In dem Verfahren um eine erwürgte Frau hat der Ankläger erklärt, weshalb ein Mord nicht nachweisbar ist. Dazu fehlen Beweise für ein notwendiges Mordmerkmal wie etwa niedere Beweggründe.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Weinstadt - Das Schicksal einer 40-jährigen Frau, die im Juli des vergangenen Jahres an der Rems bei Weinstadt tot aufgefunden wurde, hat großes Aufsehen und Anteilnahme erregt. Allein der Umstand, dass die Frau sechs Tage lang von einem Großaufgebot der Polizei gesucht wurde, führte zu großem medialem Interesse. Der Prozess gegen einen 31-jährigen Freund der Frau, der zugegeben hat, sie am 4. Juli erwürgt zu haben, geht nun vor dem Landgericht Stuttgart dem Ende entgegen. Angehörige und Freunde der beliebten Frau verfolgten den Prozess. Am Mittwoch wurden die Plädoyers gehalten.

 

Tote an der Rems nahe der Birkelspitze gefunden

Der Staatsanwalt Matthias Schweitzer forderte, eine Strafe von zwölf Jahren Haft wegen Totschlags zu verhängen. Der Ankläger legte in seinem Vortrag dar, warum es nicht zu einer Mordanklage gekommen war, obwohl die Umstände durchaus dafür gesprochen hätten: Damit ein Tötungsdelikt nach dem deutschen Strafrecht als Mord gilt, muss zumindest eines der Mordmerkmale nachgewiesen werden, die der Paragraf 211 vorsieht. Von diesen sei jedoch keines dem Angeklagten nachweisbar, so der Staatsanwalt. Deshalb blieb es wie in der Anklage bei Totschlag.

Im Verlauf des Prozesses hatte die 9. Strafkammer eine Reihe von Zeugen gehört, die ein umfassendes Bild von dem Paar vermitteln sollten. Dieses ist zwar zum großen Teil gelungen, dennoch bleiben bis zum Schluss Fragen offen. Unter anderem jene, warum der Angeklagte sich mit der Frau frühmorgens am 4. Juli um 4 Uhr auf einem Parkplatz nahe der Birkelspitze an der Rems unter dem Vorwand verabredete, mit ihr zur Beerdigung seiner Mutter nach Schwäbisch Hall fahren zu wollen. Das war eine Lüge, denn seine Mutter war nicht gestorben.

Angehörige der Frau treten als Nebenkläger auf

Die 40-Jährige hingegen hatte sich den Tag extra freigenommen und sich auf die gemeinsame Fahrt gefreut, wie Kolleginnen und Freundinnen der Frau sagten. Sie sei in den Angeklagten verliebt und tief getroffen gewesen, als dieser ihr sagte, er erwarte zusammen mit seiner Lebensgefährtin ein Kind und wolle diese auf keinen Fall verlassen.

Nachdem er an dem Morgen seine Lüge eingestanden hatte, sei es zum Streit zwischen ihm und der temperamentvollen Frau gekommen, räumte der Angeklagte am ersten Prozesstag ein. Sie sei auf ihn losgegangen, er habe sich gewehrt, worauf beide zu Boden gegangen seien. Er habe die Frau dann so lange gewürgt, bis sie sich nicht mehr regte, und sie in einem Gebüsch an der Rems zurückgelassen. Als er ging, habe sie aber noch Lebenszeichen von sich gegeben.

„Warum hat er sie dann hilflos zurückgelassen, ihren Autoschlüssel und ihr Handy mitgenommen?“, fragte die Anwältin der Familie in ihrem Plädoyer. Sie vertritt zusammen mit einer Kollegin die Angehörigen der Getöteten als Nebenkläger. Auch die Anwältin stellte nochmals die Frage nach möglichen Mordmerkmalen wie niederen Beweggründen. Unter anderem habe die Drohung der Frau im Raum gestanden, ihr Verhältnis der Lebensgefährtin des Angeklagten zu verraten. Doch auch die Anwältin kam zu dem Schluss, dass keines der Merkmale nachweisbar sei. „So ein Gefühl bleibt allerdings“, sagte sie.

Urteil wird am nächsten Prozesstag verkündet

„Es handelt sich glasklar um einen Totschlag, und es ist glasklar kein Mord“, sagte der Verteidiger des Angeklagten, Jens Rabe. Daran gebe es nichts zu rütteln, sein Mandant sei zudem voll schuldfähig. „Es ist kein minder schwerer Fall und liegt also im normalen Strafrahmen“, so der Rechtsanwalt, der eine Strafe von achteinhalb Jahren für angemessen hält. Dieser bat in seinem letzten Wort die Familie der Frau um Verzeihung. Der Prozess wird am Montag um 14 Uhr mit dem Urteil fortgesetzt.