Zwei Tote binnen drei Tagen in Ausnüchterungszellen der Stuttgarter Polizei: Jetzt ist die Alkohol-Ambulanz des Polizeigewahrsams in den Blickpunkt gerückt.

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Stuttgart - Gerichtsmediziner versuchen am Dienstag die Todesursache eines 51-Jährigen zu klären, der am Wochenende in einer Ausnüchterungszelle im Gewahrsam der Stuttgarter Polizei gestorben war. Der Mann war mit mehr als zwei Promille zur Ausnüchterung eingeliefert worden und sollte dann in eine Justizvollzugsanstalt gebracht werden. Drei Tage vor dem Tod des 51-Jährigen war ein weiterer Betrunkener in einer Zelle gestorben. Als Ursache für den Tod des 48-Jährigen wird eine Gehirnblutung vermutet.

 

Die Fälle haben nun einige Fragen aufgeworfen.

Was ist die Zentrale Ausnüchterungseinheit?

Im Polizeigewahrsam des Stuttgarter Präsidiums an der Hahnemannstraße auf dem Pragsattel in Bad Cannstatt gibt es im Erdgeschoss eine sogenannte Zentrale Ausnüchterungseinheit: Dabei stehen 15 Plätze in acht Zellen zur Verfügung, videoüberwacht, ein Arzt ist im Nachtdienst anwesend. 30 Polizisten sorgen für einen Rund-um-die Uhr-Betrieb im Polizeigefängnis.

Wie viele „Besucher“ landen dort?

Jahr für Jahr landen durchschnittlich 2100 Betroffene in den Ausnüchterungszellen, 88 Prozent sind Männer. Die Polizei stellt fest, dass es bei 1500 Betroffenen, also bei über 70 Prozent, vorher eine ärztliche Haftfähigkeitsuntersuchung gibt. Beim Start der Einrichtung hatte es pro Jahr noch etwa 4000 hilflose Menschen gegeben, die untergebracht werden mussten.

Gab es schon öfter Todesfälle?

Von 1986 bis 2001 starben 19 Menschen an akuten Gesundheitsproblemen in Polizeizellen. In der zentralen Alkoholambulanz waren von 2001 bis 2019 vier Tote zu beklagen. Zwei starben in den Jahren 2003 und 2004, die anderen beiden nun am 23. und 26. Januar 2019.

Wie lange bleibt man drin?

Wer in der Zelle landet, wird im Schnitt nach neun Stunden entlassen. Theoretisch fallen inklusive Reinigung und Gefangenentransport 160 bis 180 Euro Gebühren an – die von den meisten aber nicht gezahlt werden können. Also bleiben die Kosten meist an der Staatskasse hängen.