In der wärmsten Jahreszeit kann man die Lautäußerungen von Grille & Co. überall dort hören, wo das Gras noch ein wenig höher steht. Die häufigste Heuschrecke bei uns ist der Gemeine Grashüpfer (Corthippus communis).

Fellbach - Der August könnte ein trostloser Monat sein: Die Vogelwelt ist verstummt, weil das Brutgeschäft meist erledigt ist, die Mehrzahl der Wiesenblumen ist verblüht, die Getreidefelder sind abgeerntet. Eine gewisse Leere macht sich in der Sommerhitze breit. Und dieses Jahr ist wegen Corona auch das Vergnügen in Eisdielen oder Biergärten eingeschränkt.

 

Die häufigste Heuschrecke bei uns dürfte der Gemeine Grashüpfer sein

Aber es gibt eine Tiergruppe, der kann es nicht warm genug sein: Heuschrecken. Je wärmer und trockener, desto besser für sie. Sommer mit langen, kühlen Regenperioden dagegen bekommen den grünen und braunen Hüpfern gar nicht gut, viele von ihnen gehen dann an Pilzkrankheiten ein. Die Sommermonate sind die beste Periode, um Vertreter dieser Artengruppe zu beobachten. Sie sind in der heißen Jahreszeit kaum zu bremsen, überall hüpft, krabbelt und zirpt es. Zumindest dort, wo die Vegetation von Mulchmäher und Rasentrimmer verschont geblieben ist und Gräser zusammen mit krautigen Blütenpflanzen wachsen und ausblühen dürfen.

Die häufigste Heuschrecke bei uns dürfte der Gemeine Grashüpfer sein, der praktisch überall vorkommt, wo das Gras ein wenig länger stehen bleiben darf. Anhand dieses kleinen Hüpfers kann man gut erleben, was eine Heuschrecke zur Heuschrecke macht. Übrigens hat der Name nichts mit Schreckhaftigkeit zu tun, auch wenn Grashüpfer und Co. mit ihren langen Sprungbeinen bei Störungen weite Sätze machen können, um zu flüchten. Das Wort leitet sich vom althochdeutschen Wort „scricken“ ab, was springen heißt. Dass diese Tiere gerne in Gras und Heu zuhause sind, erklärt sich von selbst.

Der Gemeine Grashüpfer hat keine besonderen Lebensraumansprüche

Allerdings sind nicht alle Heuschrecken Bewohner der Krautschicht. Manche Laubheuschrecken wie die Eichenschrecke wagen sich hoch hinaus und leben auf Bäumen, andere wie die Maulwurfsgrille und die Feldgrille leben grabend im Boden und wieder andere hausen in Felshöhlen. Es gibt sogar eine Art, die Gewächshausschrecke, die tatsächlich fast ausschließlich in Gewächshäusern lebt, weil dort ganzjährig angenehme Temperaturen herrschen. Ob diese Art in Fellbach in Gärtnereibetrieben vorkommt, ist jedoch nicht gesichert bekannt.

Weil manche Heuschreckenarten teilweise sehr spezielle ökologische Bedingungen benötigen, sind sie gute Bioindikatoren, also Anzeiger für die Qualität der Lebensräume. Der Gemeine Grashüpfer hat keine besonderen Lebensraumansprüche und lebt auf mageren wie fetten Wiesen, siedelt auf feuchteren Standorten oder auf eher trockenen Almwiesen und kommt sogar in der Böschung am Straßenrand vor, wenn diese nicht ratzekurz gemäht ist. Wie alle Heuschrecken ist er wärmeliebend, weshalb er sich im klimatisch günstigen Fellbach recht wohl fühlt. Man findet die Grashüpfer fast auf der gesamten Gemarkung, bevorzugt in Streuobstwiesen, aber auch in den begrünten Weinbergen und auf den Feldern, vor allem in den Randbereichen, wo die Vegetation ein wenig länger stehen bleiben darf.

Diese Art der mechanischen Klangerzeugung nennt man Stridulation

Die Paare finden sich mithilfe des Gesangs, wie man die Lauterzeugung bei Heuschrecken nennt. Deshalb waren sie in der Antike dem Gott Apollo, dem Erfinder der Musik, geweiht. Auch heutzutage ruft das Heuschreckenkonzert bei Menschen erst das richtige Sommergefühl hervor. Die Töne werden nicht von Stimmbändern erzeugt, sondern durch das Aneinanderreiben der Flügel oder der Beine – vergleichbar mit dem Herumschrummen auf einem Waschbrett. Diese Art der mechanischen Klangerzeugung nennt man Stridulation. Der Gemeine Grashüpfer führt eine kammartige Struktur an der Innenseite seiner Hinterschenkel im Gleichtakt an der Kante der Flügel entlang. Bei jeder Abwärtsbewegung wird eine Silbe dieses Gesangs, der bis in gut zehn Metern Entfernung hörbar ist, erzeugt. Andere Heuschrecken reiben ihre Vorderflügel aneinander oder Knarren mit ihren Oberkiefern. Wieder andere trommeln mit ihren Beinen auf Blättern. Wie bei den Vögeln lassen sich die Arten akustisch gut auseinanderhalten und bestimmen. Häufig sind sogar die Lautäußerungen ein besseres Merkmal als die Färbung, die teilweise erheblich variieren kann.

Leider werden Heuschrecken mancherorts auch heute noch bekämpft

Wie gut die Fortpflanzung der Heuschrecken funktionieren kann, zeigen die riesigen Schwärme, die derzeit im östlichen Afrika unterwegs sind. Schon aus der Bibel sind sie als eine der göttlichen Plagen, die über Ägypten hereinbrachen, bekannt. Doch auch für unsere Breiten sind Wanderheuschreckeneinfälle bis nach Süddeutschland überliefert. Bis in die 1930er Jahre gab es in Deutschland noch massenhafte Vorkommen der Schönschrecke. Doch wegen chemischer Pestizide, die damals ihre volle Effektivität unter Beweis stellen konnten, wurde diesem Treiben der Garaus gemacht.

Leider werden Heuschrecken mancherorts auch heute noch bekämpft, besonders die unterirdisch lebende Maulwurfsgrille oder „Werre“ gilt als Wurzeln fressender Schädling. Sie ist mittlerweile in weiten Teilen Deutschlands verschwunden ist, und vermutlich in Fellbach nicht mehr zu finden. Sie ernährt sich eigentlich überwiegend von Raupen und Engerlingen, weshalb sie eher als Nützling einzustufen ist. Während auch viele anderen Vertreter dieser Ordnung Allesfresser sind, sind die Grashüpfer indes reine Pflanzenfresser. Und sie selbst sind wichtige Nahrung für viele Tiere, von Vögeln über Kleinsäuger bis hin zu Füchsen oder Wildschweinen. Ein besonderer Beutegreifer für Heuschrecken ist die Wespenspinne. Von diesem spannenden Tier ist in einer der kommenden Folgen zu lesen.

Steckbrief

Wie bei praktisch allen Heuschrecken sind die Männchen etwas kleiner als die Weibchen, sie werden etwa eineinhalb Zentimeter lang, die Weibchen um die zwei Zentimeter. Die Färbung der Gemeinen Grashüpfer kann sehr unterschiedlich ausfallen. Die meisten Individuen sind ganz grün oder überwiegend grün mit brauner Körperoberseite. Die Flügel der Männchen enden etwa an der Spitze des Hinterleibs, wobei die Hinterflügel deutlich kürzer sind und bis zur Mitte der Vorderflügel reichen. Beim Weibchen sind die Flügel deutlich kürzer.

Wie die allermeisten verwandten Grashüpfer ernährt sich auch der Gemeine Grashüpfer überwiegend von Gräsern. Fressfeinde sind verschiedene Vogelarten, besonders die Wespenspinne.

Auch bei Heuschrecken spricht man, wie bei Vögeln, von Gesang. Dieser besteht aus nicht besonders lauten kratzenden Versen, die aus neun bis 21 Silben bestehen und zwischen etwa einer und vier Stunden andauern. Sie werden einigermaßen regelmäßig wiederholt vorgetragen. Besonders am Spätnachmittag kann man oft Rivalengesänge hören.