Übungsleiter in der Bundesliga Neue Mitfahrer im Karussell

Die Bundesliga-Clubs feuern ihre Übungsleiter immer schneller – und setzen immer häufiger auf weitgehend unbekannte Nachfolger. Der Trend geht zu Talenten aus dem Nachwuchs, die selbst nie Profis waren. Nur Darmstadt geht einen anderen Weg.
Stuttgart - Die erste Maßnahme von Torsten Frings in seinem neuen Leben als Bundesliga-Trainer war recht simpel und erweckte dennoch einige Aufmerksamkeit. „Um 14.44 Uhr“, so vermeldete der Sport-Informationsdienst Anfang des neuen Jahres, „stellte der 40-Jährige die ersten Übungsstangen auf.“
Inzwischen hat Frings im Dienste des SV Darmstadt 98 nicht nur viele weitere Stangen aufgestellt, sondern auch das Trainingslager in Spanien erfolgreich hinter sich gebracht. Der mit Abstand schwerste Teil seiner Aufgabe steht aber noch bevor: Der 79-fache Fußball-Nationalspieler soll den abgeschlagenen Tabellenletzten vor dem Abstieg in die zweite Liga bewahren. Als erstes Endspiel begreift Frings folglich sein Debüt an diesem Samstag (15.30 Uhr), wenn Borussia Mönchengladbach am Böllenfalltor gastiert. „Wir müssen jedes Spiel so angehen, als ob es das letzte wäre.“
Zu keinem Club hätte der Ex-Profi ohne jegliche Cheftrainer-Erfahrung besser gepasst als zum SV Darmstadt 98, bei dem nicht allein das marode Stadion an die 80er Jahre erinnert. „Aus Tradition anders“, so lautet der Slogan der Hessen, die konsequenterweise auch bei der Trainersuche nach einer Überlegung aus längst vergangenen Zeiten vorgegangen sind: Wer viele Länderspiele bestritten hat, verfügt auch über viel Erfahrung und kann demnach keinesfalls ein schlechter Trainer sein. Heraus kam Torsten Frings.
Viele ehemalige Starkicker warten bisher vergeblich
Der wortkarge Altinternationale ist damit die große Ausnahme eines Trends, der in der Bundesliga schon seit einigen Jahren zu beobachten ist. Während ehemalige Leitwölfe der Kategorie Lothar Matthäus (55), Stefan Effenberg (48) oder Jens Lehmann (47) vergeblich auf Angebote aus der Bundesliga warten und Trainer-Routiniers (und Ex-Profis) wie Thomas Schaaf (55), Armin Veh (55), Michael Frontzeck (52) oder Bruno Labbadia (50) vorerst vom Karussell gepurzelt sind, hat in vielen Vereinen eine neue Generation das Kommando übernommen: junge, innovative, topausgebildete Trainertalente, die selbst keine große Karriere als aktive Spieler gemacht haben und deshalb frühzeitig in den Nachwuchsleistungszentren der Bundesligisten als Jugendtrainer begonnen haben.
Vom „Thomas-Tuchel-Effekt“ spricht der DFB-Trainerausbilder Frank Wormuth in diesem Zusammenhang gerne, also vom Vorbild des jetzigen Dortmunder Trainers, der zuvor beim FSV Mainz 05 jahrelang bewiesen hat, dass Persönlichkeit, Intelligenz und Fachwissen wichtiger sind als ein großer Name allein. „Das hat viele Clubs mutiger gemacht und darin bestärkt, neue Wege zu gehen“, sagt Wormuth.
Immer schneller dreht sich in der Bundesliga das Trainerkarussell – ein Rekordwert sind die sieben Entlassungen, die es in dieser Saison bis zum 16. Spieltag gab. Und immer unbekanntere Leute sind es, die aufspringen. Inzwischen sind in der Bundesliga nicht weniger als 13 Trainer im Amt, für die ihr derzeitiger Arbeitgeber die erste Station im deutschen Fußball-Oberhaus ist.
Der Erfolg von Julian Nagelsmann, der vor knapp einem Jahr bei der TSG Hoffenheim den ewigen Feuerwehrmann Huub Stevens (63) ersetzte und mit 28 Jahren zum jüngsten Chefcoach der Bundesliga-Geschichte wurde, hat den Trend zum No-Name-Trainer aus U-Mannschaften noch einmal verstärkt. Der Zweitligist VfB Stuttgart vertraute nach dem Missverständnis mit Jos Luhukay (53) das Projekt Wiederaufstieg Hannes Wolf (35) an, zuvor U-19-Trainer von Borussia Dortmund. Beim Ligakonkurrenten Hannover 96 ist dafür Daniel Stendel (42) zuständig, bis dahin ebenfalls bei den A-Junioren tätig.
Viele Trainer mussten die eigene Karriere früh beenden
In der Bundesliga beförderte Werder Bremen nach der Entlassung von Viktor Skripnik (und dessen Assistenten Torsten Frings) Alexander Nouri (37) von der vereinseigenen U 23 zum Chefcoach der Profis. Der FC Ingolstadt holte sich nach der Trennung von Markus Kauczinski (46) zwar externen Ersatz, verzichtete aber ebenfalls darauf, sich aus dem Kreis der üblichen Verdächtigen zu bedienen. Die Wahl fiel auf Maik Walpurgis, der zwar immerhin schon 43 Jahre alt ist, allerdings noch nie höher als in der dritten Liga tätig war, erst in Lotte, danach in Osnabrück. Man musste schon ein Fachmann sein, um mit seinem schönen Namen etwas anfangen zu können. Wie Tuchel, Nagelsmann und Wolf hatte auch Walpurgis seine aktive Karriere verletzungsbedingt frühzeitig beenden müssen und seinen Weg als Trainer fortgesetzt.
In Gladbach wiederum wollten die Verantwortlichen nach dem Scheitern von André Schubert (45), vor eineinhalb Jahren ebenfalls aus dem Nachwuchs zu den Profis befördert und zu Beginn nach einer fulminanten Siegesserie gefeiert, mit Dieter Hecking (52) zwar wieder auf Nummer sicher gehen. Dafür sitzt beim FC Augsburg ein weiterer Bundesliga-Novize auf der Bank, den vorher keiner kannte: Vom Interims- wurde Manuel Baum (37) kurz nach Weihnachten zum Cheftrainer ernannt. „Wie der junge Rangnick, nur ohne Brille“, beschrieb die „Süddeutsche Zeitung“ den Sportwissenschaftler und Realschullehrer, der über Fußball dozieren könne „wie ein Physiker über Elementarteilchen“.
So kompliziert wird Torsten Frings im Abstiegskampf nicht vorgehen. Der Darmstädter Coach will seine Mannschaft nicht unnötig überfordern und setzt lieber auf jenes Erfolgsrezept, das einst ihn selbst zum Nationalspieler gemacht hat: „Es geht um Tugenden wie Glaube, Kraft, Wille. Die müssen wir der Mannschaft einimpfen.“
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