Bei einer Roadshow auf dem Marktplatz sind im Rahmen des 8. Internationalen Kongresses „Cities for Mobility“ mehr als 20 verschiedene Lastenräder vorgestellt worden. Auf einem Parcours konnten die Transportbikes mit Elektroantrieb getestet werden.

Stuttgart - Einer der am Montag bei der Lastenräder-Roadshow auf dem Marktplatz stehenden Anhänger ist gelb und beschriftet: ADAC ist in schwarzen Lettern darauf zu lesen. Auch Deutschlands größter und in puncto Image angeschlagener Automobilclub setzt aufs Fahrrad. „Dank des E-Bikes mit Serviceanhänger sind wir in der Innenstadt im Schnitt mindestens fünf Minuten schneller als mit dem Auto bei einem Pannenfahrzeug, das leider oft im Stau steckenbleibt“, sagt Florian Schmid, Teamleiter der ADAC-Pannenhilfe im Land. Seit Anfang Mai sind in Stuttgart zwei Gelbe Engel mit dem Rad unterwegs. Im Schnitt haben sie zwölf bis 15 Einsätze am Tag. Im 70 Kilogramm schweren Hänger am E-Bike transportieren die ADAC-Helfer alles, um die Fahrzeuge der Kundschaft wieder flottzumachen. Die Reichweite des Pannenhelfers mit Pedal liegt – je nach Topografie – zwischen 35 und 100 Kilometern. Das reiche locker für einen Einsatztag, so Schmid. Für so manches auf Hilfe wartende ADAC-Mitglied sei das neue Serviceangebot ein ungewohnter Anblick. „Am Anfang waren viele überrascht, dass der ADAC-Engel mit dem Fahrrad kommt“, so Schmid.

 

In Utrecht fahren Leihräder 800 Kilometer im Jahr

Für Tom Daggers hingegen ist das Thema Lastenräder längst kein Neuland mehr. „Bei uns in Utrecht können die Bürger solche Transporträder mieten und Probe fahren“, sagt der Niederländer, ein Experte für alternative Verkehrsplanungen in Städten. In der Utrechter Innenstadt käme jedes Leihrad auf eine Fahrleistung von mehr als 800 Kilometern im Monat, in den Randbezirken sei die Laufleistung nicht ganz so hoch. Die Räder seien beliebt. Ein städtisches Leihangebot sei wichtig, weil die meisten Bürger solche Lastesel nicht täglich bräuchten und es in Wohnvierteln dafür auch nicht genug Stellplätze gebe. Auch auf der Straße rollten die Räder nicht immer ohne Probleme. „Wir haben in Utrecht öfter Fahrradstaus“, so Daggers.

Für den Fachmann können Lastenräder keineswegs alle innerstädtischen Verkehrsprobleme lösen. „Sie können aber ein wichtiger Teil einer guten und umweltgerechten Lösung sein.“ Etwa 50 Prozent der Güter könnten mit solchen elektrisch unterstützten Transporteseln ausgeliefert werden. Das Angebot reiche inzwischen vom Rad mit zwei Kindersitzen bis zum alternativen „Sattelschlepper“ mit zwei großen Containern, die Kostenspanne von 1500 bis 8000 Euro. „Große Lastenräder mit viel Stauraum sind in Städten vor allem für Handwerksbetriebe und Paketdienste sehr interessant“, sagt Daggers. Im Gegensatz zum Elektroauto boome der Markt für Pedelecs und Lastenräder. „Es gibt lange Lieferzeiten“, bestätigt der Niederländer. Auch Walter Vogt, Verkehrsplaner im Ruhestand, hält Lastenräder für eine gute Transportmöglichkeit. Diese seien keine neue Erfindung, sondern bereits in den 20er Jahren, etwa als „Bäckerrad“, Bestandteil der örtlichen Transportlogistik gewesen. „Dank des unterstützenden Elektroantriebs können damit heute Waren in den Innenstädten schneller und preiswerter als mit Kleintransportern verteilt werden.“ Man benötige aber ein Logistikkonzept. „Das größte Problem sind die Standorte für die Depots, an denen die Lastenräder neu beladen werden“, erläutert Walter Vogt. Sinnvoll seien Rad-Sharing-Konzepte, wo jedermann bei Bedarf ein Lastenrad mieten könne.

Auch die Oper nutzt Lastenräder

In der Landeshauptstadt kann man bereits ein Lastenrad buchen. Die Initiative „Freies Lastenrad Stuttgart“ bietet Leihräder an (www.lastenrad-stuttgart.de).

Auf dem Marktplatz fühlten sich die meisten Testfahrer nach kurzer Eingewöhnung unterwegs recht wohl. „Die Lastenräder lassen sich leichter lenken, als ich gedacht habe“, bekannte ein Bürger. Dank des Elektroantriebs könne er sich vorstellen, damit einen Großeinkauf zu erledigen.

Auch die Stuttgarter Oper singt ein Loblied auf das Lastenfahrrad. „Stadt, Kultur und Mobilität machen eine lebenswerte Stadt aus“, sagt Nikolaus Witty, ein Sprecher des Hauses. Dank des als mobile Spielstätte eingesetzten eigenen Lastenrads komme man mit Bürgern gut ins Gespräch. „Außerdem bewährt sich das Gefährt, wenn wir Partituren für ein Orchester in die Liederhalle transportieren müssen.“