Die Gruppe „Travestie für Deutschland“ hat eine Kampagne gestartet, die sich gegen die AfD richtet. Mit Plakaten werben sie für ein weltoffenes Deutschland. Die AfD lässt die Provokation an sich vorüber ziehen.

Stuttgart - Mit viel Schminke und provokanten Slogans auf Postern erregt die Gruppe „Travestie für Deutschland“ seit Anfang dieser Woche in den sozialen Netzwerken viel Aufmerksamkeit. Die Kampagne richtet sich gegen die Alternative für Deutschland. Die Botschaft der Gruppe: Geht wählen und verhindert Populismus in unserem Land!

 

Die Poster sind gestalterisch den Wahlplakaten der AfD nachempfunden: Blau- und Rottöne, dazu der düstere dunkelgraue Hintergrund. Der bekannte AfD-Pfeil wurde allerdings durch einen roten Stöckelschuh ersetzt. „Trau Dich, geh wählen!“ prangert unter den Porträt-Bildern bekannter Travestie-Künstler der Berliner Szene. Unter anderem ist auch die „Multimedia-Transe“ Jurassica Parka mit dabei.

„Die AfD sollte jedem ein Dorn im Auge sein“

„Travestie für Deutschland“ (TfD) versteht sich als Kunstprojekt, bei dem die namentliche Anspielung auf die Alternative für Deutschland nicht zufällig zustande kam, sagt Alexander Winter (32) auf Anfrage unserer Redaktion. Für den Pressesprecher der TfD sei es eine Selbstverständlichkeit, sich gegen die AfD aufzulehnen: „Die AfD-Plakate mit ihren reißerischen, zum Teil sexistischen, chauvinistischen und völkischen Inhalten sollten jedem Demokraten in diesem Land ein Dorn im Auge sein.“

Um diesen „Dorn“ zu verhindern, so Winter, will die Gruppe vor allem Menschen politisieren: „Wir alle sind für unser Parlament direkt verantwortlich. Dieser Trotz, es endlich den „Altparteien“ zeigen zu können, ist Gift. Das wollen wir aufzeigen, natürlich polarisiert.“

Anfragen aus vielen Städten

Diese Polarisierung sorgt für Trubel: nur wenige Tage nach der Veröffentlichung am Montag, 14. August, wurden die Plakate auf der Facebook-Seite der Travestie für Deutschland schon knapp 2.000 Mal geteilt. Nun sollen die Plakate auch im öffentlichen Raum aufgehängt werden: „Wir haben Anfragen aus vielen verschiedenen Städten, auch außerhalb Deutschlands. Einzelpersonen, Organisatoren und Parteien haben ihr Interesse bekundet“, so Winter. Die Gruppe plane auch schon weitere Projekte, darunter Fotoreihen, Events und Debatten.

Die AfD weiß von nichts

Neben vielen Unterstützern ruft das Projekt auch Kritiker auf den Plan. AfD-Anhänger belegen die Organisatoren der Aktion in den sozialen Netzwerken mit wüsten Beschimpfungen. Die AfD selbst hat auf Anfrage von der Kampagne noch nichts gehört. Nachdem der Pressesprecher der Partei, Christian Lüth, ins Bild gesetzt wurde, bleibt er gelassen: „Wenn Splittergruppen eine solche Debatte anstoßen, muss man sich dazu, denke ich, nicht groß äußern.“ Die Aktion solle eindeutig eine Provokation sein.

Warum sich die Künstler zu dieser Aktion gezwungen fühlten, kann sich Lüth nicht erklären: „Wir respektieren jede Lebensform, das ist Privatsache, nichts Politisches.“ Differenzen mit anderen Lebensentwürfen habe die AfD erst dann, wenn Vertreter dieser Gruppierungen auf politischem Weg eine Gleich- oder Besserstellung gegenüber der traditionellen Familie forderten, so Lüth weiter. Das sei bei der TfD nicht der Fall, schließlich handele es sich nicht um eine richtige Partei mit Wahlprogramm. Als Beweis für die Offenheit der AfD führte Lüth außerdem homosexuelle Gruppierungen in der Partei an.

Ausländerhass auch in der schwul-lesbischen Szene

Die Rechtfertigung, es gebe in der AfD doch auch „bekennende“ Homosexuelle, hat Alexander Winter oft genug gehört: „Auch Homosexuelle können schrecklich falsche Entscheidungen treffen. Aber die vermeintliche Offenheit der AfD ist eine unglaublich fadenscheinige Charade, gegen die wir uns zur Wehr setzen. Und wer kennt sich schon besser mit Maskeraden aus als Transvestiten?“

Tatsächlich, gesteht Alexander Winter ein, haben sich Rassismus und Islamfeindlichkeit auch in der sonst so weltoffenen queeren Szene breitgemacht. Unter dem Begriff „queer“ werden alle sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten zusammengefasst. Die Kampagne war deshalb auch dazu gedacht, ein Zeichen gegen rechte Strömungen innerhalb der Szene zu setzen.

„Wir sind hier für Dialog und Aufklärung. Sündenböcke sind auf allen Seiten schnell gefunden und eine Hexenjagd ist viel einfacher als das Lösen eines komplexen, gesellschaftlichen Problems.“, sagt Winter dazu. „Wir glauben aber nicht an Hass.“

Sehen Sie in unserer Bildergalerie alle Poster der Gruppe „Travestie für Deutschland“.

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