Ausländische Investoren haben 2016 mehr deutsche Unternehmen übernommen als je zuvor. Am Ende dürften es mehr als 850 Deals sein.

Wirtschaft: Imelda Flaig (imf)

Stuttgart - Deutsche Unternehmen sind bei ausländischen Investoren beliebt. Allein bis Mitte November zählte die Unternehmensberatung PwC 756 Übernahmen. Damit wurde der Rekordwert aus dem Vorjahr (728 Transaktionen) schon nach zehneinhalb Monaten übertroffen. Endgültige Zahlen fürs Gesamtjahr liegen zwar noch nicht vor, doch rechnet PWC-Übernahme-Experte Steve Roberts für 2016 insgesamt mit deutlich mehr als 850 Übernahmen. Das wäre eine Steigerung um 20 Prozent. „Bemerkenswert ist, dass deutsche Unternehmen auch für Investoren aus Schwellenländern immer interessanter werden. So kamen 2015 noch 60 Prozent aller Käufer aus einem der sieben großen Industrieländer – dagegen waren es 2016 nur noch 45 Prozent“, sagt Roberts.

 

Technologiefirmen sind besonders gefragt

Besonders spektakulär entwickelte sich laut PwC die Zahl der Übernahmen in derTechnologiebranche. Bis Mitte November waren bereits 141 Transaktionen vollzogenoder wenigstens angekündigt – was in etwa einer Verdopplung binnen dreiJahren gleichkommt (2013 waren es insgesamt 78 Übernahmen). Der größte Tech-Deal war der Einstieg des niederländischen ASML-Konzerns bei der Carl-Zeiss-Tochter SMT für eine Milliarde Euro. Vor allem Finanzinvestoren hätten den deutschen Technologiesektor für sich entdeckt. Hier hat sich die Zahl der Tech-Deals seit 2013 sogar mehr als verfünffacht. Den Finanzinvestoren gehe es nicht nur um die Firmen als solche. „Stattdessen setzen sie darauf, dass ihr gesamtes Portfolio von den Technologien made in Germany profitiert – und dass sich dadurch entsprechende Synergien schöpfen lassen“. sagt Roberts.

Überhaupt ist Deutschland für Finanzinvestoren ein Zielmarkt. Gemessen an sämtlichen Übernahmen deutscher Unternehmen durch ausländische Investoren liegt deren Anteil mittlerweile schon bei stattlichen 35 Prozent. Als Gründe dafür sieht Roberts unter anderem die Stabilität der hiesigen Wirtschaft und die große Bandbreite an spannenden Mittelständlern.

Chinesen auf dem Vormarsch, Briten fallen zurück

Wie in den Vorjahren stemmten US-Investoren auch 2016 die meisten Deals in Deutschland; bis Mitte November waren es 136. Allerdings ging ihrAnteil deutlich von 25 Prozent auf nur noch 18 Prozent zurück. Auf den Plätzen zweiund drei folgten die Schweiz (78 Deals) und Frankreich (71 Deals). China liegt mit 70Transaktionen mittlerweile schon auf Rang vier, während Großbritannien mit nurnoch 68 Übernahmen von Rang zwei auf Rang fünf abrutschte.

Mit 188 Deals standen Unternehmen aus der industriellen Produktion ganz oben auf dem Kaufzettel derausländischen Investoren. Dagegen landete die Handels- und Konsumgüterbranche mit 142 Deals auf Platz zwei, ganz knapp nur noch vor der Technologieindustrie. Den deutlichsten Rückschlag verzeichnete die Immobilienbranche, die es bis Mitte November nur auf 54 Deals brachte. Das könnte ein Indiz sein, dass die Kaufpreise in der Branche mittlerweile recht hoch seien, so der PwC-Experte.

Kuka-Übernahme war größter Deal

Auch wenn es 2016 deutlich mehr der Übernahmen gab, der durchschnittlicheTransaktionswert war mit 213 Millionen Euro geringer als im Vorjahr mit 280 Millionen Euro. Der größte Einzeldeal war die 4,1 Milliarden Euro schwere Übernahme des Roboterherstellers Kuka durch die chinesische Midea Group. Es folgten mit 3,3 Milliarden Euro der Kauf des ImmobilienunternehmensOffice First durch den US-Finanzinvestor Blackstone sowie die 2,9 Milliarden Euroteure Übernahme des Spezialchemieunternehmens Atotech durch Finanzinvestor Carlyle.