Das Landgericht Stuttgart verhandelt gegen eine 67-Jährige. Sie soll ihre Nachbarin in einer Sindelfinger Hochhaussiedlung erstochen haben – womöglich weil sie der Lärm erboste.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

Stuttgart - An der Brutalität der Tat bestehen keine Zweifel. Der Staatsanwalt Matthias Schweitzer verliest die Details der Obduktion. Das Messer hatte das Gesicht des Opfers an mehreren Stellen durchtrennt. Es durchstieß auch die Zunge. Abwehrversuche scheiterten schon am Alter der Frau, die hilflos am Boden lag. Sie starb mit 81 Jahren. Die tödlichen Stiche trafen Hals und Brust, zusammengerechnet elf Mal. Die Frau verblutete an ihrer Haustür.

 

Die Täterin war nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft ihre Nachbarin. Beide lebten nebeneinander in einer Sindelfinger Hochhaussiedlung. Die 67-Jährige soll sich über Lärm in der Wohnung des Opfers erbost haben. An der Haustür begann der Streit. In der Anklageschrift ist vermerkt, dass die 67-Jährige ihre Nachbarin mit einem Laptop zu Boden schlug, bevor sie zum Messer griff.

Befangenheitsantrag gegen psychiatrischen Gutachter

Am Dienstag hat vor dem Landgericht Stuttgart der Prozess gegen sie begonnen. Der Verhandlungsbeginn erhellte die Tat aber nicht. Das Gericht befasste sich bisher ausschließlich mit einem Befangenheitsantrag gegen den psychiatrischen Gutachter Peter Winckler. Die beiden Pflichtverteidiger der Angeklagten werfen ihm vor, ein persönliches Interesse am Fall zu haben. Winckler soll die 67-Jährige ohne Anmeldung in der Untersuchungshaft besucht und gegen ihren Willen befragt haben. Dies, ohne die Verteidiger zu informieren.

Winckler befasst sich nahezu ausschließlich mit schwersten Straftaten: Mord, Totschlag, Kindesvergewaltigung. Dies seit Jahrzehnten. Er gilt deutschlandweit als renommierter Experte. Von der Entscheidung des Gerichts unter dem Vorsitz von Norbert Winkelmann über den Befangenheitsantrag wird der weitere Prozessverlauf wesentlich abhängen. Bisher sind 14 Verhandlungstage angesetzt, der letzte am 30. April.