Sein Abgang bei Frisch Auf kratzte an seinem Ego. Nun feiert Velimir Petkovic als Coach der Füchse Berlin eine triumphale Rückkehr – und will in dieser Saison noch mal nach Göppingen kommen.

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Göppingen - Als diese rassigen, kampfbetonten und unterhaltsamen 60 Handball-Minuten vorüber waren, reckte Velimir Petkovic den Arm mit geballter Faust nach oben, dann klatschte er mit Geschäftsführer Bob Hanning ab – und schließlich umarmte der Trainer des Bundesligisten Füchse Berlin auch noch Magnus Andersson, seinen enttäuschten Kollegen von Frisch Auf Göppingen. Später schüttelte der 60-Jährige noch viele Hände, immer mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

 

Kurz bevor er in den Mannschaftsbus stieg und durch die Nacht Richtung Bundeshauptstadt fuhr, spendierte Frisch-Auf-Aufsichtsratschef Ulrich WeißPetkovic noch einen Whisky – so wie er es meistens tat von 2004 bis 2013, allerdings nur dann, wenn Frisch Auf gewonnen hatte. Diesmal machte Weiß eine Ausnahme. Was Petkovics ohnehin gute Laune nochmals anhob. „Ich bin überglücklich, dass wir hier gewonnen haben. Dieser Sieg ist schon etwas Besonderes für mich“, sagte Petkovic nach dem verdienten 28:24 (12:11) vor den 4900 Zuschauern in der EWS-Arena.

Berlin ist die späte Chance in Petkovics Handball-Leben

Petkovic hatte Frisch Auf 2011 und 2012 zum EHF-Pokal-Triumph geführt. Danach verpasste der charismatische Kult-Trainer den richtigen Zeitpunkt für den Absprung. 2013 gab ihm dann der Verein den Laufpass. Das nagte an seinem Ego, das nagte an seinem Stolz. Den ThSV Eisenach führte er 2015 zwar in die Bundesliga, doch im März 2016 musste er auch dort vorzeitig gehen. Petkovic war weg vom Fenster. Bis zum vergangenen Dezember. Da bekam er unerwartet die späte Chance seines (Handball-)Lebens. Hanning lotste ihn zum Vereinsweltmeister von 2015 und 2016, eine der besten Adressen im Land.

Frisch Auf verliert zu oft seine Linie im Angriff

Was für ein Potenzial diese Mannschaft hat, zeigte sie in Göppingen. Es war eng hergegangen in diesem turbulenten Spiel. Bis zum 21:22 (53.) hielt Frisch Auf mit. Dann setzte sich die individuelle Klasse der Füchse durch: Dank des überragenden Silvio Heinevetterhatten die Berliner ein Plus im Tor, der Rechtsaußen Hans Lindberg (13/7 Tore) zeigte eine Weltklasseleistung, und in der entscheidenden Phase untermauerte Paul Drux mit seinen Eins-gegen-eins-Qualitäten und drei wichtigen Toren, welch Ausnahmespieler der 22-Jährige ist.

Die Berliner hatte die richtige Reaktion auf ihre blamable 29:30-Heimniederlage gegen den Bergischen HC gezeigt. Diese Erkenntnisse nahm Petkovic an seinem großen Tag mit nach Berlin. Und was lehrt die vierte Heimniederlage in dieser Saison Frisch Auf, das auf Linkshänder Jens Schöngarth (Bänderriss) verzichten musste? Die Mannschaft spielt zu inkonstant, verliert im Angriff zu häufig ihre Linie und leistet sich zu viele Fehler. Und obwohl der eingewechselte Bastian Rutschmann starke Paraden zeigte, hatte nicht zum ersten Mal in dieser Saison der gegnerische Keeper mehr Bälle gehalten.

In der Bundesliga ist ein Europacupplatz nicht mehr zu erreichen. Was bleibt, ist die Hoffnung, sich über die EHF-Pokal-Titelverteidigung für die internationale Bühne zu qualifizieren. Dabei könnte beim Final Four in Göppingen (20./21. Mai) erneut ein Wiedersehen mit Petkovic anstehen: „Ich will in dieser Saison noch einmal wiederkommen, am liebsten zu einem Europacup-Finale gegen Frisch Auf“, stellte der Mann des Abends klar.