Der Wolfsburger Bundesligatrainer Dieter Hecking baut auf den Ex-Stuttgarter Profi Christian Träsch, der sich auf den Rückrundenauftakt gegen seinen alten Club VfB Stuttgart freut.

Belek – Die Wege sind kurz in Belek. Vom Kempinski Hotel The Dome, dem Mannschaftshotel des VfB Stuttgart, sind es nur einige Kilometer auf der Hauptstraße, der Turizm Caddessi, bis in den Ortskern und dann am Kreisverkehr rechts in den Pinienwald, um zum Calista Luxury Resort zu kommen. Ein prunkvolles, aber nicht protziges Fünfsternehotel am Ende der Stichstraße. Untergebracht ist hier der VfL Wolfsburg, beim Rückrundenauftakt der Fußball-Bundesliga der Gastgeber der Schwaben.

 

Was lag also näher, im Trainingslager einen guten Bekannten zu besuchen. Jedenfalls haben der VfB-Torhüter Sven Ulreich und der Ex-Wolfsburger Christian Gentner zusammen mit dem Teambetreuer Ralph Herkommer und den Zeugwarten Michael Meusch und Kostas Papandrafillis am Dienstagabend einen Abstecher unternommen, um mal wieder mit Christian Träsch zu plaudern. Der Ex-Stuttgarter, vor seinem Wechsel vor anderthalb Jahren vier Spielzeiten beim VfB unter Vertrag und in Stuttgart zum gestandenen Profi gereift, hat sich mächtig über die Stippvisite gefreut. Und fürs gerade gegründete „Wölfe-TV“ seines Arbeitgebers haben Träsch und Gentner noch eine Partie Tischfußball gespielt. Als Generalprobe fürs Aufeinandertreffen.

Mittlerweile ist nämlich ziemlich wahrscheinlich, dass der gebürtige Ingolstädter beim generös alimentierten Fußball-Aushängeschild des größten europäischen Autobauers VW nicht mehr nur das fünfte Rad am Wagen abgibt. Durch die Dreispielesperre des Brasilianers Josué ist es ziemlich wahrscheinlich, dass der 25-Jährige im neuen Jahr gegen seinen Ex-Verein auf der Doppel-Sechs zum Zuge kommt, zumal ihm im alten Jahr noch ein Volltreffer glückte: sein Traumtor im DFB-Pokal kurz vor Weihnachten beim 2:1 gegen Bayer Leverkusen.

Träsch: „Ich will einen Neuanfang starten“

Dass aktuell erst 121 Erstligaeinsätze gelistet sind, hat viel mit den Wirrungen zu tun, die der zehnmalige Nationalspieler zuletzt in Wolfsburg erlebte. Kapitän und Tribünengast, Held oder Versager – die ganze Bandbreite halt. „Es war eine harte Zeit für mich, und ich habe viel auf den Deckel bekommen“, sagt Träsch: „Aber ich würde den Wechsel noch einmal machen, denn mich hat das menschlich und privat weitergebracht.“

Als einen der ersten Spieler hat ihn der Verein ins Pressegespräch geschickt, und das verrät viel über seinen Stellenwert. Träsch: „Ich will einen Neuanfang starten. Ein Wechsel stand für mich nicht zur Debatte.“ Angesprochen auf eine Anfrage aus Stuttgart musste der mit einem Vertrag bis 2015 ausgestattete Allrounder gar schmunzeln. „Das habe ich auch nur gelesen.“ Er will bei den Niedersachsen demonstrieren, dass es einen Fehler war, ihn außen vor zu lassen. Das zentrale defensive Mittelfeld sieht er als bevorzugtes Betätigungsgebiet, „das spiele ich am liebsten“.

Und nicht den rechten Verteidiger, den er zumeist auch in der Nationalmannschaft bei Joachim Löw geben musste, ehe er vor der EM aus dem Kader gestrichen wurde. Mit dem Bundestrainer ist Träsch insofern in Kontakt, „dass ich zu Weihnachten von ihm eine SMS bekommen habe“. Wichtiger für ihn ist allerdings, was sein neuer Vereinstrainer ihm mitteilt. Dieter Hecking hat in den ersten Einheiten wohlwollend registriert, dass seine Nummer 15 auf dem richtigen Weg ist. „Die ersten Eindrücke waren gut: Er hat jetzt Zugriff gefunden.“ Träsch lobt, dass stets eine Taktiktafel am Trainingsplatz steht, „vorher haben wir weniger mit Taktik gearbeitet.“

Der dafür belobigte Hecking will aus der Ferne im Frankenland beobachtet haben, „dass die Ablöse für den Christian eine große Hypothek“ gewesen ist. „Und dann hat ihn wohl ein Teil des Publikums mehr als kritisch gesehen.“ In der Tat stempelte ihn der Wölfe-Anhang alsbald zum Buhmann; als Liebling des ungeliebten Felix Magath wurde er tituliert. Für Christian Träsch ist das alles Geschichte. Seine Lehre lautet: „Man darf sich in diesem Geschäft nicht verrückt machen lassen. Ich habe das Fußballspielen nicht verlernt. Ich habe jetzt wieder jeden Tag Spaß am Training.“