Zu viele Nutzer wissen nicht, wofür Twitter gut sein soll – sagte der Twitter-Gründer und Interimschef Jack Dorsey bei der Präsentation der Quartalszahlen. An der Börse kam das gar nicht gut an.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Zu viel Ehrlichkeit schadet – jedenfalls auf einer Pressekonferenz zu den aktuellen Quartalszahlen. Diese Lektion hat jetzt der Interims-Chef von Twitter, Jack Dorsey, lernen müssen. Neue Angebote des Kurznachrichtendienstes hätten noch nicht zu nennenswert mehr Nutzern geführt, sagte er: „Das ist nicht akzeptabel und wir sind damit nicht glücklich.“

 

Angesichts dieser Worte ging die positive Umsatzentwicklung unter. Ein Plus von 61 Prozent bei den Erlösen im Vergleich zum Vorjahr hatte zuvor im nachbörslichen Handel den Aktienkurs um bis zu elf Prozent nach oben getrieben – danach rasselten die Aktien nach unten. Die geringer als im Vorjahr ausgefallenen roten Zahlen in Höhe von 137 Millionen Dollar (umgerechnet 124 Millionen Euro) spielten hier keine Rolle.

Allein die Tatsache, dass Dorsey so offen auf das niedrige Nutzerwachstum von 308 auf 316 Millionen in diesem Jahr hinwies, reichte für einen kräftigen Kursrutsch. Die Papiere büßten in den USA 14,5 Prozent auf 31,23 Dollar ein und fielen damit auf den tiefsten Stand seit Mai 2014.

Holprige Öffentlichkeitsarbeit hat fast Tradition

Solche Kommunikationspannen ist man von Twitter inzwischen fast schon gewohnt. Ende April schaffte man mit ausgerechnet per Tweet versendeten voreilig publizierten, enttäuschenden Zahlen zum ersten Quartal schon einmal, die Aktie auf Talfahrt zu schicken.

Damals ging es für die Twitter-Aktie um fast 20 Prozent nach unten. Der Twitter-Gründer Dorsey dürfte mit seinen Aussagen die Chance, vielleicht doch den Anfang Juli überraschend zurückgetretenen bisherigen Chef Dick Costolo zu beerben, nicht gesteigert haben.

Die auf den ersten Blick leichtfertig provozierte Talfahrt an der Börse könnte aber auch Hintergedanken haben. Je weiter der Twitter-Kurs vor dem Amtsantritt eines neuen Chefs heruntergeprügelt wird, umso deutlicher könnte der dann die Wende ausrufen.

Die Börse neigt zum Hype

Der Kursrutsch relativiert sich auch dadurch, dass die Aktie auf einen Stand zurückfiel, auf dem sie schon im vergangenen Sommer lag. Auch Anfang dieser Woche dümpelte sie zeitweise unter 34 Dollar. Die Hysterie der Wall Street ist nicht zu unterschätzen: Nach einem vor zwei Wochen kurzzeitig im Netz kursierenden, gefälschten Übernahmeangebot für Twitter sprang der Kurs um acht Prozent nach oben.

Letztlich leidet Twitter unter anderen Kommunikationsproblemen. „Wir müssen unseren Dienst vereinfachen, um den Nutzen von Twitter schneller zu liefern. Und wir müssen diesen Nutzen besser kommunizieren“, sagte Dorsey bei der Bilanzpräsentation. Der Schlüssel zu Twitter sind nämlich nicht die in 140 Zeichen gepackten Weisheiten, sondern die Möglichkeit, sich mit Menschen zu vernetzen, die eine wichtige Nachrichtenquelle sein können.