Fellbach wollte hoch hinaus. Ein wenig sollte es an Manhattan erinnern mit einem riesigen Wohnturm als weit sichtbares Aushängeschild. Doch es folgten Bauruine, Pleiten und Versprechungen - und eine verzweifelt wirkende Stadtchefin.

In der jahrelangen Hängepartie um den Bau eines riesigen Wohnturms in Fellbach wächst nach den erheblichen Turbulenzen beim Adler Immobilienkonzern die Verunsicherung in der Kommune. Sie verlasse sich weiter auf die Zusage des angeschlagenen Projektentwicklers, der den Rohbau des 107 Meter hohen Wohnturms fertigstellen wolle, sagte Oberbürgermeisterin Gabriele Zull (parteilos) am Montag in Fellbach. „Den Turm zu übernehmen und fertig bauen zu lassen, kann auch nicht Aufgabe der Stadt Fellbach sein“, betonte sie. Das sei in diesen angespannten Zeiten und angesichts zahlreicher kommunaler Herausforderungen auch „sicher keine Pflichtaufgabe“. Die Stadt könne nur im Gespräch bleiben. Die Adler Group sorgt seit Monaten wegen angeblicher aufgeblähter Bilanzen für Schlagzeilen.

 

Die Baugeschichte des sogenannten Schwabenlandtowers ist pannenreich: Seit sechs Jahren steht der auch „SLT 107“ genannte Turm in Fellbach im Rohbau. Kurz nach dem Richtfest im September 2016 hatte der ursprüngliche Bauherr Insolvenz anmelden müssen. Zwei Jahre später übernahm die frühere CG-Gruppe das Vorhaben und verordnete dem Bau ein neues Konzept. Nach Jahren des Stillstands begann der inzwischen übernommene Projektentwickler unter dem Namen Consus Real Estate damit, die geplanten 64 Luxusappartements in kleinere, preiswertere Mietwohnungen umzuwandeln.

Das Unternehmen im Besitz der Adler Group hatte zuletzt wiederholt auch in Gesprächen mit der Stadtspitze zugesagt, die Arbeiten am 120 Millionen Euro teuren Projekt würden fertiggestellt. Doch trotz aller Zusagen fürchten Kritiker wegen der schwankenden Adler Group weiter, der Turm könne bald nicht das höchste Wohngebäude Baden-Württembergs sein, sondern lediglich ein geschützter Hort für ein nistendes Falkenpaar und somit „das teuerste Vogelhäuschen Deutschlands“.

Der Stadt sind die Hände gebunden

Der Stadt seien die Hände gebunden, sie baue auf diese Zusagen, sagte Zull. „Wir werden es nicht selber machen und wir werden auch keinen anderen finden, der es macht“, sagte sie. Bereits nach der Insolvenz des ersten Bauherrn habe es keine weiteren Interessenten gegeben und es sei derzeit sogar deutlich schwerer, ein solches Projekt zu finanzieren. „Es wäre schöner sagen zu können, wir wechseln jetzt einfach die Spur“, sagte Zull. „Aber die Spur zu wechseln, da sehe ich keine Möglichkeit. Und ich wüsste auch nicht, auf welcher Spur wir fahren könnten.“

Nach Angaben von Baubürgermeisterin Beatrice Soltys laufen die aufwendigen Anpassungsmaßnahmen im Gebäudeinneren seit Monaten. Es könne aber aus statischen Gründen immer nur in zwei Stockwerken gleichzeitig gearbeitet werden, sagte sie. Das neue Konzept entspreche eher dem, was die Stadt Fellbach benötige. Sie wollte sich aber nicht auf ein Datum für die Fertigstellung festlegen.

Der Gemeinderat hatte schon 2007 nach jahrelangem Streit mit Gegnern des Vorhabens seine generelle Zustimmung für den Bau des 107 Meter hohen Gebäudes gegeben. Doch die Finanzkrise und ein anderes Projekt des privaten Investors, der den markanten gläsernen Wohnturm samt angrenzendem Hotel bauen wollte, durchkreuzten die Baupläne. Es folgte eine jahrelange Hängepartie. Die Bürgerinitiative „Fellbach ist nicht Manhattan“ scheiterte unter anderem vor Gericht mit einem Antrag auf ein Bürgerbegehren.