Mit dem Erwerb des Einkaufszentrums besitzt die BBG drei große Areale in der Unterstadt, auf denen vor allem Wohnraum geschaffen werden soll. Die Verwaltung hat allerdings auch einen optimalen Platz für ein Bürger- und Kulturhaus gefunden.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Böblingen - Für Wolfgang Lützner ist der überraschende Deal „ein ganz wichtiger Meilenstein für die Entwicklung der Unteren Stadt“: Die Böblinger Baugesellschaft (BBG) habe das City-Center gekauft, hat der Oberbürgermeister am Mittwoch bekanntgegeben. Über den Preis wurde mit dem Eigentümer Stillschweigen vereinbart. Spätestens zum 31. Juli 2020 übergibt die niederländische Fondsgesellschaft das Gebäude an die städtische Tochtergesellschaft. Dann soll es abgerissen werden.

 

Damit besitzt die BBG rund um die Bahnhofsstraße drei große Areale: Ende 2014 hatte das Unternehmen die der Post gehörende Immobilie gekauft, in diesem Jahr kam das Seecarré an der Herrenberger Straße dazu. Zwar ist auf den Grundstücken vor allem Wohnbebauung geplant. Aber Wolfgang Lützner hat an der Talstraße auch „eine optimale Lage“ für ein Haus für Bürger und Kultur ausgemacht.

„Wir freuen uns sehr, dass uns der Kauf geglückt ist und wir den Missstand des in die Jahre gekommenen City-Centers beheben können“, erklärte Rainer Ganske. Allein an die Kontakte und die verantwortlichen Personen bei der holländischen Gesellschaft zu kommen, sei sehr schwierig gewesen. Laut dem BBG-Geschäftsführer haben sich auch mehrere Investoren für das Gebäude interessiert. Auf dem Grundstück ist eine Bebauung mit bis zu 14 Geschossen zulässig. Allein deshalb sei es wichtig gewesen, dass das Areal vom städtischen Betrieb übernommen worden sei, der die Möglichkeiten nicht voll ausnutzen werde. Sobald der Noch-Eigentümer den letzten Mieter, ein Spielcasino, zum Auszug bewogen hat, soll das 1980 gebaute Einkaufszentrum abgerissen werden. Möglicherweise räumt das Spielcasino auch vor dem vereinbarten Übergabetermin seinen Laden.

Stadt kann bei der Gestaltung mitbestimmen

An der Wolfgang-Brumme-Allee ist eine Neubebauung mit einem Mix aus Einzelhandel, Büros und deutlich mehr als 200 Wohnungen vorgesehen. Der Kauf des City-Centers durch die BBG sei für Böblingen ein großer Gewinn, befand der Oberbürgermeister. Die städtische Tochtergesellschaft besitze nun die wichtigsten Gebiete in der Unteren Stadt – und damit sei etwas geschafft worden, was ohne die BBG nicht möglich gewesen wäre. Alle drei Standorte seien als Stadteingang von großer Bedeutung. „Auf diese Weise können wir als Stadt die Ausgestaltung mitbestimmen“, erklärte er. Außerdem soll auf diese Wiese die Wohnungsnot gelindert werden, Verwaltung und Tochterfirma wollen sich dem Thema erschwingliche Mietwohnungen stellen.

An der Talstraße wäre für Wolfgang Lützner allerdings auch ein Bürger- und Kulturhaus denkbar. Darin könnte unter anderem die Städtische Galerie untergebracht werden könnte. Auch an der Musikschule läuft bereits eine Unterschriftensammlung für bessere Räume, und das Landratsamt hat Interesse am bisherigen Musikschulstandort, um seine Kapazitäten zu erweitern. Schon im kommenden Jahr solle eine Zukunftswerkstatt die Arbeit aufnehmen, um das Projekt mit Bürgerbeteiligung zu planen, kündigte der Oberbürgermeister an. Die Post hat noch einen Mietvertrag bis zum 30. Juni 2023, danach soll das Gebäude ebenfalls abgerissen werden. Wohnraum und Gewerbeflächen sind auf dem rund 6200 Quadratmeter umfassenden Gelände ansonsten geplant.

Das Seecarré ist am weitesten gediehen

Am weitesten sind die Planungen für das Seecarré, wo vielfältiger Wohnraum das Ziel ist. Die rund 100 bis 120 Wohnungen sollen kostengünstiger, geförderter Mietwohnungsbau sowie Eigentumswohnungen sein. Im Erdgeschoss soll Gastronomie untergebracht werden. Mit dem Entwurf der Gebäude sind mehrere Architekturbüros beauftragt worden. Die drei Projekte demonstrieren laut Rainer Ganske die Neuorientierung der BBG. Die Tochtergesellschaft verabschiede sich von ihrem hohen Gewerbeanteil und investiere die Einnahmen in den Wohnungsbau. „Wir erhöhen signifikant den Bestand“, sagte er. Auch am Langen See im Flugfeld wird die BBG bis zu 80 Millionen Euro für Mehrfamilienhäuser verbauen. Die architektonische Gestaltung soll über beschränkte städtebauliche Wettbewerbe ermittelt werden. Zwar nehme die städtische Gesellschaft privaten Bauunternehmen das Geschäft weg, räumte Wolfgang Lützner ein, aber anders als bei der BBG stünde bei Investoren die Gewinnerzielung an erster Stelle. Außerdem betonte der Oberbürgermeister, dass alle Grundstücke am freien Markt und im Wettbewerb erworben worden seien.