VfB-Chef Thomas Hitzlsperger drängte auf eine Revolution, heraus kam immerhin so etwas wie eine Reform. Die TV-Gelder werden künftig gleichmäßiger verteilt. Das wirkt sich auch auf den VfB Stuttgart aus.

Sport: Gregor Preiß (gp)

Frankfurt - Es wurde heftig gestritten und lange gerangelt, am Ende fand die Deutsche Fußball-Liga (DFL) den kleinsten gemeinsamen Nenner für die 36 Clubs der ersten und zweiten Liga, was die künftige Verteilung der TV-Gelder angeht. Das Ergebnis: Es soll künftig finanziell gerechter zugehen im deutschen Profifußball – und der Wettbewerb vor allem an der Spitze durch eine größere Gleichverteilung neu belebt werden. „Die Spreizung wird künftig abnehmen“, sagte DFL-Geschäftsführer Christian Seifert nach der Mitgliederversammlung, „ob man das nun für sinnvoll erachtet oder nicht.“

 

Unser Kommentar zur Entscheidung: Ein Teilerfolg – aber keine Revolution

So soll in den kommenden zwei Jahren 53 Prozent der jährlichen Einnahmen aus den nationalen TV-Erlösen in Höhe von 1,1 Milliarden Euro pro Saison gleichmäßig auf alle Clubs verteilt werden. Bislang hatten sportliche Erfolge deutlich mehr Gewicht. Wie die DFL am Montag vorrechnete, werden ab der kommenden Spielzeit rund 75 Millionen Euro mehr pro Saison gleichverteilt. Jeder Bundesligist kann in der Saison 2021/22 über die Hauptsäule mit einem Fixbetrag von 24,7 Millionen Euro planen, jeder Zweitligist mit 6,9 Millionen Euro. Zur Einordnung: Insgesamt erhält der Branchenprimus Bayern München für die aktuelle Saison (nach altem Verteilerschlüssel) insgesamt 105 Millionen Euro. Der VfB Stuttgart als Aufsteiger 45 Millionen.

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Als Grund für das künftig stärkere Gießkannen-Prinzip führte die DFL die Coronakrise an. Christian Seifert sagte: „Oberstes Ziel muss es sein, alle 36 Clubs durch die Krise zu führen.“ Es sei nicht die Zeit für „radikale Lösungen“. Weshalb ab der Spielzeit 2023/24 und einer erwarteten Konsolidierung der kleineren und mittleren Vereine der Leistungsgedanke wieder eine größere Rolle spielen soll. Ab dann werden nur noch 50 statt 53 Prozent der TV-Einnahmen gleichmäßig verteilt.

Die andere große Säule speist sich aus dem sportlichen Abschneiden der vergangenen fünf Jahre – sie umfasst 42 Prozent der Erlöse. Die Nachwuchsförderung (3,5 Prozent) sowie das Interesse an den Clubs (2,5 Prozent) werden ebenfalls stärker gewichtet, spielen aber weiterhin eine untergeordnete Rolle.

Der VfB Stuttgart, der gemeinsam mit Arminia Bielefeld, dem FSV Mainz, dem FC Augsburg sowie etlichen Zweitligisten ein Positionspapier zur künftig Verteilung verfasst und sich damit den Unmut von Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge zugezogen hatte, darf das Ergebnis zumindest als Teilerfolg werten. Die genauen finanziellen Folgen für den VfB lassen sich jetzt aber noch nicht absehen. Offiziell äußern wollte sich beim Bundesligisten aus Bad Cannstatt zunächst niemand. Erst gelte es, die Zahlen genauer unter die Lupe zu nehmen.

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Ob der Wunsch von VfB-Vorstandschef Thomas Hitzlsperger nach einem spannenderen Wettbewerb und einem Ende der bayrischen Dauerdominanz in Zukunft Realität wird, lässt sich wohl erst nach Ablauf der vierjährigen Rechteperiode sagen. Der DFL-Chef sagte: „Es macht die Meisterschaft nicht zwingend spannender, wenn der FC Bayern fünf Millionen weniger und Arminia Bielefeld fünf Millionen mehr bekommt.“ Der im nächsten Sommer scheidende Top-Funktionär setzt vielmehr auf den Eigenantrieb der Clubs, sich mehr nach der Spitze zu strecken. Sein Argument gegen eine noch ebenmäßigere Verteilung: Dann würde die Kluft zwischen erster und zweiter Liga größer. Zugleich schrieb Seifert vielen in Not geratenen Clubs ins Stammbuch: „Sie haben in der Vergangenheit an der Spielergehälterfront zu wenig gemacht.“ Sprich: Sie haben über ihre Verhältnisse gelebt und sollten sich an die eigene Nase fassen.

Unterdessen wurde bekannt, dass die DFL die darbende Auslandsvermarktung der Bundesliga aufpeppen will. Die Rede ist von einem Verkauf eines Teils der Vermarktungsrechte an Finanzinvestoren, der einen dreistelligen Millionenbetrag einbringen könnte. Zahlreiche Fernsehrechteinhaber im Ausland sind durch die Corona-Krise in Schieflage geraten. Statt mit 250 Millionen Euro Einnahmen im Jahr können die deutschen Vereine nur noch mit 180 Millionen Euro rechnen.

Fanbündnis kritisiert Entschluss als absolut enttäuschend

Der größte Batzen sind aber weiter die nationalen Erlöse. Unter deren Verteilung nach langem Gezänk – man erinnere sich an Rummenigges G-15-Treffen – nun ein Knopf gemacht werden kann. Somit können sich die deutschen Fußballbosse dem nächsten wichtigen Thema widmen: Der Taskforce zur Zukunft des Profifußballs. Die kommerzkritischen Fans haben sie mit dem neuen Verteilerschlüssel jedoch nicht überzeugt. Als „absolut enttäuschend“ bezeichnete das Fanbündnis „Unsere Kurve“ den Entschluss und erklärte: „Wir können keine substanziellen Veränderungen erkennen.“ Die gleichmäßigere Verteilung entpuppe sich nur als vorübergehende Corona-Hilfsmaßnahme.

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