Die vielen Freunde des Waldhauses auf dem Hasenberg sind in Sorge: Wann wird das 1900 erbaute Traditionslokal wieder aufmachen? Der Besitzer hüllt sich in Schweigen, und Gastro-Experten meinen, ohne Sponsor gehe nichts mehr.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Der Zaun mit Stacheldraht ist hoch, die Fenster sind zugehängt: Vom 1900 erbauten Waldhaus auf dem Hasenberg, das über Generationen ein beliebtes Ausflugziel mit traumhaftem Panoramablick über Stuttgart war, sind die Bauarbeiter abgezogen. Im Jahr 2008 hat hier der letzte Wirt Günter Lemme nach dem Tod der Besitzerin und der Übergabe des sanierungsbedürftigen Gebäudes an eine Erbengemeinschaft die traditionsreiche Gaststube zugemacht. Seitdem rätseln Spaziergänger, die an der streng gesicherten Liegenschaft vorbeikommen, was damit geschehen soll.

 

Der neue Eigentümer, ein Stuttgarter Unternehmer in der Spielautomatenbranche, der bei der Zwangsversteigerung im Dezember 2014 den Zuschlag für 850 000 Euro erhalten hatte (laut Gutachter betrug der Verkehrswert der Immobilie samt zweier Grundstücke nur 558 000 Euro), will sich nicht öffentlich zu seinen Plänen äußern. Sein Büro erklärte auf unsere Anfrage: „Lassen Sie sich überraschen, wir sagen nichts.“ Leicht dürfte es nicht werden, diesen Ort wirtschaftlich zu betreiben. Baurechtlich lässt die Stadt nur ein Restaurant zu. Ein Wohnhaus ist nicht zulässig, allenfalls eine Wohnung für den Wirt wäre drin.

Günter Lemme führte 48 Jahre lang das Waldhaus

Das über 100 Jahre alte Gebäude ist in einem schlechten Zustand. Die Kosten für eine Sanierung sind so hoch, dass sich in den vergangenen Jahr kein Wirt fand, der sich an dieses Projekt wagt. Gastro-Experten sagen, man bräuchte einen Sponsor, um diese Erinnerungsstätte wachküssen zu können. Hohe Zäune vorm Waldhaus, heißt es im Büro des Eigentümers, müssten zum Schutz vor Einbrechern sein. Immer wieder seien Personen verbotswidrig in das Haus gestiegen.

Im Sommer 2017 hatte der neue Besitzer mit dem Umbau begonnen. Doch seit längerem geschieht nichts mehr, wie der Nachbar Günter Lemme weiß. Der Maler, Dichter und frühere Wirt, der im April seinen 85. Geburtstag feiert, besitzt ein kleines Atelierhaus direkt neben dem Waldhaus. Der in Salzwedel in der Altmark geborene Lemme war nach seiner Ausbildung an der Magdeburger Hotelfachschule 48 Jahre lang Gastgeber in dem Höhenrestaurant, das sich fast trotzig allen modischen Erneuerungen verweigert hat. Wer die Traditionsstätte betrat, landete flugs in den 1960ern.

Promis wie Willy Brandt, Heidi Kabel und Alfred Biolek waren da

Dies gefiel Promis wie Alfred Biolek, Heidi Kabel und Willy Brandt. Der Künstler Otto Herbert Hajek, der auf der Hasenbergsteige sein Atelierhaus hatte, war Stammgast und brachte einmal Bundespräsident Richard von Weizsäcker mit. Oft kam Fritz Leonhardt, der Erbauer des Fernsehturms, und setzte sich stumm auf die Terrasse. An keinem Punkt der Stadt, sagte er, gefalle ihm sein Turm so gut wie hier. Bei vielen Stuttgartern ist das Waldhaus mit tollen Erinnerungen verbunden. Sie wünschen sich eine Rückkehr an einem ganz besonderen Ort, der nun umzäunt ist. Werden sich Sponsoren für einen Eigentümer finden, der von seinen Plänen öffentlich nichts preisgibt?