Die Tochter von Magdalena Brzeska heißt Noemi Peschel, auch sie ist Rhythmische Sportgymnastin – und sie hat fest die Olympischen Spiele 2020 in Tokio im Blick.

Stuttgart - Wenn Noemi Peschel die Wettkampffläche betritt, dann kann Magdalena Brzeska kaum hinschauen - wenn die 38-Jährige überhaupt in der Halle ist. Meistens aber lassen das ihre Nerven nicht zu und sie bleibt lieber zu Hause, um sich dort irgendwie abzulenken, während die 15-Jährige turnt. „Sie ist viel zu aufgeregt“, sagt Noemi Peschel und kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. Wahrscheinlich aufgeregter als die Tochter selbst. Mit Sicherheit aber aufgeregter als zu ihrer aktiven Zeit.

 

Magdalena Brzeska hat ihrer Tochter jede Menge Talent vererbt. Die 26-fache deutsche Meisterin in der Rhythmischen Sportgymnastik hat riesige Fußstapfen hinterlassen. Doch Noemi Peschel ist nicht nur bereit, in diese zu treten – sie will auch ihre eigenen hinterlassen. „Ich bin extrem stolz auf das, was meine Mama erreicht hat“, sagt die Sportgymnastin, „aber ich will nicht verglichen werden. Ich mache mein eigenes Ding.“

Ein langer Weg

Dafür trainiert Noemi Peschel im Bundesstützpunkt in Fellbach-Schmiden sechs Tage pro Woche, oft zweimal täglich. Den Traum von den Olympischen Spielen 2020 in Tokio hat sie dabei immer im Blick. Doch bis dahin, das weiß die Gymnasiastin, ist es noch ein langer, arbeitsreicher Weg. In diesem Jahr ist sie von der Junioren- in die Meisterklasse gewechselt. Und plötzlich ist alles anders. „Jetzt bin ich die Jüngste bei den Ältesten, der Schwierigkeitsgrad hat sich gesteigert“, sagt sie. Doch ihre Trainerinnen Natalia und Julia Raskina sind zuversichtlich. „Es ist natürlich sehr schwer für sie. Sie hat neue Übungen, größere Wettkämpfe. Sie muss viel lernen“, sagt Natalia Raskina.

Druck, versichert die Bundesstützpunkttrainerin aber, mache man ihr keinen. Ein bis zwei Jahre gebe man den jungen Gymnastinnen, um Erfahrungen zu sammeln. Aber weil die bisherige Vorzeigeathletin Jana Berezko-Marggrander ihre Karriere nun doch beendet hat, liegt der Fokus von Anfang an auf den jungen Athletinnen. Noemi Peschel bedauert die Entscheidung der Olympia-Teilnehmerin von London 2012 und Rio de Janeiro 2016. „Sie hätte uns mit ihrer Erfahrung sicherlich geholfen, aber ich respektiere Janas Entscheidung natürlich“, sagt Noemi Peschel.

Die Mama ist immer da

Und zumindest in Punkto Erfahrung hat sie ja noch eine andere, ziemlich kompetente Ansprechpartnerin. „Meine Mama ist immer da, wenn ich sie brauche, aber sie lässt mich auch in Ruhe, wenn ich sie nicht frage“, sagt der Teenager, der immer wieder den Rat der bis heute erfolgreichsten deutschen Sportgymnastin sucht. Die beiden haben ein sehr enges Verhältnis, auch wenn sie sich nur alle paar Wochen sehen. Magdalena Brezska lebt in Ulm, Noemi besucht außerhalb der Ferien das Internat in Schmiden. „Wir sind ein absolut tolles Team“, betont die Tochter. Davon konnten sich zuletzt auch die Fernsehzuschauer der Pro-Sieben-Show „Deutschland tanzt“ überzeugen, bei der die beiden für Baden-Württemberg am Start waren und Rang sechs holten. „Das war eine tolle Zeit, wir hatten mega schöne Momente, die uns richtig zusammengeschweißt haben“, sagt Noemi. Nur als Trainerin kann sich die Tochter ihre Mutter nicht mehr vorstellen. „Das hatten wir ab und zu mal. Aber das war eine Katastrophe, das ging gar nicht“, verrät sie. Sie lächelt wieder und sieht ihrer Mutter, die von einem Poster im Besprechungsraum des Leistungszentrums strahlt, unheimlich ähnlich.

Kein Zwang für die Tochter

Dass Noemi einmal denselben Weg einschlagen würde wie Magdalena Brzeska hatte sich schon früh abgezeichnet. Gedrängt wurde sie nicht, „es hat mir einfach Spaß gemacht“, sagt sie, „und das tut es immer noch.“ Auch Noemis zwei Jahre ältere Schwester Caprice Peschel ist sportlich – sie spielt erfolgreich Tennis.

Auch der Vater trägt seinen Anteil

Die guten Gene der Töchter kommen auch vom Vater. Peter Peschel, der ehemalige Fußball-Profi (unter anderem VfL Bochum) ist sehr stolz auf den Nachwuchs. „Manchmal zeigt er mir ein paar Fußballtricks, dafür muss er das mit dem Ball machen, was wir machen“, verrät Noemi und lacht wieder. Ganz unglücklich ist sie übrigens nicht, dass sie den Namen ihres Vaters trägt. „So werde ich nicht immer sofort verglichen“, sagt sie.

Am Wochenende steht der Weltcup in Sofia an. „Den Druck mache ich mir nur selber. Ich bin schon ziemlich aufgeregt“, so Noemi . Wenn auch nicht ganz so sehr wie die Mama.