Chinesen spielen eine immer wichtigere Rolle für den Tourismus in Stuttgart. Stuttgart Marketing sieht den Beginn eines Booms. Auch Wasserkocher tragen ihren Teil dazu bei.

Stuttgart-Mitte - Chinesen kochen gerne Suppe auf ihrem Hotelzimmer. Selbst wenn wenn sie hochpreisig übernachten wie etwa am Hotel Steigenberger Graf Zeppelin am Arnulf-Klett-Platz, wollen sie auf eine heiße Brühe nicht verzichten.

 

Das Hotel stellt sich auf die wachsende Zahl an Besuchern aus China ein. Sie finden einen Wasserkocher auf ihrem Zimmer vor, wie es in chinesischen Hotels üblich ist. „Ein Paar Slipper stellen wir den Gästen auch zur Verfügung“ sagt die Sprecherin des Hotels, Melanie Domin. Ist eine ganze Reisegruppe aus China angemeldet, werde zum Frühstück auch eine Suppe am Buffet angeboten.

Der Aufwand scheint sich aus Sicht des Hotels zu lohnen. Hotelsprecherin Domin berichtet, dass das Graf Zeppelin inzwischen viele Reisegruppen aus China bewirtet. Auch der Stuttgarter TourismuschefArmin Dellnitz wittert in Bezug auf Gäste aus China das große Geschäft. Er legt Zahlen vor. Allein im Zeitraum von Januar 2017 bis Januar 2018 stieg die Anzahl der Übernachtungen chinesischer Gäste um mehr als fünf Prozent. Im Vergleich zum Jahr 2000 zeigt sich, wie stark die Übernachtungen von Chinesen in Stuttgart zugenommen haben. Lag die Zahl der Übernachtungen vor 19 Jahren noch bei 14 340, betrug sie im vergangenen Jahr 68 664.

Immer mehr Chinesen reisen

Dellnitz glaubt, dass diese Entwicklung erst der Anfang ist. In der Vergangenheit sei es die obere Mittelschicht gewesen, die sich Reisen nach Europa leisten konnte oder geschäftlich dort unterwegs war. „Noch haben relativ wenig Chinesen einen Reisepass“, meint Dellnitz. Für Stuttgart und Baden-Württemberg gelte es, möglichst früh Pflöcke einzuschlagen und sich in China bekannt zu machen, rät er. „Die Bayern haben es so gemacht, als die Amerikaner anfingen, nach Europa zu reisen. Hamburg etwa hat das versäumt“, sagt er. Dellnitz erklärt es sich so, dass für Generationen von US-Amerikanern das Oktoberfest und Neuschwanstein das Bild von Deutschland bestimmten, nicht etwa der Hamburger Hafen oder Sankt Pauli.

Stuttgart und Baden-Württemberg haben aus Sicht des Tourismuschefs das Potenzial, mit den Bayern nun um die Beliebtheit bei zahlungskräftigen Chinesen zu konkurrieren. „München ist natürlich auch in Sachen China wieder ganz vorne mit dabei“, meint Dellnitz.

Stadt berät Geschäfte

Stuttgart hat deshalb im vergangenen Jahr das Projekt „China Pay City“ initiiert. Es ermöglicht Gästen aus China, mit in China üblichen digitalen Zahlungssystemen einzukaufen oder Hotel- und Restaurantrechnungen zu begleichen. Laut Informationen der Stuttgart Marketing GmbH nehmen rund 70 Betriebe teil.

Das Mode-Kaufhaus Breuninger setzt schon seit einiger Zeit darauf, chinesischen Kunden in ihrem Land übliche digitale Zahlsysteme anzubieten. „Das Angebot von WeChat Pay oder Alipay ist ein logischer Schritt am Breuninger-Standort Stuttgart, um das Einkaufserlebnis für Chinesen weiter zu verbessern“, erklärt der Breuninger-Sprecher Christian Witt.

Das Geschäft Lederwaren Acker in der Königsbau-Passage beteiligt sich auch an „China Pay City“. Geschäftsführer Christoph Achenbach lobt das Projekt. Er verweist auf die Beratung im Umgang mit den chinesischen Zahlungssystemen wie WeChat Pay. Die App generiert einen QR-Code, die der Händler mit der WeChat-Akzeptanz-App scannt. Er kann dann den Betrag eingeben, den der Kunde zu begleichen hat. Das System sei in der Handhabung einfach, meint Achenbach.

Chinesen kaufen für Verwandte

Die Stuttgart Marketing GmbH sieht im Abbau von Sprachbarrieren gegenüber Chinesen ein Feld, auf dem Stuttgart sich noch verbessern kann. Sie empfiehlt Geschäften etwa, verstärkt chinesischsprachiges Personal zu beschäftigen. Die Stadt und Unternehmen sollten außerdem ihre digitalen Marketingstrategien in China verstärken, rät das Stadtmarketing.

Der Breuninger-Sprecher Christian Witt berichtet, dass das Modekaufhaus bereits in den sozialen Netzwerken Chinas aktiv ist. „Deshalb generieren wir mit einem Marketing-Experten dort eigenen Content“, erläutert Witt.

Chinesische Gäste besorgen das Onlinemarketing für Stuttgart bereits selbst. Margit Heidelberger vom Restaurant Ochs` n Willi am Kleinen Schlossplatz verrät, warum chinesische Gäste immer eine volle Portion Schweinshaxe mit Kraut und Knödeln bestellen. „Es geht darum, mit dem Smartphone ein Foto zu machen“, erzählt sie. Ihr Restaurant entwickele sich wohl auch dank der Affinität der Chinesen zu sozialen Netzwerken zu einem beliebten Anlaufpunkt für chinesische Touristen, vermutet sie.