Die großen Sender wie ARD, ZDF, RTL, Sat 1, ProSieben verlieren seit einigen Jahren Marktanteile, weil sich die Fernsehlandschaft immer stärker fragmentiert. Mit dem ProSieben-Ableger Maxx startet schon wieder ein neuer Sender mit speziellen Inhalten.

Stuttgart - Die deutsche Fernsehlandschaft erinnert zunehmend an die Entwicklung großstädtischer Fußgängerzonen. Im Zentrum gibt es ein paar Generalisten, die schon immer da waren; hier bekommt man alles, was das Herz begehrt. Drumherum haben sich im Lauf der Jahre immer mehr Spezialisten dazu gesellt. Viele scheinen auf den ersten Blick die gleiche Ware anzubieten, zum Beispiel Kleidung, aber der Unterschied liegt im Detail; Teenager kaufen in der Regel nicht im gleichen Geschäft wie ihre Mütter. Umgekehrt schon eher – und auch dieses Phänomen lässt sich im TV-Markt beobachten. Ein deutscher Haushalt kann mittlerweile im Schnitt achtzig Programme empfangen. Den großen fünf, die „schon immer“ da waren – ARD, ZDF, RTL, Sat 1, ProSieben –, ergeht es seit einigen Jahren ähnlich wie den Traditionskaufhäusern: Sie verlieren Marktanteile, weil sich die Fernsehlandschaft immer stärker fragmentiert.

 

Mit der Etablierung erster Ableger wie Vox, Kabel 1 oder RTL2, den Sendern der zweiten Generation, schien sich der Markt konsolidiert zu haben. Doch dann stellten die beiden großen kommerziellen Blöcke RTL und ProSiebenSat 1 fest, dass sie nicht alle Zielgruppen erreichten. Aufgrund der Festlegung auf die kaufkräftigen Zuschauer zwischen 14 und 49 Jahren, die nicht so markenfixiert sind wie angeblich ihre Eltern, hatten sich die Privatsender ohnehin schon beschränkt. Deshalb erschuf sich Sat 1 zu Beginn des Jahres mit Sat 1 Gold eine ältere Schwester, die sich an Zuschauerinnen zwischen 49 und 64 Jahren richtet, an die „Best Ager“, wie sie im Marketingdeutsch heißen. Und auch ProSieben bekommt Zuwachs, denn nun darf ein großer Bruder mitmischen: ProSieben Maxx richtet sich an Männer zwischen 30 und 59 Jahren. Vorbild ist das im April 2012 gestartete RTL Nitro. Während es die großen Sender weitgehend vermeiden, Programm nur für Männer zu zeigen, setzen sich Nitro und Maxx in genau dieser Hinsicht von der Konkurrenz ab. „Fernsehen für Helden“ lautet der Slogan des RTL-Ablegers, und auch in der Reklame für Maxx ist oft von Helden die Rede.

Der Mittag gehört den Kindern

Da Männer laut Medienforschung tagsüber eher selten fernsehen, ist der Nachmittag bei Maxx fest in Kinderhand. Gestaltet wird das Programm vom Münchener Medienunternehmen Mainstream Media, das im Spätsommer eigentlich den neuen Kindersender Yep! starten wollte; diese Pläne haben sich durch die strategische Zusammenarbeit mit Maxx erledigt. Das Programm sollte sich vor allem an Jungs richten, und so sieht nun auch die unter der Marke Yep! zusammengefasste Nachmittagsstrecke aus: Den „kleinen Helden“ bietet Maxx unter anderem japanische Serien wie „Pokémon“ und „Yu-Gi-oh!“ sowie Zeichentrickversionen von „Spider-Man“ und „Men in Black“.

Interessanter sind allerdings die Kooperationen im dokumentarischen Bereich: Hier versorgt sich Maxx mit Dokumentationen der ZDF-Handelstochter ZDF Enterprises (mittags) sowie der BBC (mittags und am Vorabend). Das Programm soll ohnehin ausdrücklich kein Sender für die Zweitverwertung sein. Natürlich gibt es auch Wiederholungen, aber gerade Minisender brauchen ein Alleinstellungsmerkmal, das sie aus der Vielzahl der Konkurrenzprogramme herausragen lässt. Maxx wagt es daher als erster kommerzieller Sender, amerikanische Serien im Original mit Untertiteln zu zeigen. Den Auftakt macht heute Abend „Homeland“. Die CIA-Serie lief im Frühjahr schon bei Sat 1. Am 5. September folgt die Erstausstrahlung von „Episodes“ (21.25 Uhr), eine Satireserie aufs Fernsehgeschäft mit „Friends“-Star Matt LeBlanc. Ebenfalls neu und gleichfalls in der Originalversion zeigt Maxx die britische Serie „Spy“ (5. September, 22.25 Uhr), in der ein alleinerziehender Vater eher zufällig beim Geheimdienst anheuert.

Hauptsache die Zuschauer bleiben bei der Senderfamilie

Bleibt noch die Frage, ob sich solche Bonsaisender überhaupt rechnen. Selbst wenn RTL Nitro in den knapp 18 Monaten seiner jungen Geschichte ein beachtliches Wachstum erlebt hat: Der Marktanteil liegt bei bloß einem Prozent Marktanteil; und für wenig Publikum gibt es selbstredend auch nur wenig Werbegeld zu verdienen. Andererseits können die Spots natürlich zielgruppengenauer geschaltet werden. Außerdem kostet es nicht viel, die Sender zu betreiben; personeller und technischer Aufwand sind überschaubar, viele der gezeigten Sendungen sind schon bezahlt. Aber das wichtigste Argument ist womöglich ein anderes: Wenn die Zuschauer schon umschalten, dann nach Möglichkeit zu einem Programm, das ebenfalls zur Senderfamilie gehört.