Charmeoffensive von Erdogan-Gegner Ekrem Imamoglu: Der neue Oberbürgermeister will Istanbul attraktiver für Touristen machen.

Istanbul - Eine Kapelle spielt an der Anlegestelle auf, als die „Seven Seas Voyager“ kürzlich vor dem Topkapi-Palast festmacht: das erste Kreuzfahrtschiff in Istanbul seit vier Jahren. Krieg, Terror, Putsch und Verhaftungen hatten Touristen zuletzt von Istanbul ferngehalten. Doch mit der Wahl des Oppositionspolitikers Ekrem Imamoglu zum Oberbürgermeister macht die türkische Stadt wieder positive Schlagzeilen. Aufbruchsstimmung liegt in der Luft, und wenn es nach Imamoglu geht, soll die ganze Welt daran teilhaben. Bei einer Pressekonferenz am Goldenen Horn lud er jetzt die Touristen aus aller Welt ein. „Vier bis fünf Millionen Menschen werden wohl alleine schon kommen, um mich zu sehen“, scherzte er.

 

Istanbul soll die Stadt der Festivals werden

Tatsächlich hat der neue OB bereits einen Masterplan, mit dem er seine Stadt unter die drei größten Touristenziele der Welt bringen will. Konkret sind 15 neue Museen und elf neue Theater geplant, zudem die Erschließung von Meer und Seen für Sport und Erholung. Mit einer Chip-Karte will Imamoglu Besuchern den Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln, Museen und Konzerten erleichtern. „Wir werden Istanbul zur Stadt der Festivals machen“, versprach er: „Die Menschen werden die Kultur, die Kunst, die Museen und Restaurants genießen und sich an der Gastfreundschaft unseres Volkes erfreuen.“ Aufwärts geht es schon jetzt. Mit 4,4 Millionen Besuchern habe Istanbul im ersten Trimester des Jahres einen absoluten Besucherrekord verzeichnet, meldete die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu.

Die Freude könnte schon bald ins Gegenteil umschlagen

Größte Besuchergruppe in Istanbul sind inzwischen wieder die Deutschen: Mit einem Anstieg von fast zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr eroberten sie ihre Spitzenstellung zurück, die sie zeitweise an die Iraner verloren hatten. 315 000 Deutsche registrierte die Istanbuler Tourismusbehörde, die Franzosen rangierten mit 150 000 Besuchern auf Platz Fünf hinter Iranern, Russen und Irakern. Die Freude könnte aber schon bald ins Gegenteil umschlagen: Der internationalen Tourismusorganisation WTTC zufolge zählt Istanbul zu den zwölf Städten der Welt, die am stärksten vom Phänomen des „Über-Tourismus“ bedroht sind.