Einst wurde er als „idealer“ Nachfolger für den Generalsekretär gelobt. Doch die Karriere des Stuttgarters Florian Kurz beim Deutschen Skiverband währte keine zwei Jahre. Nach der Trennung dürfte der Posten nicht mehr besetzt werden.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Zumindest beim Karrierenetzwerk Linked-in ist er noch in Amt und Würden. Als aktuelle Position nennt Florian Kurz dort den Job des Generalsekretärs beim Deutschen Skiverband (DSV). Beschäftigungszeitraum: September 2015 bis heute.

 

„Heute“ stimmt allerdings nicht mehr. Generalsekretär ist der 45-jährige, aus Stuttgart stammende Sportmanager nicht mehr, auf der DSV-Homepage finden sich kaum noch Spuren von ihm. Man habe sich bereits im Juli von ihm getrennt, bestätigt ein Sprecher des in Planegg bei München ansässigen Verbandes, „mit sofortiger Wirkung“. Derzeit verhandeln die Juristen beider Seiten über die Modalitäten des Ausscheidens, zu den näheren Umständen ist Stillschweigen vereinbart. Zur Kritik an Kurz’ Amtsführung, an seinen Personalentscheidungen und seiner Kommunikation, über die zuerst die „Bild“-Zeitung berichtet hat, gibt es daher keinen Kommentar.

Zwei Stuttgarter auf Schlüsselposten

In Stuttgart wurde der abrupte Abgang besonders aufmerksam registriert – wie 2015 schon der überraschende Aufstieg. Denn nicht nur Kurz, der in Nürtingen Betriebswirtschaft studiert hat, ist in der hiesigen Sportszene noch wohl bekannt – zuletzt als Leiter der Vermarktung des Motorsports bei Porsche, davor als Chef eines Mountainbike-Teams, Kurzzeit-Manager eines Tennisturniers oder Mitarbeiter der Gesellschaft für die Stuttgarter Olympiabewerbung. Auch der Präsident des Deutschen Skiverbandes kommt aus der Landeshauptstadt: Franz Steinle (67), derzeit noch Präsident des Oberlandesgerichtes, nach zweimaliger Verlängerung indes bald im Ruhestand. Dann kann er sich ganz auf die Führung des Verbandes konzentrieren, der seine Amtszeit erst im vorigen Jahr bis 2020 verlängert hatte.

Steinle und Kurz sollen sich erst im Zuge des Bewerbungsverfahrens um den Posten des Generalsekretärs kennengelernt haben. Gleichwohl wurde die Personalie besonders mit dem Präsidenten verbunden – und er machte sie sich auch voll zu eigen. Man habe „den aus unserer Sicht idealen Nachfolger“ für den langjährigen Amtsinhaber gefunden, ließ er verkünden. Nach dem altershalber ausscheidenden Thomas Pfüller – einer Institution im DSV – habe man bewusst auf einen Quereinsteiger gesetzt. Neben seinen „vielschichtigen fachspezifischen Kompetenzen“ verfüge Kurz über ein „hohes Maß an Erfahrung in der strategischen und operativen Führung von Organisationen sowie in der Gremienarbeit“. Damit bringe er alles mit, um den Dachverband von 650 000 Skisportlern erfolgreich weiterzuentwickeln. Zusätzlich wurde Kurz Geschäftsführer der DSV-Gesellschaften für Leistungssport und Verwaltung.

Wirbel kurz nach der Bestellung

Doch bald nach der Entscheidung gab es verbandsintern einige Irritationen über den neuen Generalsekretär. Anlass waren Recherchen der Stuttgarter Zeitung zu Kurz’ Vergangenheit. Wusste der Gerichtspräsident Steinle von einem Strafverfahren gegen Kurz im Zusammenhang mit dessen Tätigkeit für einen Mountainbike-Rennstall, das letztlich gegen eine Geldauflage eingestellt wurde? Warum war sein stets herausgestrichenes Mandat als Verwaltungsrat einer Schweizer Sportmarketingfirma dort nicht im Handelsregister eingetragen? Aus welchen Gründen hatte er 2014 den Posten bei Porsche aufgegeben?

Letzteres blieb unbeantwortet. Der fehlende Registereintrag war angeblich ein Versehen und wurde „schnellstens“ nachgeholt. Von dem eingestellten Verfahren habe man erst durch die StZ-Anfrage erfahren, ließ Steinle ausrichten; Kurz habe nicht darauf hinweisen müssen, es hätte auch keine Rolle gespielt.

Unglücklich sei es gleichwohl, dass der Präsident öffentlich als ahnungslos dastehe, wurde verbandsintern moniert. Womöglich hätte man den neuen Generalsekretär etwas genauer anschauen sollen. Negativschlagzeilen könne der DSV schließlich nicht gebrauchen, schon mit Blick auf die sensiblen Sponsoren. Man möge Ruhe bewahren und keine Vorverurteilungen verbreiten, mahnte dagegen die Verbandszentrale. Nach außen erklärte sie, dass es „weder Unstimmigkeiten gab noch gibt“.

Das Defizit erfolgreich abgebaut

Die Aufregung ebbte wieder ab, zumal die Personalie keine großen Wellen schlug, Kurz machte sich an die Arbeit. Nach einem guten Jahr berichtete er im Sportinformationsdienst Sponsors über erste Erfolge. Er habe sich bewusst Zeit gelassen, „um das komplexe System im Wintersport zu durchdringen“. Als einer der erfolgreichsten Sportverbände brauche der DSV „keine Revolution, sondern eine Evolution“. Vor allem seine wirtschaftliche Basis gelte es zu stabilisieren, nachdem er in den vergangenen Jahren „ein Stück weit von der Substanz gelebt“ habe. Inzwischen sei das Defizit von einer Dreiviertelmillion Euro bei der Leistungssport-Gesellschaft abgebaut, meldete der Generalsekretär per Interview; nun könne man „die Aufgaben der Zukunft angehen“. Dazu gehöre etwa, „die Marke DSV noch mehr zu schärfen“ und den Skisport in der Vermarktung „selbstbewusster gegenüber dem Fußball zu positionieren“. Der Verband mit den Hauptsponsoren Adidas, Audi und Würth müsse „weiter attraktiv für die Wirtschaft bleiben“.

Nach diesem Auftritt sollte es noch ein gutes halbes Jahr dauern, bis der Verband Kurz den Stuhl vor die Tür stellte. Ob die internen Differenzen schon länger schwelten oder sich kurzfristig zuspitzten, ist schwer auszumachen. Am Ende musste es jedenfalls schnell gehen: Man habe sich „mit sofortiger Wirkung“ getrennt, berichtete ein Sprecher. Einen Nachfolger gebe es bislang nicht, auch eine Ausschreibung sei derzeit nicht geplant. In der bisherigen Form werde es wahrscheinlich keinen Generalsekretär mehr geben: Man denke über ein „Vorstandsmodell“ nach, bei dem dessen Aufgaben auf das Führungsteam verteilt würden.

Erfahrungen in etlichen Feldern

Florian Kurz kann sein Branchenportfolio nun um ein Feld erweitern: zu Olympia, Tennis, Rad- und Motorsport kommt der Skisport. Ein guter Sportmanager brauche „viel praktische Erfahrungen, die man sich erst einmal erarbeiten muss“, sagte er 2014 in einem Interview. Darin verriet er auch, wie er zu seinen bisherigen Jobs gekommen ist: „Meistens bestand schon irgendein Kontakt, und dann hat sich aus dem einen das andere ergeben.“ Jetzt darf sich für ihn wohl wieder etwas ergeben.