Ein Kaninchen als Geschenk? Vielleicht keine gute Idee. Warum das Böblinger Tierschutzheim in diesem Jahr schon einige Interessenten abweisen musste – und warum es drei Wochen vor Weihnachten keine Tiere vermittelt.

Baden-Württemberg: Florian Dürr (fid)

Böblingen - Ein süßes Kaninchen unterm Weihnachtsbaum? Das ist vermutlich der Traum vieler Kinder – und vermutlich eine Geschenkidee vieler Eltern, um ihren Kleinen eine Freude zu machen. Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie, wenn die Kinder wegen der Kontaktbeschränkungen weniger Freunde treffen dürfen, scheint ein Haustier die perfekte Alternative zu sein. Doch dem schiebt das Böblinger Tierheim jedes Jahr drei Wochen vor Weihnachten einen Riegel vor: „Aus früheren Zeiten wissen wir, dass die Tiere dann oft im Januar wieder zurückkommen“, begründet die Tierheim-Leiterin Annette Lehmann die Maßnahme.

 

Manche Haustier-Interessierte sind besonders hartnäckig

Ähnlich geht das Tierheim auch bei der Vermittlung von Tieren während der Corona-Krise vor: Wer den Eindruck macht, dem Tier nur für die Zeit im Homeoffice oder der Kurzarbeit ein neues Zuhause bieten zu wollen, wird abgewiesen. „Es gab wirklich Anrufe nach dem Motto ‚Ich habe jetzt Zeit für ein Tier, weil ich im Homeoffice bin‘“, erzählt Lehmann: „Da weißt du schon, worauf es hinausläuft.“ Sobald das Herrchen oder Frauchen wieder ins Büro zum Arbeiten kann, muss das Tier plötzlich lange Zeit alleine zurechtkommen. Gerade bei Hunden sei das schwierig: „Die sollten nicht länger als vier Stunden alleine sein“, sagt Lehmann.

Manchmal enttarnen sich die Interessierten aber nicht sofort, sondern bleiben hartnäckig: „Manche Leute haben es schon in anderen Tierheimen probiert und versuchen es dann noch mal bei uns. Da muss man schon nachfragen, und irgendwann kommt’s raus“, erzählt Lehmann. Ihre Pfleger im Böblinger Tierschutzheim seien für solche Fälle mit der nötigen Menschenkenntnis ausgestattet.

Weniger Stress für die Tiere dank der Corona-Krise

Logischerweise sind die Abgewiesenen nicht besonders erfreut: „Das sehen wir dann in unseren Rezensionen, da heißt es zum Beispiel: ‚Ich habe kein Tier bekommen, also ist das Tierheim scheiße‘“, erzählt Lehmann. Trotzdem haben sie und ihre Mitarbeiter in diesem Jahr beispielsweise deutlich mehr Hunden ein neues Zuhause vermitteln können als noch vor der Corona-Pandemie. Konkrete Zahlen dazu kann Lehmann nicht nennen.

Erfreulich dabei: Von den während der Corona-Krise vermittelten Tiere wurde bisher keines wieder zurückgegeben. Doch Lehmann betont: „Man muss jederzeit damit rechnen. Aber wir hoffen, dass wir sie so vermittelt haben, dass das nicht passiert.“ Neben einer erhöhten Nachfrage nach Tieren hat die Pandemie auch für einen weiteren positiven Aspekt gesorgt: Es gibt mehr Ruhephasen für Hund, Katze und Co. im Tierheim. Denn Besucher dürfen sich laut dem Hygienekonzept nur noch ein Tier anschauen, wenn sie davor mit einem der Pfleger einen Termin ausgemacht haben. „Das nimmt viel Stress raus und ist für Mensch und Tier viel angenehmer“, sagt Annette Lehmann. Früher war das anders: „Da sind zum Start der Besuchszeit 20 Leute durch das Tierheim gelatscht.“

Bis zum letzten Atemzug beim Tier bleiben

Nun können sich die Pfleger viel intensiver mit den Interessierten unterhalten und ein wenig abklopfen, ob sie sich wirklich bewusst sind, was es heißt, zum Beispiel einen Hund als Haustier zu haben. Versicherung, Hundesteuer, Tierarztkosten – „das muss man alles mit einrechnen“, sagt Lehmann, die für ihren ersten Hund 156 Euro Hundesteuer im Monat zahlt. „Das ist wirklich grenzwertig“, sagt sie. Doch die Vorteile überwiegen, sagt sie: „Hunde sind ehrlich und helfen einem über alles hinweg.“ Laut Annette Lehmann müsse man sich nur klarmachen: „Wenn man sich ein Tier holt, muss man bis zu dessen letztem Atemzug bei ihm bleiben.“ Und nicht nur bis zum Ende der Kurzarbeit oder des Homeoffice.