Der VfB-Torwart Przemysław Tyton hat beim 2:2 in Hoffenheim ein Tor mitverschuldet und wurde danach von den Fans ausgepfiffen. Die Rückendeckung fällt spärlich aus.

Hoffenheim - Przemyslaw Tyton ist ein intelligenter Bursche, er spricht hervorragend Englisch, nur mit dem Deutschen hapert es nach drei Monaten verständlicherweise noch. Zum Glück, möchte man ihm zurufen, denn so bekommt der polnische Torhüter des VfB zumindest nicht alles mit, was die Leute in den Fanforen und an den Stammtischen über ihn schreiben und sagen. „Fliegenfänger“ oder „Bahnschranke“ sind dort noch die gemäßigteren Bezeichnungen für den 28-Jährigen, der im Sommer vom spanischen Erstligisten FC Elche nach Stuttgart gekommen ist.

 

Das Beispiel Tyton zeigt: der Profifußball kann gnadenlos sein. Denn wenn es nicht läuft, wird nach einem Schuldigen gesucht, auf dem die Leute ihren geballten Frust abladen können. Beim VfB waren das in den vergangenen Jahren Spieler wie Mauro Camoranesi, Yildiray Bastürk, Vedad Ibisevic oder Martin Harnik. Nun hat der bedauernswerte Tyton diese Rolle übernommen. Er ist der Sündenbock, obwohl niemand ernsthaft bestreiten wird, dass der dauerkriselnde VfB ungleich größere Probleme hat als einen Torhüter, der nicht jeden Schuss pariert.

Tyton rutscht aus und wird von einem Heber überwunden

In Hoffenheim hat Tyton lange Zeit ein ordentliches Spiel gemacht. In der ersten Spielhälfte verhinderte er sogar einen höheren Rückstand. In der 77. Minute jedoch unterlief ihm beim Hoffenheimer Führungstreffer zum 2:1 ein folgenschwerer Fehler: Er kam ein paar Schritte aus seinem Tor heraus, überlegte es sich auf halber Strecke anders und machte wieder halt, weil er sich wahrscheinlich an die beiden Elfmeter erinnerte, die er gegen Köln und Frankfurt verursacht hatte, als er zu spät dran gewesen war. Diesmal rutschte der 1,94-Meter-Hüne zu allem Überfluss auch noch aus – und wurde von Kevin Volland mit einem geschickten Heber überwunden.

VfB-Torwart – der undankbarster Job in der Bundesliga

Das sah sehr unglücklich aus, noch unglücklicher als andere Gegentore, die Tyton in dieser Saison schon mitverschuldet hat. Doch war der Torhüter wieder einmal nur das letzte Glied in einer langen Fehlerkette. Denn mindestens genauso tölpelhaft hatten sich seine Vorderleute angestellt, als sie sich im Anschluss an einen eigenen Eckball auskontern ließen. Es war ein weiterer Beweis dafür, dass es in der Bundesliga derzeit wohl keinen undankbareren Job gibt, als Torhüter des VfB zu sein und hinter einer Abwehr zu stehen, von der man regelmäßig im Stich gelassen wird. Das änderte aber nichts daran, dass es Tyton war, über dem sich die Wut der Fans entlud. Teile des VfB-Anhangs pfiffen den eigenen Spieler anschließend bei jedem Ballkontakt aus – Höchststrafe für einen Fußballprofi.

Der VfB-Sportchef Robin Dutt bleibt vorsichtshalber an der Oberfläche, als er nach dem Spiel die Personalie Tyton kommentieren soll. Den zweiten Gegentreffer habe er „gar nicht richtig gesehen“, weil er noch damit beschäftigt gewesen sei, sich über „die Monstergrätsche“ von Serey Dié zu freuen, die Vollands Tor vorangegangen war. Und auch die Pfiffe gegen den eigenen Spieler will Dutt lieber nicht bewerten und verzichtet darauf, sich schützend vor den Torwart zu stellen, den er selbst verpflichtet hat. „Ich lasse das jetzt einfach mal so stehen und gieße kein Öl ins Feuer“, sagt der Manager, weil er weiß, dass er nicht in der Position ist, dem frustrierten Anhang Vorwürfe zu machen. Sollen die Leute lieber über den Torhüter schimpfen als über ihn selbst und seine Personalpolitik, die nicht verhindern konnte, dass der VfB auch dieses Jahr Tabellenletzter ist. Klar sei nur, sagt Dutt, dass es für Tyton „keine schöne Situation“ sei.

Wer steht im nächsten Spiel im VfB-Tor?

Dem Trainer Alexander Zorniger überlässt es der Manager, vor dem nächsten Spiel gegen die Überraschungsmannschaft aus Ingolstadt die Frage zu klären, wer künftig das VfB-Tor bewachen soll. Weiter der bei den Fans in Ungnade gefallene Przemyslaw Tyton? Oder aber das Eigengewächs Odisseas Vlachodimos, von dem die sportliche Leitung nicht überzeugt ist? Als Tyton rotgesperrt war, durfte notgedrungen der 21-Jährige spielen und ließ sich bei der 1:2-Niederlage in Berlin nichts zuschulden kommen. Anschließend aber musste Vlachodimos wieder weichen.

Sicher ist vorerst nur eines: der verletzte Mitch Langerak, als neue Nummer eins verpflichtet, wird so bald nicht helfen können. Mit dem Australier ist wohl erst in der Rückrunde zu rechnen.