Bis Mitte September bringen Spezialisten die Sicherheits- und Brandschutztechnik im 2,3 Kilometer langen Heslacher Tunnel nachts auf den neuesten Stand. Am Tag soll niemand etwas davon merken – dann rollen 50.000 Autos durch die Röhre.

Stuttgart - Vom Westportal zieht sich das Asphaltband in einer leichten Linkskurve ins Innere des Heslacher Tunnels. In der zweispurigen Röhre, durch die seit 20 Jahren zwischen Marienplatz und Südheimer Platz Tag für Tag eine endlose Blechkolonne rollt, herrscht Ruh – wie jede Nacht bis zum 16. September. Bis dahin wird die Brandschutz- und Sicherheitstechnik in Europas verkehrsreichsten zweispurigen Straßentunnel für fast 20 Millionen Euro saniert.

 

Mitten in der 2,3 Kilometer langen Röhre windet sich eine orangefarbene Riesenschlange über die Fahrbahn. Mehrere Arbeiter in Schutzkleidung ziehen die gebündelten Spezialkabel, die Feuer und Hitze bis zu 90 Minuten lang widerstehen können, auf unter der Tunneldecke angebrachte Kabeltrassen. Rundherum stehen Hubwagen mit ausgefahrenen Arbeitsbühnen, überall blinken gelbe Warnlichter. „Wir tauschen alle Kabel aus“, sagt Matthias Braitinger, der Tunnelmanager des Tiefbauamts. Alle – das sind rund 60 Kilometer Elektrizitäts-, Telefon- und Videoleitungen. „Auch die Videokameras und die Notrufeinrichtungen die direkt mit der Polizeileitstelle in der Hahnemannstraße verbunden sind, werden erneuert“, ergänzt Klaus Hofmann, stellvertretender Leiter der Abteilung Brücken und Tunnelbau. Für die alte Elektronik gebe es kaum noch Ersatzteile. „Außerdem haben sich die Sicherheitsvorschriften verschärft.“

„Wir bauen ein altes Haus um“

Der 1991 erbaute zweispurige Tunnel, durch den werktäglich mehr als 50 000 Fahrzeuge rollen, schwächelt deshalb auch an vielen anderen Stellen. „Wir bauen praktisch ein altes Haus um“, erläutert Hofmann. Nach zwei Jahrzehnten entspreche die gesamte Technik längst nicht mehr allen aktuellen Sicherheitsstandards.

Das gilt auch für den Brandschutz. „Wir erneuern und verbessern auch die Lüftungsanlage“, erklärt Hofmann. Um im Brandfall giftige Rauchgase rasch absaugen zu können, werden in die über den Fahrbahnen liegende Zwischendecke 38 jeweils zwei Quadratmeter große Vierecke in den 20 Zentimeter dicken Beton geschnitten. „In 17 Einschnitten, die immer 50 Meter voneinander entfernt sind, stecken bereits moderne Rauchabzugsklappen. „Bei einem Fahrzeugbrand öffnen sensible Rauchmelder die Lamellen mehrerer Klappen um den Brandherd. Zwei starke Ventilatoren im Technikraum saugen dann 200 Kubikmeter Rauchgase in der Sekunde über den ersten Stock ab und blasen sie aus dem großen Kamin an der Karl-Kloß-Straße. „Die beiden Fahrbahnen im Erdgeschoss bleiben dadurch weitgehend rauchfrei“, erläutert Hofmann. Autofahrer könnten dadurch auch die ausgeschilderten Wege zu den Fluchtstollen leichter erkennen. „Und Feuerwehrleute und Sanitäter kommen viel schneller zum Brandherd.“ Das Thema Sicherheit wird auch auf der Baustelle groß geschrieben. Erst wenn alle Zufahrten gesperrt sind, können sich die „Bergleute“ abends gegen 21 Uhr in die Röhre wagen. „Der Bauleiter weiß immer, wo sich jeder Arbeiter befindet“, so Hofmann. Jeder Beschäftigte erhalte abends eine Marke, die er morgens zum Feierabend wieder abgeben müsse. Dadurch sei sichergestellt, dass niemand im Tunnel zurückbleibe. Und bevor morgens um 5.30 die ersten Fahrzeugpulks wieder durch die Röhre rollen dürfen, wird jeder Quadratmeter Fahrbahn penibel überprüft. „Es darf keine Schraube liegen bleiben“, erläutert Hofmann.

Keine Schraube auf der Fahrbahn

Für den Ingenieur ist klar, dass der Heslacher Tunnel nach der letzten Nachschicht von Mitte September an „in puncto Sicherheit auf dem neuesten Stand ist“. Um dieses Ziel zu erreichen, sind in den vergangenen Jahren bereits für zwölf Millionen Euro neben der Tunnelröhre verlaufende Fluchtstollen gebaut worden. „Jeder Eingang zu den Rettungswegen ist höchstens 300 Meter weit entfernt“, sagt Hofmann. „Farbige Symbole und Lichter zeigen stets den kürzesten Weg zur nächsten Tür an.“


Straßenbaustellen im Stadtgebiet auf einer größeren Karte anzeigen