Es hat ordentlich geregnet in dieser Woche, aber viel zu wenig aus Sicht der Wasserwirtschaftler. Die Grundwasserpegel in Baden-Württemberg sind an manchen Orten so niedrig wie noch nie.

Stuttgart - Die Niederschläge dieser Woche sind vielen als recht ergiebig vorgekommen. Hat es doch einige Tage lang durchgängig geregnet. Für die Wasserwirtschaftler war das aber nur wie ein „kleiner Schubser.“ Nur kurzzeitig hätte er bewirkt, dass in den Flüssen wieder mehr Wasser strömte und die Grundwasserpegel zulegen konnten. Nach wie vor gilt: An einigen Stellen seien die Grundwasserstände „so niedrig wie noch nie“, wie Michael Wingering, der Grundwasser-Experte der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz (LUBW) in Karlsruhe sagt.

 

Der Südwesten ist dabei nicht überall gleichmäßig betroffen. Die Böden sind je nach Beschaffenheit unterschiedlich aufnahmefähig und lassen Wasser auch nicht gleichmäßig zu- oder abfließen. Im Iller-Riss-Gebiet, also in Oberschwaben, etwa sei „die Welt in Ordnung“, sagt Wingering. Auch entlang des Rheins nördlich von Karlsruhe oder am Neckar sei die Lage „fast wie immer“. Im Oberrheingraben zwischen dem Kaiserstuhl und Iffezheim hingegen herrscht Wassermangel. Dabei sei das Gebiet dort einer der größten Grundwasserspeicher in Europa. Auch im Schwarzwald, auf der Alb, im Hohenlohischen und in der Region Stuttgart seien die Wasservorräte „extrem niedrig“.

Flüsse zapfen Reserven ab

Vor allem in der Nähe von Flüssen seien die Grundwasserpegel stark gefallen. Die Fließgewässer nehmen mangels Nachschubs von oben die Reserven aus der Tiefe mit. Der Grundwasserpegel in der Leutkircher Heide im Allgäu lag trotz der Niederschläge im Novemberschnitt zum Beispiel um 70 Zentimeter tiefer als im Oktober. Das führt in der Folge auch dazu, dass die Quellen weniger abwerfen als sonst. Im November förderte der Blautopf 78 Liter jede Sekunde weniger an den Tag als im Oktober-Mittel. An der Bronnbachquelle in Rottenburg (Landkreis Tübingen) waren es 56 Liter weniger.

Im Vergleich zum Vorjahr sind die Werte noch schwächer. In den Ellwanger Bergen hat die Messstelle der LUBW im November einen um 3,61 Meter tieferen Pegel festgestellt, in Neufra auf der Schwäbischen Alb waren es sogar 4,38 Meter weniger. Den größten Rückgang hat es mit minus 4,90 Meter im Dreisamtal bei Freiburg gegeben. Auch bei den Quellschüttungen ist die Trockenheit deutlich spürbar. Im November sprudelten aus der Bronnbachquelle 369 Liter jede Sekunde weniger als im Vorjahr, aus dem Blautopf gar 1160 Liter.

Insgesamt ist genug Wasser da

„Wir brauchen kontinuierlichen Regen“, sagt Michel Wingering. Um die Grundwasservorräte wieder aufzufüllen wären „viele Tage bis wenige Wochen“ Niederschlag nötig. Danach sieht es nicht aus, deshalb erwartet der Wasserwirtschaftler auch im Dezember ein niedriges Niveau. Mit großräumigen Engpässen in der Wasserversorgung sei aber nicht zu rechnen.

Gibt es womöglich einen langfristigen Trend? „Eine eindeutige Entwicklung“ lasse sich noch nicht erkennen, sagt Wingering. Wenn sich aber die Erscheinung verfestige, dass es weniger Niederschläge im Sommer und mehr im Winter gebe, dann könne es schon sein, dass Hoch- und Niedrigwasser ausgeprägter auftreten als jetzt. „In der Summe gibt es im Land immer genug Wasser“, sagt Wingering, aber womöglich am falschen Ort zur falschen Zeit. Das könnte zur Herausforderung für die Wasserwirtschaftler werden.