Manchen Katzen und Hunden geht es während der Pandemie offenbar besser als zuvor. Das kann aber auch zur Folge haben, dass mehr Vierbeiner in Pflegestellen abgegeben werden. Was wiederum Tierschützer und Veterinäramt im Kreis Ludwigsburg besonders fordert.

Ditzingen - Die Bilder sind noch präsent. „Es war entsetzlich“, sagt Giesela Mayer über die ersten Wochen der Corona-Krise. Tiere zu vermitteln sei nicht möglich gewesen, sagt die Vorsitzende des Ditzinger Tierschutzvereins. Und die Tierheime hätten den Ehrenamtlichen keinen Zutritt mehr gewähren dürfen.

 

Menschen sind achtsamer

Andererseits, schränkt die Tierschützerin ein, „war es ein großes Glück, dass der Lockdown im März war“. So sei es für Hunde, Katzen und Vögel ohne Besitzer möglich gewesen zu überleben, weil die Temperaturen hoch und genügend Nahrung vorhanden gewesen sei. Außerdem fielen jene Tiere, die öfter durch die Wohngebiete streunten, sofort auf. „Wenn ein Tier urplötzlich da war und immer wieder kam, kam die Rettungskette schnell in Gang“, sagt Mayer.

Das stimmte die Vereinsvorsitzende froh, denn sie schloss daraus, dass die Bevölkerung inzwischen weiß, an wen man sich wenden kann, wenn man herrenlose oder kranke Tiere sieht. Wenn die Helfer informiert sind, kann es immer noch eine Weile dauern, bis ein Tier sich helfen lässt. So lasse sich beispielsweise ein schwarzer Kater seit drei Monaten immer wieder im Glemstal blicken. Man versuche ihn anzulocken, aber sobald sich Menschen näherten, türme er. „Wir haben ihn Gustav genannt“, erzählt Mayer und sagt: „Die Menschen sind aufmerksamer, das ist mein Eindruck.“ Sie seien auch aufmerksamer, weil sie mehr Zuhause seien. „Die Bedürfnisse der Tiere werden mehr gesehen.“ Mancher erkenne dabei auch, was er etwa dem Hund antue, wenn die Zeit des Homeoffices vorbei ist. „Sie geben auch deshalb ihre Tier ab. Das ist nicht böswillig.“ Sondern eher fürsorglich, sagt Mayer.

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Unklar ist, ob sich diese Beobachtung in Zahlen ausdrücken lässt. Ein Vergleich mit den Vorjahren ist schwierig, da das Jahr noch nicht zu Ende ist. Deshalb ist das Kreisveterinäramt zurückhaltend bei der Bewertung. „Nach den vorliegenden Zahlen wäre ein leichter Anstieg der Tierschutzanzeigen festzustellen“, teilt ein Sprecher mit. Gingen 2018 im Schnitt monatlich 24 Tierschutzanzeigen ein, im Jahr darauf 23, sind es 2020 monatlich derzeit 26. Den Anzeigenerstattern gehe es in aller Regel um tatsächliche oder vermutete Tierschutzwidrigkeiten. Als Beispiel nennt der Behördensprecher „Tiere in verschmutzen Wohnungen, erkrankte Tiere ohne Veranlassung einer tierärztlichen Versorgung, Hunde ohne ausreichenden Auslauf oder die Einzelhaltung von sozialen Herdentieren“.

Deutlich gestiegen seien indes Anfragen zu guter Tierhaltung und Bitten um eine Einschätzung bei vermeintlich inkorrekter Haltung. Diese Anfragen seien statistisch nicht erfasst, beanspruchten aber „einen nicht unerheblichen Anteil der Arbeitszeit“. Besonders im Lockdown seien viele Anfragen zur die Versorgung von draußen lebenden Tieren eingegangen.

Tierschützer mit großem Verantwortungsgebiet

Giesela Mayer ist mit dem Ditzinger Tierschutzverein über die Kreisgrenzen hinweg im Altkreis Leonberg tätig. Zudem steht sie mit dem Ludwigsburger Tierheim „Franz von Assisi“ in Hoheneck in engem Kontakt. Dort seien die Vermittlungszahlen bisher stabil, sagt der Vorsitzende des Tierschutzvereins Ludwigsburg, Christoph Bächtle. Der Verein betreibt das Tierheim seit den frühen 1970er-Jahren. Ob sich die Menschen in der Corona-Krise für ein Tier interessieren, um selbst weniger einsam zu sein, ist unklar. Laut Bächtle werden die Gründe nicht abgefragt. Das Tierheim selbst ist für Besucher nach wie vor geschlossen, ehrenamtliche Gassigeher dürfen aber auf das Gelände. „Sie holen oder bringen den Hund, verlassen dann zügig das Gelände, ohne lange zu quatschen. Das funktioniert im großen und ganzen ganz gut“ sagt Bächtle.

Verändert hat sich in der Krise die Tiervermittlung. Die Schritte im Vorfeld hätten zugenommen, sei es telefonisch oder schriftlich. Der Zeitaufwand für die Kommunikation sei größer geworden, aber dafür laufe „die Vermittlung schneller in die richtige Richtung“. Inwiefern dies beibehalten wird, werde sich zeigen. Nichtsdestotrotz: Der persönliche Kontakt mit einem neuen Tierhalter sei wichtig, das schriftliche Verfahren könne diesen nicht ersetzen.

Peter Hauk, der CDU-Landesminister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, hat anlässlich des Welttierschutztags am Sonntag bekräftigt, in der Corona-Krise Soforthilfen auch für Tierschutzvereine zu gewähren. Die Ludwigsburger werden sie laut Bächtle nicht in Anspruch nehmen. Vereinsfeste und Märkte fielen zwar aus, aber Spenden gingen dennoch ein. „Obwohl sie finanzielle Einbußen haben, unterstützen uns die Menschen. Das ist einfach klasse“, sagt Bächtle. „Es ist ein tolles Signal, dass wir nicht vergessen werden.“ Die Hilfen sollte in Anspruch nehmen, „wer sie wirklich braucht“.