Die Mauereidechse (Podarcis muralis) liebt alte Weinbergmauen. Sie klettert dort mit höchster Agilität selbst senkrechte Wände hinauf. Rund um den Kappelberg machen sich die Tierchen aber rar – aus einem besonderen Grund.

Fellbach - Diese elegante Echse hat’s drauf, zumindest, was das Klettern angeht. Senkrechte Wände? Kein Problem. Frei hängend quer im Fels? Ein Kinderspiel. Und das alles mit blitzartigem Tempo – auch das, wenn’s sein muss.

 

Nur direkt am Kappelberg sucht man sie vergebens

Im Freiklettern macht der Mauereidechse also so schnell niemand etwas vor. Sie klettert die Wände rauf und runter und scheint die Gesetze der Schwerkraft aufheben zu können. Und weil sie sich – der Name ist Programm – besonders gerne an Mauern tummeln und wie praktisch alle Eidechsen warme, sonnige Plätze lieben, sind sie logischerweise in Weinbergen zu finden. Nur direkt am Kappelberg sucht man sie vergebens. Der Grund hierfür ist simpel: Es gibt hier so gut wie keine alte Trockenmauern.

Was des einen Freud’, ist des anderen Leid. So haben zwar einerseits die Rebflurbereinigungen die Bearbeitung für die Wengerter deutlich vereinfacht und außerdem klare Verhältnisse bei den teilweise durch die schwäbische Realteilung winzig gewordenen Parzellen geschaffen. Andererseits sind jedoch viele Kleinstrukturen beseitigt worden, wie eben auch unzählige Trockenmäuerchen. Auch wenn einige Lagen aufgrund einer relativ geringen Hangneigung nicht terrassiert waren, so gab es einst etliche Mauern, um die Weinberge besser zu gliedern. Spätestens mit dem Bau des Kappelbergtunnels in den 1990er Jahren war dieses Kapitel dann endgültig beendet.

Der Lebensraum der Mauereidechse ist sonniges Terrain mit Steinhaufen, Mauern oder Totholz, also Sonnenplätze mit Versteckmöglichkeiten

Heute verlaufen zwar noch einzelne Mauern von der Neuen Kelter entlang des „Alten Bergwegs“, aber auch dort wird man keine Mauereidechsen finden. Es gibt nämlich keine offenen Fugen im Mauerwerk, so wie sie bei Trockenmauern üblich sind. Ergo sind auch keine Ritzen zum Verstecken da, und damit ist die eigentlich attraktive Struktur ungeeignet für das kleine Reptil. So kommt es, dass in Fellbach allenfalls vereinzelt Mauereidechsen zuhause sind, früher aber sicher in der Fläche deutlich häufiger waren. So ist ein kleines lebendiges Stück Naturerbe im Zuge der Beseitigung des Kulturerbes Wengertmäuerle auch verschwunden.

Der Lebensraum der Mauereidechse ist sonniges Terrain mit Steinhaufen, Mauern oder Totholz, also Sonnenplätze mit Versteckmöglichkeiten. Sie kommt auch an Wegböschungen oder an Rändern von lichten Wäldern vor und tritt in diesen Bereichen in Konkurrenz zur Zauneidechse. Diese wird von ihr offenbar stellenweise sogar verdrängt, was gegenwärtig intensiv untersucht wird. Gerade in Stuttgart tummeln sich in manchen Stadtteilen sehr viele Mauereidechsen. Sie lieben die heißen Bedingungen im Talkessel und haben vor allem die Schotterkörper vieler Bahngleise besiedelt und verbreiten sich über diese linearen Verbindungen.

In den Weinbergen der näheren Umgebung findet man die Mauereidechse sehr zuverlässig

Auch auf dem Gelände des alten Güterbahnhofs in Bad Cannstatt kamen sehr viele Mauereidechsen vor, bevor das Areal baulich erschlossen wurde. Allerdings waren diese Exemplare von einer gebietsfremden Unterart aus Italien.

Die Hybridisierung mit hiesigen Mauereidechsen führt dazu, dass die Nachkommen besonders konkurrenzstark sind. Populationen der einheimischen Unterart können so ganz verschwinden, aber eben auch die Zauneidechse.

Auch auf dem Erdboden bewegt sich die Mauereidechse flink. Trotzdem muss sie sich hüten, dass sie nicht von einem Turmfalken erbeutet wird. Besonders vor der Schlingnatter, die sich auf Eidechsen und Blindschleichen spezialisiert hat und ebenfalls gerne im steinigen Gelände unterwegs ist, muss sie sich in Acht nehmen. Ihrerseits gehören hauptsächlich Insekten und Nacktschnecken zur Nahrung der wärmeliebenden Eidechse, aber durchaus auch Jungtiere von verwandten Arten. Das Reptil sonnt sich den ganzen Tag ausgiebig, um auf Betriebstemperatur zu kommen beziehungsweise zu bleiben. Daher ist sie oft beim Sonnenbaden oft auf Steinen, Sitzbänken oder einfach auf dem Boden zu sehen.

In den Weinbergen der näheren Umgebung findet man die Mauereidechse sehr zuverlässig. An den Gemäuern der Yburg in Kernen-Stetten kann man sie genauso bei Spaziergängen entdecken wie in den Terrassenweinbergen in Uhlbach und Obertürkheim. Einmal über den Berg hinüber ist sie also noch recht häufig vertreten. Funde aus Fellbach sind jedoch eher spärlich, wären aber durchaus interessant, denn am Kappelberg selbst scheint es eine kleine Verbreitungslücke zu geben.

Steckbrief

Die Optik Die Mauereidechse ist auffallend schlank und hat einen sehr langen Schwanz. Der Körper misst etwa fünf bis sieben Zentimeter, der Schwanz ist noch einmal fast doppelt so lang, was eine Gesamtlänge von etwa 20 bis maximal 25 Zentimetern ergibt. Auf dem Rücken hat die männliche Mauereidechse ein lebhaftes Muster aus dunklen und hellen Flecken, die manchmal wie eine Marmorierung aussehen können. Bei den Weibchen sind diese Linien stärker ausgeprägt. Die Grundfärbung ist bräunlich-grau, auch an Kopf, Bauch und Flanken. Im Unterschied zur etwas kräftiger gebauten Zauneidechse findet man bei den mitteleuropäischen Mauereidechsen keinerlei grüne Partien. Die Bauchseite ist rötlich braun bis schwärzlich grau und kann fein gefleckt sein. Der Schwanz trägt an den Seiten schwarz-weiße Barrenflecken.

Die Nahrung Mauereidechsen ernähren sich von Insekten aller Art, auch von Raupen und anderen Larven, von Spinnen, Würmern und Schnecken. Ihre Fressfeinde sind vor allem die Schlingnatter, aber auch Greifvögel sowie Marderartige oder sogar Igel. Am Rande von Ortschaften picken sich sogar Haushühner mal eine Mauereidechse.

Die Fortpflanzung Nach der Winterruhe ist die Paarungszeit, bei der die Männchen um Reviere und Weibchen buhlen. Die Mauereidechsen legen im Sommer drei bis neun weichschalige Eier, die in kleinen, selbst ausgescharrten Erdlöchern oder anderen Verstecken abgelegt werden.