Superagenten wie Ethan Hunt legen da erst los, wo andere ausgepowert zusammenklappen. Auch im fünften Teil der „Mission: Impossible“-Reihe darf Tom Cruise irre Sachen anstellen. Aber nun wird auch davon erzählt, dass Hunt an seine Grenzen stößt. Und sich von jüngeren Frauen etwas vormachen lassen muss.

Stuttgart - Erst fege er die eine Hälfte einer Bodenplatte, erklärt ein zum Kehrdienst eingeteilter römischer Soldat in einem Bild des Comic-Klassikers „Asterix als Legionär“, dann mache er eine kleine Pause, danach fege er die andere Hälfte. Das bleibt jedem Leser ewig als Darstellung der Arbeitsmoral in den gemütlicheren Ecken der Ökonomie im Gedächtnis. Man fürchtet diese Haltung überall da anzutreffen, wo man selbst etwas braucht.

 

Nun erzählt das große Kino aus einer ganz anderen Welt der dynamischen Prozesse, es will uns immer entführen in Kämpfe auf Leben und Tod, zu Menschen, die ständig über sich hinauswachsen. Aber wenn dauernd der Ausnahmezustand herrscht, wird er zur Routine. Wir trauen bekannten Leinwandhelden zum Schaden der Spannung zu, dass sie Plattenhälfte um Plattenhälfte mit allem fertig werden.

Ist es nicht langsam mal gut?

Christopher McQuarries „Mission: Impossible – Rogue Nation“ kämpft ab der ersten Sekunde gegen das Aufkommen von Routine. Dies ist der fünfte Kinofilm mit dem mittlerweile 53-jährigen Tom Cruise in der Rolle des Spezialagenten Ethan Hunt, zuständig für eigentlich menschenunmögliche Operationen. Und McQuarrie, der mit Cruise schon bei „Jack Reacher“ als Regisseur und Autor zusammengearbeitet und für die Cruise-Filme „Operation Walküre“ und „Edge of Tomorrow“ die Drehbücher geliefert hat, greift die Skepsis, ob es nicht langsam mal gut sein könnte, auf.

Im Lauf des Films wird auf Drängen des ellbogenstarken CIA-Chefs (Alec Baldwin) dessen ungeliebter Konkurrenzdienst fürs Unmögliche aufgelöst. Hunt findet sich draußen in freier Wildbahn als Mann ohne Kompetenzen und Deckung wieder, sein Team (Jeremy Renner, Simon Pegg, Ving Rhames) wird in die Bürohierarchie der CIA eingebunden. Schon vorher aber kommt die Frage auf, ob Hunt noch fit genug ist fürs dauernde Vollbringen des Unmöglichen. Bei einer ganz heiklen Mission versagt er tatsächlich in eben jenem Moment, in dem ein schlichterer Film dem Helden den dritten Atem geschenkt hätte.

Eher Musical als Destruktionsorgie

Nein, es geht nicht irgendwie ernstlich ums Versagen, ums Altern, ums Neudefinieren der eigenen Grenzen. Das ist alles nur Spielmaterial für ein Kino der Bewegung und des Staunens, aber anders als viele budgetblöden Blockbusteranwärter bringt „Mission: Impossible – Rogue Nation“ die Kategorien des mitreißenden Spektakels und der bloßen Destruktionsorgie keinen Moment lang durcheinander.

Man kann McQuarries Film fast als Musical bezeichnen. Als Brian De Palma 1996 dieses Kinofranchise anstieß, das auf einer TV-Serie der sechziger Jahre basiert, übernahm er – gab’s je eine Alternative? – deren von Lalo Schifrin komponierte Titelmelodie. Dieses ans Abbrennen einer Zündschnur gemahnende, treibende Thema setzt auch „Rogue Nation“ ein. In einer furiosen Motorradjagd vermischt es sich mit dem Dröhnen der Motoren, eine häufig und wirkungsvoll genutzte Verflechtung mit Geräuschen aus der Szene selbst. Auf vergnügliche Weise springt einem der Soundtrack auf die Brust, packt einen am Kragen und singt einem lauthals ins Gesicht: „Du dachtest, es ginge hier gemütlich zu?“

Handgemachtes wie beim frühen James Bond

Dass viele Stunts handgemacht sind und oft kein Stuntman, sondern Cruise selbst vor der Kamera agiert, daraus hat die Werbekampagne zum Film viel Aufhebens gemacht. Dass da wirklich Tom Cruise an einem Transportflugzeug hängt, wenn auch von einem unsichtbaren Geschirr und nicht nur von eigenen Fingern gesichert, wissen wir nun alle. Es beeinflusst gewiss unser Erleben.

Aber entscheidender als dieser erhöhte Akrobatik- und Risikofaktor ist doch die pure Lust am Agentenschabernack, ein Sicheinlassen auf den eigenen Eskapismus, als wisse der Regisseur sehr wohl, dass es hier nicht ums Zeitvertrödeln, sondern ums Krafttanken für eine andere Realität jenseits der Kinotür geht.

Das muss noch weitergehen

Dass Hunt mit der von Rebecca Ferguson kopfverdrehend gespielten Ilsa Faust eine ebenbürtige Widersacherin und mögliche Geliebte bekommt, ist die schönste ironische Volte des Films. Einerseits zeigt er das Altern von Cruise und blinzelt uns zu: Schau, eigentlich geht es nicht mehr, aber dieses Mal kommen wir noch durch mit der Superkerl-Nummer. Andererseits aber wollen wir jetzt unbedingt, dass es mit dem schönen Abenteuerpaar Tom Cruise und Ilsa Ferguson weitergeht.

Mission: Impossible – Rogue Nation. USA 2015. Regie: Christopher McQuarrie. Mit Tom Cruise, Rebecca Ferguson, Simon Pegg, Ving Rhames. 132 Minuten. Ab 12 Jahren.