Mit der Verlängerung der U12 entsteht eine schnellere Direktverbindung vom Nordosten in die Mitte und in den Südwesten der Stadt. Der SSB-Chefplaner ist besonders von einem Haltepunkt begeistert.

Stuttgart - Auf dem Hallschlag war bisher Endstation für die Stadtbahnlinie U12. Oder Startpunkt, je nach Fahrtrichtung. Vom 9. Dezember an aber ist Schluss mit der Randlage des Cannstatter Stadtteils beim kommunalen Schienenverkehr, denn dann wird die geschlossene Lücke zwischen dem Hallschlag und dem Neckarknie an der Aubrücke in Münster offiziell in Betrieb genommen. In Verbindung mit dem ebenfalls ab dem 9. Dezember wirksamen Schwenk der Linie unterm Europaviertel hindurch verkürzt sich die Fahrzeit vom Nordosten der Stadt in die City um fünf Minuten.

 

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Insgesamt 200 Millionen Euro hat die Verlängerung samt dem Neubauabschnitt in Stuttgart Nord gekostet, wovon 60 Prozent der Bund und je 20 Prozent das Land und die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) zu schultern haben. Das macht 40 Millionen Euro pro Minute verringerter Fahrtzeit. Dass dies aber eine verkürzte Sicht auf die Verlängerung der U12 wäre, machten Verantwortliche der SSB auf einer Probefahrt vor dem offiziellen Start in einer Woche deutlich. „Wir gewinnen damit eine direkte Längsverbindung durch die Stadt, die von Remseck über den Hauptbahnhof bis nach Dürrlewang auf den südwestlichen Fildern führt“, betonte der Vorstandssprecher der SSB, Wolfgang Arnold.

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Trasse veräuft zum Teil auf einstiger Straße

Neben dem Zugewinn an Schnelligkeit wurde dann mehrfach ein anderer Effekt hervorgehoben: die Entlastung der Stadtbahnachse, die mit der U14 am Neckar entlang über Cannstatt führt. Ein Effekt, der bei der Probefahrt der U12 von Mühlhausen sehr anschaulich wurde, als die Bahn nicht, wie bei der U14 gewohnt, nach der Aubrücke nach links schwenkt, sondern geradeaus in die neue, 480 Meter lange Röhre steuert. Als dann Licht am Ende des Tunnels sichtbar wird und die Testbahn in den neuen Halt Bottroper Straße einfährt, lässt der SSB-Systemplaner Volker Christiani seiner Begeisterung freien Lauf: „Diese neue Achse ist eine echter Durchbruch, ein richtiger Quantensprung. Mit den 80-Meter-Zügen dieser Linie bekommen wir wieder richtig Luft ins Netz, denn die U14 ist im Berufsverkehr proppenvoll.“

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Zudem symbolisiert für ihn die neue U12, die tagsüber im Zehn-Minuten-Takt verkehren wird, „einen allmählichen Wechsel in den Perspektiven der Verkehrspolitik. Denn die Trasse verläuft zu einem maßgeblichen Teil im Verlauf einer Straße, die einst für viel mehr Autos erbaut wurde“. Gemeint ist die einst vierspurige Löwentorstraße, die 2013, als die U12 auf den Hallschlag kam, auf zwei Spuren plus Fahrradstreifen rückgebaut wurde. Nebenbei entsteht über den Charlottenplatz eine Verbindung zwischen dem Längs- und Quernetz der SSB, was dieser auch die Verteilung der Fahrzeuge vom Betriebshof Remseck aus erleichtert.

SSB: Pragfriedhof war von Anfang an Provisorium

Schluss mit der Probefahrt war dann am Milchhof, denn die direkte Verbindung zum Europaviertel und unter der Stadtbibliothek hindurch muss im Straßenbereich im Laufe der kommenden Woche erst noch hergestellt werden. Der Blick galt dann dem zweiten großen Bauwerk zur Realisierung der Direktverbindung, der 145 Meter langen Brücke über die Wolframstraße. Auf der Brücke befindet sich auch die neue Haltestelle Budapester Platz, deren Bedeutung wiederum von Volker Christiani einsortiert wurde: „Das ist ein unheimlich spannender Bereich, denn hier findet die Verknüpfung des Stadtbahnausbaus mit der Entwicklung eines völlig neuen Siedlungsgebietes statt, für das die U12 die Erschließungsachse in den ÖPNV darstellt.“

Mit Blick auf das A1-Areal, das heutige Gleisvorfeld der Deutschen Bahn AG, auf dem im Zuge von Stuttgart 21 ein neues Quartier entstehen soll, meinte Christiani: „Hier sind wir der Stadtentwicklung noch ein schönes Stück voraus.“ Dass mit dem Schwenk der U12 ins Europaviertel zugleich die Trasse durch die Friedhofstraße und damit die Haltestelle Pragfriedhof aufgegeben wird, was Proteste gezeitigt hatte, beschied er mit dem Hinweis, das sei „von Anfang an ein Provisorium gewesen“. Der Rückbau soll im ersten Quartal des kommenden Jahres beginnen.