Für das Reisen geben die Deutschen weiter viel Geld aus. Unter den touristischen Anbietern herrscht gute Laune, denn es winkt ein weiteres Rekordjahr. Viele Deutsche sind bereits in bester Urlaubsstimmung, und der Geldbeutel sitzt locker.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Zum Start der Internationalen Tourismusbörse (ITB) in Berlin herrscht unter den mehr als 10 000 Ausstellern gute Laune, denn es winkt ein weiteres Rekordjahr, viele Deutsche sind bereits in bester Urlaubsstimmung, und der Geldbeutel sitzt locker. Das bestätigt die neue Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR), die am Mittwoch auf der ITB vorgestellt wurde. Immerhin 55 Prozent der Bundesbürger haben demnach schon feste Reisepläne, nur 11 Prozent wollen dieses Jahr nicht wegfahren.

 

Damit ist die Reiselust noch etwas größer als vor einem Jahr. 2013 unternahmen die Deutschen 70,7 Millionen Urlaubsreisen. Rund 78 Prozent der Bevölkerung waren mindestens einmal für fünf Tage oder länger unterwegs. Sowohl die Zahl der Reisen als auch der Anteil der Reisenden seien damit so hoch wie noch nie gewesen, stellen die FUR-Experten fest. Und auch für das Jahr 2014 werden die Aussichten als glänzend bewertet.

Die wenigsten wollen das Reisebudget verringern

Die wichtigste unabhängige Studie zum deutschen Reisemarkt wird seit 1970 durchgeführt und beruht auf der repräsentativen Befragung von 7500 Personen. Die Analyse zeigt, dass die meisten deutschen Urlauber ihr Reisebudget nicht verringern wollen. Nicht einmal jeder Zwölfte möchte den Gürtel enger schnallen, jeder Neunte sogar noch mehr ausgeben. Voriges Jahr war den Deutschen ihr Urlaub in aller Welt die Rekordsumme von 64,1 Milliarden Euro wert, das ist ein Plus von 800 Millionen Euro. Im Schnitt kostete eine Reise etwas mehr als 900 Euro.

Weitere 19,2 Milliarden Euro machten Bundesbürger für knapp 76 Millionen Kurzreisen bis zu vier Tagen locker. Rund 33 Millionen Deutsche leisteten sich erneut einen Zweit- oder Dritturlaub für im Schnitt gut 250 Euro. Die Zahl der Kurzreisen sank aber um 4 Millionen und die Ausgaben hierfür gingen um 900 Millionen Euro zurück. Das ist ein deutlicher Einbruch, der zeigt, dass lieber eine Kurzreise ganz eingespart wird, bevor man anderswo finanzielle Abstriche macht. Ein weiterer Spartrend ist allerdings unverkennbar: die langen Urlaubsreisen werden immer kürzer, ihre Dauer erreichte voriges Jahr mit nur noch 12,4 Tagen einen neuen Tiefstand. Im Jahr 2000 dauerte die Ferienreise noch fast zwei Wochen.

Ein Drittel der Deutschen bevorzugt die eigene Heimat

Bei den Reisezielen steht weiterhin mit einem Marktanteil von 30 Prozent die eigene Heimat ganz oben (siehe Grafik und „Berlin gehört zu den Top 3“). Unter den Urlaubsdestinationen jenseits deutscher Grenzen bleibt die Mittelmeerregion mit Abstand am beliebtesten. Spanien, Italien und die Türkei liegen hier vorn, danach folgt das Nachbarland Österreich.

Wie die Befragung zeigt, wechseln viele Urlauber auch gerne die Zielgebiete und sind hier nicht festgelegt. Der Durchschnittsbürger interessiert sich demnach für sieben Regionen, in denen er künftig mal Urlaub machen will. Wenn wie in Griechenland, Ägypten oder Thailand politische oder ökonomische Krisen die Stimmung im gewählten Urlaubsland trüben, bleibt deshalb kaum jemand daheim. Dann fahren die meisten Reiselustigen woandershin und geben dafür ihr Budget aus. Sind die Negativschlagzeilen vorüber, kehre schnell wieder die normale Nachfrage zurück, so die Forscher.

Nur noch 32 Prozent buchen im Reisebüro

Bei der Organisation und Buchung lassen die Urlauber das Reisebüro immer öfter links liegen. Der Studie zufolge buchen nur noch 32 Prozent bei einer Agentur, 2005 waren es noch 44 Prozent. Immer mehr Bundesbürger kaufen ihre Reise lieber direkt beim Hotel (30 Prozent), beim Verkehrsträger (16 Prozent), über Internetportale (14 Prozent) oder beim Veranstalter (7 Prozent). Oft reichen dafür ein paar Mausklicks. Voriges Jahr wurden bereits 31 Prozent der Reisen online gekauft, 2005 waren es nur 11 Prozent.

Das mobile Internet ist in kurzer Zeit zum wichtigen Informationskanal für Reisende geworden. Voriges Jahr nutzten bereits 27 Prozent das Smartphone oder Tablet für Informationen zum Urlaub, laut FUR fast eine Verdoppelung. 36 Prozent der Onliner teilten zudem bereits Urlaubserlebnisse über soziale Netzwerke und Blogs, nutzten Foto- und Videoplattformen für ihre Beiträge oder Bewertungs- und Kommentarfunktionen. In der Altersgruppe bis 29 Jahren waren sogar mehr als die Hälfte der Reisenden entsprechend aktiv.

Jeder siebte Deutsche reserviert per Smartphone oder Tablet

Der Verband Internet Reisevertrieb (VIR) erwartet, dass auch die Reisebuchungen über mobile Endgeräte stark zunehmen werden. Bereits jeder siebte deutsche Tourist reserviert bereits zumindest ein Hotelzimmer oder einen anderen Teil der Reiseleistung per Smartphone oder Tablet. „In diesem Bereich gibt es für Online-Anbieter viel Potenzial“, betont der VIR-Vorstand Michael Buller.

Je mehr Reisende ihren Urlaub selbst organisieren, desto mehr verlieren die Pauschal- und Bausteinreisen an Boden, bei denen Veranstalter die Organisation, Abwicklung und Haftung übernehmen und sich das vom Kunden entsprechend bezahlen lassen. Zwischen 2005 und 2013 sank der Anteil von 48 auf 42 Prozent.

Standardangebote ist immer weniger zu verdienen

Auch die großen Reiseveranstalter Tui, Thomas Cook und Rewe Touristik haben dadurch Marktanteile verloren. Mit klassischen Standardangeboten wie der zweiwöchigen Pauschalreise ins Strandhotel am Mittelmeer ist wegen Überkapazitäten und heftiger Konkurrenz durch Billig- und Direktanbieter im Internet immer weniger zu verdienen. Für die anspruchsvolleren Kunden bieten Veranstalter zunehmend Exklusiv- und Spezialangebote unter eigenen Marken. Meist gehören dazu Konzepthotels, die nur beim jeweiligen Anbieter buchbar sind und maßgeschneidert für Erholungssuchende, Naturliebhaber, Paare oder Erlebnishungrige sein sollen. Solche Angebote haben natürlich ihren Preis – und sollen den Reiseriesen das Überleben sichern.