Nach der Trennung von Michael Wiesinger soll beim Fußball-Bundesligisten 1. FC Nürnberg ein Trainer her, der mit dem schwierigen Kader fertig wird. Im Gespräch sind auch Übungsleiter, die schon beim VfB Stuttgart gearbeitet haben.

Nürnberg - Das Aufkommen vertragsloser Fußballlehrer stieg rund um das Clubzentrum des 1. FC Nürnberg in der Valznerweiherstraße 200 binnen Minuten sprunghaft an. Wer tatsächlich im Fränkischen vor Ort war, um Nachfolger des am Montag entlassenen Duos Michael Wiesinger und Armin Reutershahn zu werden, lässt sich nicht verlässlich sagen. Von Felix Magath hieß es, er habe erwartungsvoll auf der Tribüne gesessen und das 0:5 gegen den Hamburger SV beobachtet. Gleich nebenan, der ehemalige Mainzer Jörn Andersen. Im Hilton-Hotel neben der Geschäftsstelle des Clubs logierte angeblich Bruno Labbadia just am vergangenen Sonntag.

 

Baders Projekt ist gescheitert

Autoritärer Führungsstil erwünscht

Die „Nürnberger Nachrichten“ präsentierten ihren Lesern 28 Kandidaten und forderten zu einer Abstimmung über den besten Trainer auf. In der lag bei Redaktionsschluss Thomas Schaaf vorne, der ehemalige Bremer. Es dürfte kein Zufall sein, dass die vorderen Plätze von Trainern belegt werden, denen ein autoritärer Führungsstil nachgesagt wird. Viele in Nürnberg wünschen sich einen starken Fußballlehrer, der mit einem Kader, der als schwierig beschrieben wird, fertig werden könnte.

Alternde Platzhirsche haben das Sagen, die Fraktion der jungen Spieler gilt als Gegenpol. Es wäre also kein Wunder, wenn die Ex-Stuttgarter Christian Gross und Markus Babbel gesichtet würden. Wobei der Schweizer Gross der große Favorit sein soll. Vorerst ist das Projekt, das der Nürnberger Manager Martin Bader als eines „mit Charme“ beschrieb, gescheitert. Wiesinger zu befördern lag im Trend, dem viele andere Clubs folgten, die Nachwuchstrainer und andere junge Übungsleiter zu Chefs machten wie zuletzt in Hoffenheim (Markus Gisdol), Stuttgart (Thomas Schneider), Schalke (Jens Keller) und Augsburg (Markus Weinzierl). Einige saßen zusammen im gleichen Lehrgang zur Fußballlehrerlizenz – mit Wiesinger.

Der Nürnberger Ex-Profi stand im Ruf, zwar zurückhaltend zu sein, aber dafür mit ganzem Herzen beim Club. Das war nicht genug. Wiesinger gelang diese Saison kein einziger Sieg. Rückendeckung, um verkrustete Hierarchien im Team aufzubrechen, bekam er nie. Jetzt leitet der aktuelle U-23-Coach Roger Prinzen übergangsweise das Training. Und die Nürnberger spüren, wie instabil der Aufschwung ist, den sie die vergangenen Jahre genossen. Zweimal Platz zehn, einmal Platz sechs. Der Vorsprung anderer Vereine schien kleiner geworden, und mancher staunte über den Ertrag, den Bader und Co. mit dem drittkleinsten Etat der Liga von 22 Millionen Euro erzielten.

Altbekannte Sorgen für die Clubberer

Nun spürt der Pokalsieger von 2007, der sich in seiner Selbstwahrnehmung im „unteren Drittel der Liga“ sieht, wieder altbekannte Sorgen. Er steht weit unten in der Tabelle und muss um den Klassenverbleib bangen. Ein Abstieg in die zweite Liga käme einem herben Rückschlag gleich. Die wohltuende Wirkung des neuen Nachwuchszentrums und die Pläne, ein neues Stadion zu bauen, könnten verpuffen. Was bedeutet: Baders nächste Wahl sollte ein Treffer sein. Sonst gerät auch der Manager unter Druck. Bader bemängelte zuletzt einen nicht sichtbaren „kontinuierlichen Aufwärtstrend“ unter Wiesinger.

Die Zeit drängt

Der 40 Jahre alte Wiesinger war anfangs aber auch nur eine Notlösung, als im Winter 2012 Dieter Hecking urplötzlich nach Wolfsburg wechselte. „Jetzt suchen wir in Ruhe“, sagt Bader. Spätestens zum nächsten Bundesligaspiel am 19. Oktober bei Eintracht Frankfurt soll der Neue da sein, heißt es aus Nürnberg. Sehr wahrscheinlich wird es schneller gehen. Am Montag findet die FCN-Mitgliederversammlung statt. Die verläuft in der Fußballstadt Nürnberg traditionell sehr emotional. Ohne neuen Trainer, so wird befürchtet, könnte die Sache noch turbulenter werden.