Wenn es um den Klimawandel geht, überwiegen die schlechten Nachrichten. Unser Autor hat sich deswegen nach positiven Ausnahmen umgesehen.

Psychologie/Partnerschaft: Florian Gann (fga)

Stuttgart - Der Klimawandel lässt uns nicht so richtig los. Kipppunkte, Temperaturrekorde, Polarkälte im April: Die Negativschlagzeilen brennen sich Woche für Woche in unsere Köpfe. Diese kritischen Nachrichten über aktuelle Entwicklungen sind wichtig, können aber auch den Blick für konstruktive Lösungen vernebeln, im schlimmeren Fall auch zur Klima-Angst führen.

 

Heute machen wir deswegen mal Pause vom schlechten Gewissen und schauen uns Projekte und Entwicklungen an, die rund um das Thema Klimaschutz gerade gut laufen. Manches davon klingt gut, ist aber noch ein ganzes Stück weit davon entfernt, in unseren Alltag zu finden. Manches mag unerwünschte Nebenwirkungen haben. Aber darauf will ich mich heute nicht konzentrieren. Ich will nichts schönschweigen, sondern ausnahmsweise einen unverstellten Blick auf Potenziale ermöglichen.

Bäume und Pflanzen sind wie kleine natürliche Kraftwerke gegen die Erderwärmung. Sie wandeln durch die Fotosynthese Kohlendioxid in Sauerstoff um, und weniger Kohlendioxid in der Erdatmosphäre bedeutet weniger Erderwärmung. Weil die Bäume aber nicht ganz so fleißig CO2 umwandeln, wie wir Menschen CO2 erzeugen, könnten wir selbst zu so etwas wie wandelnden Bäumen werden.

Ein T-Shirt, das wie ein Baum funktioniert

Die Designer*innen vom Londoner Post Carbon Lab haben eine Beschichtung für Kleidung entwickelt, die Fotosynthese betreibt. Sie versetzen dazu Textilien mit Mikroorganismen. Die Klamotten brauchen dann immer ein wenig Licht und müssen regelmäßig befeuchtet werden, wie Lab-Mitgründerin Dian-Jen Lin gegenüber dem Magazin Enorm sagte. Das ist zwar komplizierter, als einfach ein neues T-Shirt im nächsten Shop zu kaufen, aber auch nicht viel schwieriger, als ein Stück Sauerteig am Leben zu halten. Im Idealfall produziere ein T-Shirt so viel CO2 wie eine sechs Jahre alte Eiche, sagt Dian-Jen Lin, und das einfach nebenbei, egal, was man gerade macht.

Es gibt auch andere Methoden, um CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen. Schon seit längerer Zeit wird von Carbon Capture and Storage (CCS) gesprochen. Bei dem Verfahren wird etwa in Schornsteinen von Fabriken und Kraftwerken das CO2 abgeschieden – und somit quasi abgefangen, bevor es in die Atmosphäre entweicht. Dazu wird am oberen Ende des Schlots ein Gemisch aus Wasser und sogenannten Aminen – einer organischen Verbindung - zerstäubt.

Wenn die Tröpfchen des Gemischs im Schlot abwärts fallen, bindet die Flüssigkeit das CO2. Es kann dann, so berichtet es die Z eit, entweder in der chemischen Industrie eingesetzt oder unter der Erde gespeichert werden – in ehemaligen Erdgasfeldern unter der Nordsee passiert das bereits. Das ist zwar teuer, laut dem Wissenschafts-Leitmedium Science soll sich das Verfahren aber dem praktikablen Einsatz nähern. Auch die direkte Absonderung von CO2 aus der Luft ist möglich (Direct Air Capture). Das ist aber noch aufwendiger.

Solarkraft, die AKW in den Schatten stellt

Carbon Capture benötigt viel Energie, die aber immer öfter aus erneuerbaren Quellen kommt. Zumindest in Deutschland kam fast die Hälfte des verbrauchten Stroms in Deutschland im Vorjahr aus erneuerbare Quellen. Weltweit beträgt der Anteil, je nach Quelle, zwischen fünf und 13 Prozent.

Gerade bei Photovoltaik-Anlagen werden immer wieder neue Größenrekorde aufgestellt. Zu den größten zählen etwa der Solarpark Benban in Ägypten (etwa 1800 Megawatt Leistung), ein Solarkraftwerk in der chinesischen Provinz Qinghai (2200 Megawatt) oder im indischen Bhadla (2245 Megawatt). Zum Vergleich: das Atomkraftwerk Neckarwestheim 2 kann etwa 1400 Megawatt liefern, andere deutsche AKW liegen ähnlich. Die genannten Solarkraftwerke liegen in Wüsten, wo die Sonneneinstrahlung stark ist und die Fläche ohnehin nicht für den Anbau von Nahrungsmitteln genutzt werden könnte. Für die jeweiligen Länder ist es dazu eine mögliche Einnahmequelle.

Ein Akku für 28.000 Jahre

Viel von dem Strom fließt vermutlich in Geräte, die dann per Akku betrieben werden. In Handys lassen die oft nach zwei Jahren massiv nach. Ein kalifornisches Start-up hat indes einen Diamant-Akku aus nuklearem Abfall entwickelt, der 28.000 Jahre halten soll, wie der Standard berichtete. Antreiben soll dieser aber keine Smartphones, sondern Uhren und Sensoren.

Und sonst? Eine Gruppe von Anwält*innen und Aktivist*innen arbeitet daran, dass Umweltzerstörung nicht ungestraft bleibt und vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag als Ökozid geahndet werden kann. Die EU und die USA haben sich dazu bekannt, bis 2050 klimaneutral zu sein. Deutschland hat eine CO2-Bepreisung eingeführt, ein Instrument, das viele Expert*innen als wirksam einschätzen, zumindest wenn die Preise noch ein Stück anziehen. Und ein Aktivist hat in Panama ein Dorf aus Plastikflaschen gebaut, die er aus dem Meer gefischt hat. Und dass es eine grüne Kanzlerkandidatin gibt, schadet aus Klima-Perspektive bestimmt auch nicht.

Welche Entwicklungen oder Projekte rund um den Klimaschutz geben dir Hoffnung? Schreib mir doch gerne dazu auf florian.gann@stzn.de.

Florian Gann versucht, Nachhaltigkeit in seinen Alltag einzubauen. Er weiß aber auch: individuelles Handeln löst nicht alle Probleme, die großen Würfe in Sachen Klimaschutz können nur über die Politik funktionieren.