Die Komödie „Matze, Kebab und Sauerkraut“ im ZDF meint es sehr gut mit uns und ihren Figuren: Juden, Araber und Bayern kabbeln sich ganz freundlich. Nur der Witz bleibt dabei auf der Strecke.

Stuttgart - Komm mir nicht mit politisch korrekt und so!“, mahnt die seit Jahrzehnten in Deutschland lebende Palästinenserin Melek Abu Yazid (Siir Eloglu) ihre deutsch-jüdische Freundin Rachel Hirschmann (Andrea Sawatzki). Die Muslima Melek hat nämlich gerade zum Auftakt von „Matze, Kebab und Sauerkraut“ eine etwas rücksichtlos radelnde Blondine als „blöde Kafira“ beschimpft, als „blöde Ungläubige“.

 

Rachel tadelt das zwar amüsiert, präsentiert aber auf Meleks spielerisch aufgebrachte Frage „Was soll ich denn sonst sagen?“ die Alternative „Sauerkraut!“. Damit wäre das Weltbild dieser sehr deutschen, also auch im Spaß stets ernsthaft erziehungsbemühten Kulturversöhnungskomödie schon mal an die Tafel gepinnt: Die ethnischen und religiösen Minderheiten verstehen sich miteinander ganz prächtig, Schwierigkeiten macht allenfalls die Mehrheitsgesellschaft.

Die Frauen haben das Sagen

Die den Nahostfrieden schon mal vorbildlich vorauslebenden Damen spotten dann noch ein wenig über ihre Söhne Noah (Franz Dinda) und Hakim (Omar El Saeidi). Die beiden jungen Männer sind beste Freunde, immer schon gewesen. In der Ironie der Mütter wird klar, dass in diesen Familien die Frauen das Sagen haben und die Männer als nicht so richtig lebenstüchtig gelten.

Ein dank der steten Pralinenbüfettniedlichkeit der Bildgestaltung nie ganz ernst zu nehmender Konflikt bricht auf, als sich Noah und Hakim in dieselbe Frau verlieben, in Charlotte (Christine Eixenberger), eine blonde Christin aus Bayern. Die Jungs konkurrieren nun heftig miteinander. Die Mütter aber brechen in Sorge um Traditionen, Werte und Familienzusammenhalt aus und wollen unbedingt eine andere Anwärterin auf die jeweilige Schwiegertochterstelle.

Bloß keine Missverständnisse

Mit dem, was der Drehbuchautor Timothy Tremper und der Regisseur Christoph Schnee versuchen, muss man eigentlich sympathisieren – mit wohlmeinender Ironie, die zu Verständnis, zu Toleranz, aber auch zu Wachsamkeit gegenüber den eigenen Denkverhärtungen aufruft. Aber alles ist so auf putzig gebürstet, dass es völlig wirkungslos bleibt. Jede Szene wird so abgepolstert, dass sich niemand an einem Missverständnis stoßen kann.

Wenn seine Oma Noah ein paar Backpfeifen verpasst, ist das sowieso schon weniger frech als der Spott über die resoluten Lebensmanagementmethoden jüdischer Frauen in US-Komödien. Es fügt sich eher in ein Dauerthema öffentlich-rechtlicher Abendunterhaltung: Opa und Oma haben da immer noch ganz viel mitzubestimmen im Familienleben. Für alle Fälle aber erklärt Noah: „Das ist bei jüdischen Großmüttern so. Das ist für die wie ein Kuss.“

Auch Cinderella wird erklärt

Noch der kleinste Gag wird auch dort abgesichert und erklärt, wo es nicht um Kulturspott geht. Kaum haben Hakim und Noah Charlotte kennengelernt, platzt deren geplante Hochzeit. Als Charlotte der Feier davonläuft, wirft sie ihre Schuhe nach hinten, Noah und Hakim fangen je einen. Das ist nicht so lustig inszeniert, wie Jerry Lewis es hinbekommen hätte, aber ganz kaputt geht das Zitat erst, als die beiden Freunde im Auto nach Charlotte suchen und Noah für alle, die nicht aufgepasst haben, das große Licht anzündet: „Da, da ist sie! Wie Cinderella, die aus dem Märchen!“ Damit nun wirklich nichts schiefgeht, korrigiert Hakim für jene, die eher Grimms Märchen lesen als Disney-DVDs schauen: „Du meinst Aschenputtel!“

Ausstrahlung: Donnerstag, 29. Oktober 2020, 20.15 Uhr. Bereits vorab in der ZDF-Mediathek und dort bis 29. Januar 2021 abrufbar.