David Alaba krönt seine überragende Saison als Abwehrchef des FC Bayern mit einem Tor im DFB-Pokalfinale gegen Bayer Leverkusen, seine Zukunft aber ist offen. Trainer Hansi Flick kämpft mit aller Macht um den Österreicher.

Sport: Marco Seliger (sem)

Berlin - Hansi Flick herzte jeden, der ihm in die Quere kam. Der Trainer des FC Bayern München war nach dem Schlusspfiff am Samstagabend im Berliner Olympiastadion im Umarmungsmodus – und nach dem DFB-Pokalsieg gegen Leverkusen (4:2) mussten irgendwann auch die Verlierer von Bayer 04 dran glauben, als Flick auf dem Rasen seine Runde drehte.

 

Irgendwann dann kam der Coach bei David Alaba an.

Flick plant mit Alaba

Wenn man es nicht besser wüsste, man hätte die beiden glatt für ein Liebespaar halten können, das sich allerlei schöne Versprechen für die Zukunft gibt und dem jeweils anderen sagt, wie toll er ist. Und, nun ja, zumindest bei Hansi Flick haben sich die Dinge während der Umarmung und dem Wangentätscheln mit seinem Abwehrchef zumindest in diese Richtung dargestellt. Denn Flick sagte Alaba, wie toll er ist. Und dass er in München die Zukunft mit ihm plant.

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Das Problem: Diese Zukunft ist aus Alabas Sicht offen – und nach dem Pokalsieg könnte man sagen: Sie ist offener denn je. Der Vertragspoker mit dem FC Bayern zieht sich schon seit Monaten in die Länge, das Arbeitspapier des 28-jährigen Alaba gilt noch bis 2021, angeblich fordert die Alaba-Seite aktuell noch immer eine Gehaltsaufstockung. Ob er in München bleibt, das ist also unklar. Wie zu hören ist, prüft Alaba seine Optionen genau. Aus Flicks Sicht allerdings gibt es da nur die eine.

Herzstück des Teams

„Ich hoffe, dass wir ihn überzeugen können, bei Bayern München zu unterschreiben“, sagte der Trainer in Berlin: „Letztendlich ist er ein sehr wichtiger Spieler für uns, das Herzstück. Er ist nicht nur ein absoluter Weltklassespieler, sondern auch neben dem Platz wichtig.“ Man könne schließlich, so Flick weiter, „in einem Verein, in dem man ausgebildet wurde, auch seine Karriere beenden. Das kommt heute nicht allzu oft vor. Da könnte David vorangehen.“

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Der gebürtige Wiener Alaba war im Sommer 2008 in die Nachwuchsabteilung der Münchner gewechselt. Mit Ausnahme einer kurzen Leihe zur TSG Hoffenheim spielte er als Profi nur für den FC Bayern. Eine mögliche Vertragsverlängerung hätte nun also auch eine romantische Note – nach den vergangenen Monaten aber ist es sportlicher Sicht klar, dass Alaba bei einem Abgang kaum zu ersetzen wäre. Denn nachdem er in dieser Saison von der Linksverteidigerposition in die Abwehrzentrale rückte, ist er ohne jede Übertreibung der Chef im Ring des FC Bayern.

Überragendes Aufbauspiel

Klar, Manuel Neuer steht im Tor, Joshua Kimmich und Leon Goretzka bildeten zuletzt das neue Herzstück im Mittelfeld, und vorne ist der Müller und bleibt der Müller – David Alaba aber ist es, der den Takt vorgibt. Mit überragendem Aufbauspiel von hinten heraus, mit scheinbar perfekten Stellungsspiel – und mit bei seinen bei den Geisterspielen bis unters Tribünendach deutlich hörbaren Kommandos.

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Alabas Lieblingswort auf dem Platz war auch in Berlin wieder zu vernehmen. Es heißt: „Druck!“ Mit seinem bei günstigem Wind auch hörbaren rollenden wienerischen „r“ wiederholt Alaba bei gegnerischem Ballbesitz sein Mantra und fordert die Kollegen zur Attacke auf: „Drrruck, Drrruck, „Drrruck“ – so klingt das dann im Staccato-Talkt. Weiter vorne wird es daraufhin manchmal kurios: Dann, wenn Thomas Müller flugs übersetzt und seinen Offensivkollegen das Alaba-Wort auf Englisch zuruft: „Pressure, pressure, pressure!“

Schweinsteiger und Löw schwärmen

Alaba jedenfalls hat den Laden im Griff – verbal und fußballerisch. Er ist Hansi Flicks Anführer, und das ist auch einem ehemaligen Teamkollegen nicht entgangen. Weltmeister Bastian Schweinsteiger war beim Pokalfinale als TV-Experte im Stadion – und sagte dies über Alaba, der in der österreichischen Nationalelf in der Regel im zentralen Mittelfeld spielt: „Er gehört zu den Top-drei-Innenverteidigern Europas.“ Bundestrainer Joachim Löw stand neben Schweinsteiger und wollte ihm nicht widersprechen: „David Alabas vertikale Pässe, seine Spieleröffnung, seine Zweikampfstärke – das ist allerhöchstes Niveau.“

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Und dass der Österreicher mit seinem starken linken Fuß obendrein ein formidabler Freistoßschütze ist, zeigte er gegen Leverkusen bei seinem herrlichen Tor zum 1:0. Kein Wunder also ist es die Sicht von Hansi Flick, dass er seinen Abwehrchef unbedingt halten will – ebenso wie einen weiteren Hochbegabten.

Thiagos Flirt mit Liverpool

Es war nicht nur Alaba, den Flick in der Nacht von Berlin, als das Lametta für den frischgebackenen Pokalsieger kaum versprüht war, lange umarmte. Auch der spanische Mittelfeldmann Thiago bekam die innige Zuneigung des Trainers, und das aus ähnlichen Gründen wie bei Alaba. Thiago flirtet offenbar heftig mit Jürgen Klopps FC Liverpool, die Zeichen scheinen auf Abschied zu stehen. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge sagte, dass man mit Thiago „seriös verhandelt und (...) ihm alle seine Wünsche erfüllt hat. Doch es sieht so aus, dass er zum Ende seiner Karriere noch einmal etwas Neues machen möchte.“

Flick kämpft um die Spieler

Ans Aufgeben denkt Hansi Flick aber noch lange nicht. „Ich werde mich auf jeden Fall mit allem, was ich habe, dafür einsetzen“, sagte Flick mit Blick auf Alaba und Thiago, „dass wir zwei solche Qualitätsspieler in den Reihen halten können.“