Am 7. Dezember wird der neue Bahnstopp im Stuttgarter Norden eingeweiht. Eine Woche vorher werden die alte Strecke und die Haltestelle Pragfriedhof stillgelegt. Die Bürger geben im Kampf um ihre Haltestelle nicht auf.

S-Nord - Obwohl der Abbau der Bahnhaltestelle Pragfriedhof, an der bislang noch die Stadtbahn U 12 stoppt, beschlossene Sache ist, wollen die Anwohner noch nicht das Handtuch werfen: Sie haben Stadtrat Christoph Ozasek (SÖS/Linke-plus)eingeschaltet. Und sie haben das Thema in der jüngsten Bezirksbeiratssitzung nochmals zur Sprache gebracht.

 

Ein für die Beiräte neuer Aspekt: Die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) würden riskieren, dass Bundesmittel wieder gestrichen werden, die sie nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) bekommen, wenn die Haltestelle Pragfriedhof bestehen bleibt. Diese Information hat zumindest Stadtrat Ozasek auf eine entsprechende Anfrage bei den SSB erhalten. In dem Schreiben der SSB, das unserer Zeitung vorliegt, heißt es: „Zur Gewährung von Fördermitteln aus dem GVFG-Bundesprogramm musste für die U 12 mit einer Kosten-Nutzen-Untersuchung der Nachweis geführt werden, dass der in Geld bewerte Nutzen die Kosten der Maßnahme überwiegt.“

Laut Volker Christiani, Chefplaner der SSB, geht es bei neuen Strecke, die den Pragfriedhof außen vor lässt, um einen Zuschuss von rund 60 Millionen Euro vom Bund. Das Land schießt 20 Millionen Euro zu. Insgesamt beziffert Christiani die Kosten für die neue Strecke durchs A-1-Gelände mit der künftigen Haltestelle am Budapester Platz auf rund 100 Millionen Euro. Ozasek: „Befindet sich in mit dem Pragfriedhof eine Haltestelle in der Nähe des Budapester Platzes könnte man sich beim Bund fragen, warum es zwei Haltestellen braucht und den Zuschuss streichen.“

Abriss der Haltestelle soll erst kommendes Jahr erfolgen

Für die Anwohner, die im Bezirksbeirat für ihre Haltestelle kämpfen, ist die Sache klar: „Das schicke, junge Europaviertel wird gestärkt. Und die Gegend, in der die alten und schwachen Menschen leben, hat das Nachsehen“, sagt Barbara Hörner. Ein Rollstuhlfahrer stellte dem Gremium die Frage, wo die Integration geschweige denn die Inklusion behinderter und alter Menschen bleibe, wenn ihre Haltestelle abgerissen wird. „Fällt die Haltestelle weg, ist das für mich ein schwerer Einschnitt.“ Bezirksbeirat Armin Serwani sagte zu, an den Gemeinderat zu appellieren, Geld zur Verfügung zu stellen, damit die Haltestelle an der Friedhofstraße erhalten bleibt.

Das Problem sei nicht die Haltestelle, sondern dass in der Friedhofstraße keine Bahnen mehr fahren, sagte Christiani auf Nachfrage. Würde die Linie 15 zurückgeholt, würden die Stammheimer protestieren. Christiani: „Die haben gejubelt, dass sich ihre Fahrzeit in die Stadt um fünf bis sechs Minuten verkürzt. Außerdem sind die Haltestellen in dem Gebiet sehr dicht. Der Weg für die Anwohner wird nur 100 bis 200 Meter länger“, sagt er, räumt aber ein, dass manche Bahnkunden künftig Treppen steigen müssen.

Resonanz gleich Null

Bei der jüngsten SSB-Aufsichtsratssitzung hat Stadtrat Ozasek den Vorschlag gemacht, die Haltestelle noch nicht sofort abzureißen und im Gemeinderat nochmals darüber zu diskutieren. Die Resonanz sei gleich Null gewesen. „Die anderen Mitglieder haben mich im Regen stehen lassen. Meine Mittel sind erschöpft“, stellte er resigniert fest. Für ihn unbegreiflich, dass eine intakte Haltestelle, die von der Bevölkerung angenommen wird, angesichts des politischen Ziels, Bus- und Bahnverkehr zu stärken, abgerissen werden soll.

Der Abriss soll nun aber doch nicht im Dezember, sondern erst im kommenden Jahr erfolgen. Die neue Strecke für die U 12 wird am 7. Dezember eingeweiht. Die alte Strecke samt der Haltestelle Friedhofstraße wird etwa eine Woche vorher still gelegt und es werden Ersatzbusse eingesetzt. Gekostet hat der Bau der als Zwischenlösung gedachten Stopps rund eine Million Euro.