TV-Krimi „Das Quartett: Das Mörderhaus“ Fliegengewichte im Ring

Die neue Folge der Krimireihe „Das Quartett“ hat Probleme. „Das Mörderhaus“ beruht auf einem Drehbuch von Friedrich Ani – aber dessen Qualitäten setzen sich nicht durch.
Stuttgart - Friedrich Ani ist einer der interessantesten Krimiautoren Deutschlands. Wer keinen seiner Romane gelesen hat, kann dieses Urteil vielleicht anhand der Drehbücher zu „München Mord“ bestätigen, einer Reihe, die sich eigenwillig vom Gros der TV-Krimis abhebt. Nicht so richtig entdecken kann man Ani allerdings in der ZDF-Reihe „Das Quartett“, deren zweite Folge „Das Mörderhaus“ eine habhafte Geschichte in oft sterile Bilder bringt.
Das Leben, wie vom Lauschen an der Wand bezeugt: Das findet man oft bei Ani. Die vier Polizisten des Quartetts, zwei Frauen, zwei Männer, ermitteln in Leipzig, nicht in München. Diesmal bekommen sie es mit einer bunt gemischten Hausgemeinschaft zu tun. Oben liegt jemand erstickt im eigenen Zuhause. Der Zimmergrillunfall eines Besoffenen? Unten in der Waschküche liegt eine Erschlagene. Eine Eifersuchtstat, ein eskalierter Nachbarschaftsstreit, der Schlusspunkt einer Stressbeziehung? Die Befragungen ergeben vorerst nur über eines Klarheit: Hier wird viel gelogen.
Martin Brambach groß in Form
Die Charaktere der Hausbewohner sind auf dem Papier gewiss klassische Ani-Figuren mit ihren Brüchen, ihren Schrullen, ihren bösen Seiten, für die sie einem leidtun können. Auch die Besetzung von „Das Mörderhaus“ liest sich vielversprechend: Unter anderen Martin Brambach, Bernd Michael Lade und Robert Stadlober spielen die angeschlagenen Herren im Haus. Aber nur Martin Brambach läuft zu großer, wirklich ganz großer Form auf als arbeitsloser Installateur, der mit allem hadert und sich der Polizei gegenüber so bockig, ängstlich und anklagend verhält, als habe er in jungen Jahren in der DDR traumatisierende Erfahrungen mit der Staatsmacht gemacht. Szenen, in denen andere hier mit Brambach spielen, wirken oft so, als schnippe da ein Schwergewichtsboxer versehentlich durch die Seile gestiegene Fliegengewichtler aus dem Ring.
Die Ermittler (Anja Kling, Annika Blendl, Shenja Lacher und Anton Spieker) wirken blass, seltsam unverwurzelt, als seien sie aus irgendeiner „Soko“-Folge herübergeweht und halb darauf gefasst, schon mitten im nächsten Satz in eine andere austauschbare Krimiserie hinübergewirbelt zu werden. Ein Teil des Schadens ist der Digitalkamera zu verdanken, deren helle, scharfe Bilder zum charakterlos Properen neigen, was hier nicht unter Kontrolle kommt. Man erkennt sogar die Lippenschminke und glaubt nicht mehr, was diese Münder sagen.
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