Der 38-Jährige wird bei dem Stuttgarter Handball-Bundesligisten, der das letzte Saisonspiel gegen die HSG Wetzlar mit 26:36 verlor, von der Interims- zur Dauer-Trainerlösung. Gleichzeitig bekommt die Geschäftsführung eine Doppelspitze: Schweikardt bleibt für den sportlichen Bereich zuständig, ein Fachmann für Marketing und Finanzen wird gesucht.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Stuttgart - Jürgen Schweikardt war im Stress am Sonntag. Denn die letzte Saisonbegegnung des Handball-Bundesligisten TVB Stuttgart hatte ein Vorspiel der nicht ganz unbedeutenden Art. Die Verantwortlichen des Vereins präsentierten den Trainer für die nächste Saison. Der neue ist auch der alte: Jürgen Schweikardt, der aber quasi zum Einstand seiner Vertragsverlängerung mit dem TVB eine deutliche 26:36 (11:20)-Heimniederlage gegen die HSG Wetzlar kassierte.

 

„Das war vor einem halben Jahr so nicht abzusehen“, sagte Schweikardt zu der Personalentscheidung, „die Situation hat sich so ergeben.“ Damit sind die vergangenen dreieinhalb Monate gemeint, die sportlich so ordentlich gelaufen sind, dass der Klassenverbleib vor drei Wochen schon vorzeitig unter Dach und Fach war. Dies war Mitte Februar nicht unbedingt zu erwarten, als sich der Verein nach zehn Niederlage nacheinander von Markus Baur getrennt hatte – und Schweikardt einsprang. Inzwischen scheint der 38-Jährige durchaus wieder Gefallen gefunden zu haben an dem Job auf der Bank, den Schweikardt ja schon nach seiner Spielerkarriere bis zum Bundesliga-Aufstieg im Jahr 2015 ausgeübt hatte. „Ich habe immer gesagt, ich bin Handballer aus Leidenschaft“, gab Schweikardt auf der Pressekonferenz am Sonntag ehrlich zu.

Mannschaft und Gesellschafter sprechen sich für Schweikardt aus

Doch das ist nur die eine Seite der Medaille. Zu einem Vertrag gehören immer zwei. „Wir hatten eine interessante Gemengelage“, sagte Christian May als Sprecher der Gesellschafter zu der Trainerfindungsphase. Soll heißen: Aus der Mannschaft, dem Umfeld und auch bei den Gesellschaftern sei die Überlegung gereift, dass aus der Interims- eine Dauerlösung wird. Drei Jahre, Vertrag bis Juni 2021 – das ist heutzutage eine lange Zeit im Sport, verbunden mit der Gefahr, dass es mal nicht so läuft. „Wir sind uns des Risikos bewusst“, sagt May, „aber nur mutige Entscheidungen bringen uns nach vorne.“ Und nach vorne will der TVB.

Denn Schweikardt wird zwar in Personalunion auch Geschäftsführer Sport bleiben, aber als Doppelspitze mit einem weiteren Mann an seiner Seite, der vor allem für die Bereiche Vermarktung und Finanzen zuständig sein soll. „Wir sind bereits in Gesprächen und wollen natürlich schnellstmöglich eine Entscheidung“, sagte May. Dies wäre in beiderseitigem Interesse. Zumal sich der Gesellschafter davon neue Impulse erhofft, „die wir brauchen, wenn wir den nächsten Schritt machen wollen“.

Der Blick geht Richtung Mittelfeld

Wie der aussieht? Trainer Schweikardt hält den Ball flach – auch um sich nicht selbst zu sehr unter Druck zu setzen: „Wir wollen uns in Richtung Mittelfeld orientieren und nicht wieder so lange gegen den Abstieg spielen“, sagte er und fügte hinzu: „Das kann in der nächsten Saison aber nicht heißen: einstelliger Tabellenplatz.“

Dieses Mal wurde es Platz 14 – wie im Vorjahr. Die Mannschaft steht schon, mit einer – nicht ganz unwichtigen – Ausnahme. Torhüter Johannes Bitter, der sich gerade von seiner Bandscheiben-OP erholt, hat noch keinen neuen Vertrag. „Es sind noch ein, zwei Fragen zu klären“, sagte Schweikardt, ohne ins Detail zu gehen, „aber ich gehe nicht davon aus, dass wir einen Plan B brauchen.“

Gegen die HSG Wetzlar enttäuscht das Team

Der wäre am Sonntag durchaus wünschenswert gewesen, als die Mannschaft vor den 2251 Zuschauer in der ausverkauften Scharrena – wie schon im Derby gegen FA Göppingen – enttäuschte. Nichts ging mehr (mit Ausnahme von Kraus 10/4 Tore), hieß es am letzten Spieltag dieser Bundesliga-Saison.

„Uns haben nach hinten raus etwas die Körner gefehlt, auch mental“, meinte Schweikardt, während Gäste-Coach Kai Wandschneider lobte: „Toll, wie das Publikum die Mannschaft trotzdem verabschiedet hat, dann tut die Niederlage nicht so weh.“ Widerspruch von Schweikardt: „Doch die tut weh, das haben die Zuschauer nicht verdient.“