Der Unmut war groß bei den Clubbetreibern und Veranstaltern, dass sie von einem Modellprojekt zur digitalen Kontaktermittlung nur über Umwege erfahren hatte. Nun hat die Stadt das Gespräch gesucht.

Stuttgart - Der Start ist nicht geglückt. Das haben die handelnden Personen inzwischen selbst gemerkt. Aus der Presse hatten die Clubbetreiber und Veranstalter erfahren, dass die Stadt für knapp eine halbe Million Euro ein Modellprojekt mit 2000 Trackern plant, die Abstände zwischen Besuchern von Konzerten oder Partys messen. „Wir waren wahnsinnig überrascht“, sagt Hannah Japes, Vorsitzende des Clubs Kollektiv, „mit uns hatte niemand geredet.“ Dieses Gefühl, übergangen zu werden, hatte zunächst zu Kritik, Widerstreben und Ablehnung geführt.

 

Wie will man die Abstände messen?

Nun sind Stefan Ehehalt, Leiter des Stuttgarter Gesundheitsamts, und Thorsten Lehr, Professor für klinische Pharmazie an der Universität des Saarlandes, und Entwickler des Projekts auf die Clubbetreiber zugegangen und haben erläutert, was da ganz genau geplant ist. Der Kern des Projekts ist das Distanztracking. Die Tracker, also Sender in Form von Schlüsselbändern, die stets die genaue Position der Besucher erkennen und bei zu großer Nähe Alarm schlagen, können etwa unter Familienmitgliedern, die gemeinsam kommen, entschärft werden. „Das innovative und sehr genaue Ultrabreitband-System misst Abstände bis auf zehn Zentimeter genau“, sagt Thorsten Lehr. So ist nachvollziehbar, welche Menschen sich für wie lange wie nah beieinander befunden haben. So will man Infektionsketten nachvollziehen können.

Wie viele Orte sollen es werden?

An drei Orten will man Veranstaltungen erlauben und dieses System testen. Ob sich dafür jemand findet, ist noch ungewiss. Japes: „Aber jetzt haben wir alle Informationen erhalten, nun können die Betreiber abwägen, ob sie sich das vorstellen können oder nicht.“ Letztlich ist es auch eine ökonomische Frage. Lohnt es sich, für den Modellversuch zu öffnen, wieder Kosten zu verursachen, etwa für Mieten, Versicherung, Personal, mit allerdings weniger Besuchern als üblich?

Wenn das Projekt durch die wissenschaftliche Begleitung einen Erkenntnisgewinn bringen sollte, dann sei es sicher sinnvoll, sagt Hannah Japes. Eine Perspektive erhoffen sich die Clubbetreiber davon allerdings nicht. Distanz und Kontrolle, das passt kaum zum unbeschwerten Nachtleben. Nach 16 Monaten erzwungener Schließung setzt die Branche auf die neue Coronaverordnung des Landes, die bei weiter sinkenden Inzidenzen, so Japes, „auch uns Möglichkeiten eröffnen muss, wann wir wieder öffnen können“.