Skigymnastik und Fußball auf dem Bolzplatz waren gestern: Heute turnen die Menschen durch die Stadt oder üben Yoga bei 40 Grad Celsius Raumtemperatur. Ein Streifzug durch Stuttgart.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

Stuttgart - Es gab Zeiten, in denen der Ottonormalbürger am Abend in den Fußballverein oder in die Skigymnastikgruppe ging, um fit zu bleiben. Heute entscheiden sich viele Hobbysportler für Calisthenics, Piloxing, Parkour oder ZenBo – und nur Eingeweihte wissen mitunter, was sich hinter dem neuesten Trend verbirgt.

 

Dimitri Reimer hat lange klassischen Sport nach den Prinzipien des Turnvaters Jahn betrieben. In seiner Kindheit turnte er an Geräten. Heute müht sich der 29-Jährige nicht mehr am Reck oder Barren, sondern macht Vorwärtsrollen über Mauern oder balanciert über Treppengeländer. Wo er das tut? Überall. In der Stadt oder im Wald, das spielt bei der Sportart Parkour keine Rolle. „Alles kann ein Hindernis sein“, sagt Reimer. Problemlos kann er hier und da den Sprung über ein Geländer in seinen Alltag integrieren. Er ist völlig frei und muss sich weder um Turnhallenzeiten noch um Turniertermine scheren.

Spaß und Freiheit sind wichtiger als Pokale

Die junge Sportgeneration scheint sich nicht mehr so sehr für Pokale, Medaillen und Bestzeiten zu begeistern. Individualität und Freiheit stehen stattdessen im Vordergrund, Spaß statt Leistung. Der einstige Slogan des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) „Sport ist im Verein am schönsten“ klingt für die Trendsetter fast schon antiquiert. „In der Gesellschaft verändert sich heute alles schneller“, sagt Dominik Hermet. Der Geschäftsführer des Sportkreises Stuttgart, Dachverband aller Stuttgarter Sportvereine, beschäftigt sich schon länger mit den neuen Entwicklungen. Bei der Erfindung neuer Trendsportarten gelten die USA am kreativsten. Die Deutschen sind zurückhaltender: Nackt-Yoga, Fußball mit Elektroschockern oder Workout im Matsch haben sich hierzulande nicht etabliert.

Neben den bestehenden Massen- und Nischensportarten haben sich zuletzt vor allem zwei Richtungen entwickelt. Sportarten erleben einen Boom, die das klassische Workout um Entspannung und Meditation erweitern, sagt Hermet. Der gesundheitliche Aspekt steht im Vordergrund. Angefangen hat es mit Yoga, Pilates und Tai Chi. Im Yoga gab es schon immer mehrere Richtungen, zurzeit ist Bikram-Yoga angesagt, Übungen in einem Raum mit einer Temperatur um die 40 Grad. Das soll besonders wirkungsvoll sein.