Den Mercedes-Maybach sieht Torsten Müller-Ötvös, Chef von Rolls-Royce, nicht als Konkurrenz. Die Stuttgarter Karosse sei für ihn „nichts anderes als eine luxuriösere S-Klasse“, sagt der Manager im Interview mit der StZ.

Stuttgart – Rolls-Royce fährt von Rekord zu Rekord. Seit 2009 hat sich der Absatz der Luxuslimousinen vervierfacht – und 2015 steuert Unternehmenschef Torsten Müller-Ötvös auf das sechsten Absatzrekord hintereinander zu.

 
Herr Müller-Ötvös, Rolls-Royce hat 2014 das fünfte Rekordjahr hintereinander geschafft und beim Absatz deutlich stärker zugelegt als der weltweite Automarkt. Wie haben Sie dieses Kunststück geschafft?
Das hat mehrere Gründe: Dazu gehören exzellente Produkte. Der Wraith, den wir 2013 als zusätzliches Modell vorgestellt haben, lief 2014 auf vollen Touren. Im vergangenen Herbst haben wir zudem den neuen Ghost Series II vorgestellt, der auch seinen Teil zum Erfolg beigetragen hat. Zudem haben wir in wichtigen Märkten wie Nordamerika und dem Nahen Osten, wo die Konjunktur gut lief, fantastische zweistellige Zuwachsraten verbucht.
Mit dem Wraith wollten Sie auch jüngere Kunden gewinnen und auch Anbietern wie Ferrari Konkurrenz machen. Ist dieses Experiment gelungen?
Der Erfolg ist größer als wir erwartet hatten. Der Wraith hat einen Schub zur Verjüngung der Marke geleistet und uns 80 Prozent neue Kunden gebracht. Interessanterweise sind darunter viele Kunden, die vorher einen Luxussportwagen gekauft hatten und sich zusätzlich einen Wraith in die Garage gestellt haben. Das Experiment, ein Fastback-Coupe zu machen, das viel Power hat und auf den Selbstfahrer zugeschnitten ist, ist absolut aufgegangen.
Profitieren Sie auch davon, dass die Geldanlage bei der Bank kaum Zinsen bringt und deshalb eine Flucht in die Sachwerte stattfindet? Wird ein Rolls-Royce zunehmend auch zum Anlageobjekt?
Das kann ich rundherum mit ja beantworten. Dies gilt beispielsweise für Deutschland, wo wir ein sehr gutes Jahr hinter uns haben. Wir haben hier mehr als 100 Autos verkauft, ein Plus von 30 Prozent. Das gleiche haben wir in den letzten Wochen auch in Russland erlebt. Ich will das nicht eine Flucht in Sachwerte nennen, sondern ein Investment in Assets, die ihren Wert behalten und das ist ein Rolls-Royce definitiv.
Seit 2009 hat sich der Absatz vervierfacht. Geht es in diesem Tempo weiter?
Wir wollen gar nicht weiter so massiv wachsen, weil wir exklusiv bleiben wollen. Wir haben uns bewusst dafür entschieden, nicht in Preissegmente unterhalb von 200 000 Euro zu gehen. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Natürlich sehe ich weiteres Wachstumspotenzial für die Marke Rolls-Royce. Aber wir werden nicht innerhalb der nächsten Jahre eine weitere Verdoppelung sehen und so fort.
Wird 2015 zum sechsten Rekordjahr hintereinander?
(Lacht) Das fragen Sie mich in den frühen Tagen des Januar? Ich bin „quietly confident“ wie die Engländer so schön sagen, dass es erneut ein gutes Jahr für Rolls-Royce wird. Ich bin unverändert optimistisch für den US-Markt und für den Nahen Osten. Wenn jetzt keine größeren Einbrüche und Zusammenbrüche in der Welt passieren, sollten wir 2015 zumindest ein Automobil mehr verkaufen als im letzten Jahr.
Die Vereinigten Staaten sind bisher der größte Markt. Wird dies so bleiben oder wird über kurz oder lang China, die bisherige Nummer zwei, an die Spitze kommen?
Das ist schwer zu sagen. Im vergangenen Jahr haben wir in China sogar einige Fahrzeuge weniger verkauft als im Jahr zuvor. Das ist nicht überraschend, wenn man sich vergegenwärtigt, was die Regierung alles unternommen hat, um den Luxus einzudämmen. Das hat sich auch ein bisschen auf die Stimmung im Markt niedergeschlagen. Wir sind ja nicht im klassischen Automobilgeschäft. Niemand kauft einen Rolls-Royce um von A nach B zu kommen oder eine Transportaufgabe zu lösen. Wir sind im Luxusgütergeschäft, das sehr stark von Stimmungsschwankungen abhängt.