Die Bachstelze (Motacilla alba) und die Schafstelze (Motacilla flava) sind bei uns gar nicht so selten. Doch nur einer der Vögel kommt fast überall vor. Die andere Art ist ausschließlich auf Wiesen und Feldern zu Hause.

Fellbach - Schon auf den ersten Blick erkennt man, dass diese beiden Vögel Gemeinsamkeiten haben, obwohl sie sich deutlich voneinander unterscheiden: die eine ganz in Schwarz-Weiß mit etwas Grau, die andere mit einem quitschigen Gelb im Gefieder. Aber beide Vogelarten haben einen schlanken, eleganten Körperbau und vor allem den auffallend langen Schwanz, mit dem sie immer wieder charakteristisch wippen. Es handelt sich um die etwas farblose Bachstelze und eine ihrer Schwestern aus der Familie der Stelzen, die Wiesenschafstelze.

 

Als Vögel, die sich überwiegend auf dem Boden aufhalten, sind lange Beine von Vorteil

Das Auf- und Abwippen mit dem Schwanz hat den Vögeln im Englischen den Namen „Wagtail“, zu Deutsch etwa „Wippschwanz“ eingebracht. Der deutsche Name zielt eher auf die grazile und hochbeinige Statur ab. Als Vögel, die sich überwiegend auf dem Boden aufhalten, sind lange Beine von Vorteil. So sind die Vögel meist zu Fuß auf der Suche nach Insekten unterwegs. Dabei laufen sie immer wieder kurze Strecken mit ruckartigen Kopfbewegungen und halten dann wieder inne, um nach krabbelnder Beute Ausschau zu halten.

Die filigrane Bachstelze dürfte den meisten bekannt sein. Sie ist in unterschiedlichen Lebensräumen in der offenen Kulturlandschaft zu Hause und scheint diesbezüglich sehr flexibel. Sie fühlt sich fast überall wohl. Man findet sie besonders an Bauernhöfen im Außenbereich, an Ortsrändern, aber auch auf Parkplätzen, Industrieflächen und Flachdächern. Sie bewohnt zwar hier und da auch die Randbereiche von Gewässern – besonders wenn dort niedrige Vegetation ist – doch sie ist nicht eng an kleine Fließgewässer gebunden, wie der Name vermuten lässt.

Deutlich später im Jahr, nämlich erst von Mitte bis Ende April an, findet sich die Schafstelze ein

Dahingegen ist die nahe verwandte Gebirgsstelze bei uns ausschließlich am Wasser zu finden. Im Norden Europas kommt die Bachstelze bis in die baumlose Tundra vor. Ihr Nest versteckt sie in halbhöhlenartigen Nischen: in Mauerlöchern, auf Dachbalken oder in Holzstapeln und ähnlichen Strukturen. Als Zugvogel ist sie von März bis Oktober bei uns. Die allerersten Bachstelzen tauchen bereits im Februar auf, wo sie manchmal in losen Trupps mit bis zu mehreren Dutzend Individuen auf Feldern nach Nahrung suchen.

Deutlich später im Jahr, nämlich erst von Mitte bis Ende April an, findet sich die Schafstelze ein. Sie verlässt uns auch schon im September und ist zur Zugzeit einer der häufigsten Zugvögel bei uns. Dennoch ist die Schafstelze oder vielmehr Wiesenschafstelze, wie man mittlerweile als Namen für die mitteleuropäische Form festgelegt hat, eine relativ unbekannte Vogelart. Sie kommt bei uns in der offenen Landschaft des Schmidener Feldes vor. Sie lebt nicht nur – anders als der Name suggeriert – auf Wiesen, sondern sie brütet mitten in Getreidefeldern, bevorzugt aber auf Äckern mit Hackfrüchten, also Kartoffeln und Zuckerrüben. Dort legt sie ihr aus Grashalmen und anderem Pflanzenmaterial sorgfältig gefertigtes Bodennest in dichter Vegetation an.

Der Gesang der Schafstelze ist relativ leise und monoton

Nur das Weibchen baut am Nest und bebrütet die vier bis sieben Eier für knapp zwei Wochen, bevor die Küken schlüpfen. Wichtige Nahrung für die Nestlinge, aber auch Alltagskost für die Altvögel sind Insekten jeglicher Art. Auf Nahrungssuche trippelt die Schafstelze auf Flächen mit niedriger Vegetation umher, manchmal macht sie einen Hüpfsprung, um ein Insekt zu erhaschen. Besonders gerne sammeln sie Fliegen von Kuhfladen oder ähnlichem ein.

Der Gesang der Schafstelze ist relativ leise und monoton. Auf Getreidehalmen, vorjährigen Pflanzenstängeln oder Zaunpfosten sitzend lässt sie ein einsilbiges Lied aus hohen Tönen erklingen: ein feines „Tsiiie“ oder „Sriii-Sriiiht“, meist aus zwei oder drei weichen Silben bestehend. Manchmal schwingt sie sich sogar zu einem kurzen Singflug auf. Die Töne gehen jedoch in der allgemeinen Verlärmung der Landschaft meist unter und können zum Beispiel mit dem lauten Gesang der Feldlerche in keinerlei Hinsicht mithalten. Dafür ist der hübsche gelbe Vogel eine farbenfrohe Erscheinung. Falls also jemand denk, ein Kanarienvogel sei entflogen und sitze nun auf dem Schmidener Feld, handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um eine Wiesenschafstelze.

Steckbrief

Stelzen sind sehr schlanke, lang gestreckte Vogelarten. Bach- und Schafstelze haben eine ähnliche Größe, wobei die Bachstelze mit 16,5 bis 19 Zentimetern Körperlänge genau da anfängt, wo die Schafstelze mit 15 bis 16 Zentimetern aufhört.

Die markant schwarz-weiße Bachstelze hat einen Kehllatz und eine Haube in Schwarz, das restliche Gesicht ist weiß. Der Rücken ist einfarbig grau, der Bauch weiß, die Flügel haben zwei feine weiße Querlinien. Am langen Schwanz fallen bei der Bachstelze die weißen Außenkanten auf. Diese hat auch die Schafstelze, deren Oberseite graubraun mit einem Olivton ist. Die Unterseite ist von der Kehle bis zum Steiß satt gelb. Der Kopf der Schafstelze ist blaugrau und mit einem weißen Überaugenstreif.

In Mitteleuropa gibt es noch eine weitere verwandte Art, die Gebirgsstelze. Sie ist eine Singvogelart aus der Familie der Stelzen und Pieper. In Osteuropa kommt die Zitronenstelze vor, deren Kopf ganz gelb ist. Ebenfalls zur näheren Verwandtschaft gehören die Pieper, die allesamt unscheinbar gefärbt sind, ansonsten aber einen ganz ähnlichen Körperbau haben.