Seit zehn Jahren wartet der Schäferhund-Labrador-Mix Schnuffel im Tierheim Stuttgart auf eine Familie – ohne einen Interessenten. Denn der Rüde ist zwar „sehr verschmust“, aber trotzdem nicht ganz ohne.

Stuttgart - Sofa, Kissen und obendrauf schön einrollen. Schnuffel hat es sich gemütlich gemacht. Was für ein Hundeleben! Eben ist der Schäferhund-Labrador-Mix mit Nicole Hahn und seinen Hundekumpels noch Gassi gewesen und hat sich vom Schneeschauer berieseln lassen, jetzt wird erst mal eine Runde gepennt. „Er genießt das Seniorenleben“, sagt Nicole Hahn. Schnuffel wird bald zwölf. Der Bart und das Fell um die Augen herum sind ergraut, die Blick wird langsam trübe. „Mit dem Gehör hat er’s manchmal auch nicht. Wenn er tief schläft, muss ich ihn anstupsen“, sagt sie. Nicole Hahn, die kennt ihren Schnuffi. Seit zehn Jahren ist die Tierpflegerin und Hundetrainerin seine Bezugsperson. Seit jenem Tag, als er im Tierheim Stuttgart gelandet ist. Und blieb und blieb und blieb. Der Rüde hält einen traurigen Rekord. Aktuell ist er der Hund, der am längsten darauf wartet, in eine neue Familie vermittelt zu werden. Ohne auch nur einen Interessenten.

 

Nur noch mit Radfahrern hat er bis heute ein Problem

Nicole Hahn hat 14 Jahre im Stuttgarter Tierheim gearbeitet und sich vor einer Weile mit einer Hundebetreuung selbstständig gemacht. Dem Tierheim ist die 32-Jährige dennoch weiterhin verbunden und bietet sich als Pflegestelle für die Sorgenkinder an. Schnuffel ist einer dieser komplizierten Fälle. 2010 kam er als Junghund ins Tierheim. Sein Halter, ein alter Mann, sei mit dem Wildfang überfordert gewesen. „Der Hund hat die Bewachungsposition eingenommen“, erklärt Nicole Hahn. Schnuffel hat gebissen und ist deswegen mit einem Maulkorb- und Leinenzwang belegt. Heute, nach intensiver Arbeit, sei der Hund viel gelassener. Mit Fahrradfahrern habe er aber bis heute ein Problem, „da geht er nach. Man muss wissen, wie man mit so einem Hund umgeht“.

Potenzielle Interessenten hat das stets abgeschreckt. „Viele Hunde kommen und gehen, aber er blieb immer übrig. Er ist zehn Jahre lang übersehen worden“, sagt Nicole Hahn. Hinzu kommt: Schnuffel hat Arthrose und etwas Probleme mit der Schilddrüse, und eine klassische Schönheit ist er auch nicht. Seine Pflegemama lacht laut. „Ich sage immer: Du bist nicht der hübscheste Hund.“

Bei Nicole Hahn daheim in Ditzingen (Kreis Ludwigsburg) wird Schnuffel seit Oktober 2019 ans Miteinander in einer Familie gewöhnt. „Es kannte das Wohnungsleben nicht.“ Warum tönt der Fernseher? Warum darf ich in der Küche nichts von der Theke mopsen? Dinge, die erlernt werden müssen. Abgesehen von seiner Radfahrer-Aversion lobt die Trainerin ihren Schützling als „super sozial und sehr verschmust“. Sitz, Platz, Fuß, Artgenossen, allein bleiben – alles unproblematisch.

Nicole Hahn hofft auf Interessenten

Dass Tierheim-Bewohner bis zum Tod im Zwinger blieben, sei nicht unüblich. Etliche Hunde in der Einrichtung in Botnang seien schon acht Jahre oder länger da. Nicole Hahn erinnert an den Huskymix Chico, der nach zwölf Jahren im Tierheim gestorben sei. Schnuffel will sie das ersparen. Um jeden Preis hergeben, das kommt indes auch nicht in Frage. „Ich will kein Tier vermitteln, wo es nach zwei Wochen heißt: Wir haben nur Ärger.“ Obwohl sich Schnuffel gut mit ihren Nichten verstehe, werde sie ihn nicht in eine Familie mit kleinen Kindern vermitteln, „das ist mir zu heiß“. Sie hofft auf Interessenten mit Schäferhund-Erfahrung, „verantwortungsvoll und vorausschauend“. Jüngst hat sich sogar jemand gemeldet. Ob es was wird? Nicole Hahn hofft es. Damit Schnuffel, der Hunde-Opa, sich den Rest seiner Tage gemütlich auf einem Sofa mit Kissen einrollen kann.