Im kleinen Ort Ingersheim ist die Betroffenheit groß. Die tödlichen Hammerschläge fanden in einem Wohnhaus mitten im Ortskern statt. Der 52-jährige Täter war depressiv, aber nicht aggressiv.

Ingersheim - Ein Beziehungsdrama hat am Mittwoch die Region erschüttert. Ein Mann aus dem Kreis Esslingen hat seine ehemalige Lebensgefährtin bei einem Streit in Ingersheim (Kreis Ludwigsburg) mit dem Hammer getötet. Anschließend fuhr er auf der Autobahn A 8 bis zum Rasthof Gruibingen (Kreis Göppingen). Er ließ sich von seiner Schwester zum Maustobelviadukt fahren, zwang sie anzuhalten und sprang vor ihren Augen von der 50 Meter hohen Brücke in den Tod.

 

In Ingersheim ist man schockiert und fassungslos. Das Wohnhaus des 43-jährigen Opfers am Hindenburgplatz steht direkt gegenüber dem Rathaus. Die Inhaberin des benachbarten Gasthauses zur Krone ist fassungslos: „Wir wohnen doch Wand an Wand.“ Erst vor kurzem sei die Frau ins Erdgeschoss des Mehrfamilienhauses gezogen. „Ab und zu ist der 52-Jährige vorbei gekommen“, erzählt sie. Man kannte sich vom Sehen, der Ortskern im Schatten der Martinskirche ist überschaubar. „Was für ein Drama“, sagt die Gastwirtin. Von der Tat habe sie nichts mitbekommen, sie spielte sich hinter den roten, verschlossenen Holzfensterläden des Hauses ab.

Eifersucht und falsche Erwartungen

Erst seit August waren die beiden ein Paar, wie Vernehmungen der Polizei ergaben. Zwar war der 52-Jährige noch mit einer anderen Frau verheiratet, aber die Ehe sei zerrüttet gewesen, wie Polizeisprecher Peter Widenhorn bestätigt. Doch auch die neue Beziehung war fragil, es kam immer wieder zu Streit. „Wegen seiner Eifersucht und wegen unterschiedlicher Auffassungen über den Status der Beziehung“, sagt Widenhorn. Offenbar waren die Erwartungen an die Liaison nicht die gleichen, was die Intensität des Zusammenlebens angeht. Der 52-jährige Mann soll außerdem unter Depressionen gelitten haben, war aber bislang nicht als aggressiv oder gewalttätig bekannt.

Zwei Tage vor der schicksalhaften Tat ging die Beziehung im Streit auseinander. Eigentlich wollte der Mann am Mittwochnachmittag nur noch seine persönlichen Gegenstände aus der Wohnung mitnehmen, darunter auch ein Werkzeugkasten. „Dann gab es erneut eine Auseinandersetzung“, berichtet der Polizeisprecher. Diese ist so eskaliert, dass der 52-Jährige seine Ex-Freundin mehrfach mit dem Hammer auf den Kopf schlug. Die Frau ist noch in der Wohnung an den Folgen gestorben.

Was dann geschah, folgt einem häufig gekannten Muster. „Es ist nicht ungewöhnlich, dass nach einer Gewalttat in der Familie Suizidabsichten entwickelt werden“, sagt Widenhorn. Allerdings hatte der Täter offenbar noch das Bedürfnis, mit jemandem zu sprechen. So fuhr der 52-Jährige am frühen Abend mindestens eine Stunde lang rund 86 Kilometer auf der A 81 und der A 8 bis zum Albaufstieg bei Aichelberg und stellte sein Auto an der Raststätte ab – darin fand die Polizei später den Hammer.

Die Schwester des Mannes steht unter Schock

Der Mann rief seine Schwester an und bat sie, ihn abzuholen. Zunächst fuhr sie mit ihm zurück in Richtung Stuttgart. „Er überredete sie, zur Raststätte zurück zu fahren, um sein Auto zu holen“, sagt Widenhorn. Dabei gestand er die Bluttat, griff ins Lenkrad und zwang seine Schwester, das Auto anzuhalten. Dann riss der 52-Jährige die Tür auf und sprang in die Tiefe. Die Schwester wird psychologisch betreut.

Die Wohnung in Ingersheim wurde versiegelt, am Donnerstagnachmittag rückte die Spurensicherung an. „Es wird ermittelt, wie sich der Streit abgespielt hat“, erklärt der Polizeisprecher. Die Staatsanwaltschaft Heilbronn hat zudem die Obduktion des Opfers angeordnet.

In Ingersheim herrscht Betroffenheit. „So etwas haben wir hier noch nie erlebt“, sagt der Vize-Bürgermeister Karl Seitz, „das kann man kaum glauben.“