDU, der FDP und der AfD wären manche Wahlentscheidungen wohl anders ausgefallen. Zum anderen käme die CDU um die schwierige Entscheidung herum, einen Linken-Politiker den Weg zum Ministerpräsidentenamt aktiv ebnen zu müssen.

Wie hat die CDU reagiert?

Nach langen Beratungen, die sich den ganzen Dienstag hinzogen, hat die Thüringer CDU-Fraktion beschlossen, den Vorschlag jedenfalls in seiner jetzigen Form abzulehnen. Sie stellt nun ihrerseits Bedingungen: Sie fordert eine Regierung des Übergangs, die „vollständig besetzt und parteiübergreifend von berufenen Experten gestellt wird“. Auch ihre Aufgaben sollen umfangreicher sein als von Ramelow vorgeschlagen. Sie müsse einen Landeshaushalt für 2021 aufstellen und vom Landtag verabschieden lassen. Danach „kann dann alles Weitere, auch Neuwahlen, folgen“, sagte Fraktions- und Landesparteichef Mike Mohring, der selbst seinen Rückzug angekündigt hat.

Warum tut sich die CDU so schwer?

Alle Umfragen sehen im Falle von Neuwahlen erhebliche Stimmverluste der Union voraus, nachdem die Wahl im November bereits einem Rückschlag gleichkam. Die Installierung einer Vollregierung mit dem Auftrag der Etataufstellung bedeutet vor allem eines: Zeitgewinn. Zeit, in der die politische Großwetterlage vielleicht wieder günstiger aussehen könnte. Eine weitere Schwierigkeit ist der nach wie vor geltende Unvereinbarkeitsbeschluss der Bundespartei, der eine aktive Zusammenarbeit sowohl mit AfD als auch Linkspartei ausschließt. Linke Minister aktiv in ein Mini-Kabinett zu wählen, wie von Ramelow vorgeschlagen, ist offenbar für viele in der Landespartei nach wie vor eine zu große Zumutung.

Wie reagieren die anderen Parteien?

Die SPD steht voll hinter dem Vorschlag von Bodo Ramelow. Die Grünen ebenfalls, auch wenn die erste Reaktion durchaus skeptisch war. Auch die Grünen können künftigen Wahlen nicht sorgenfrei entgegensehen. Der FDP-Landesverband nannte den Ramelow-Plan dagegen ein „taktisches Manöver zulasten der Demokratie“. Polemik kam von der AfD. Fraktionschef Björn Höcke nannte den Vorschlag „einen Treppenwitz“. Bei seinem Auftritt am Montagabend bei der Pegidademo in Dresden hatte er die Bundesrepublik als Irrenhaus, bezeichnet. Kritiker seiner Partei seien hemmungslos irre, völlig verrückt und geistig gestört.