Der Reggaemusiker Bobi Wine kämpft in seiner Heimat Uganda gegen den machtversessenen Diktator Museveni. Für sein Engagement zahlt der einen hohen Preis.

Kampala - Bobi Wine macht sich keine Illusionen. „Es wird schwer werden“, sagt der 36-jährige, auf einen Stock gestützte Musiker: „Sie werden uns auspeitschen. Sie werden uns einsperren. Und, ja, einige von uns werden sie auch töten.“ Den ugandischen Reggaestar hätte es beinahe selbst erwischt: Soldaten des ostafrikanischen Staats droschen im August dermaßen auf den zum Politiker gewordenen Musiker ein, dass er beinahe gestorben wäre. Anschließend musste der singende Parlamentsabgeordnete drei Wochen lang in einem US-Krankenhaus behandelt werden. Und als er nach Hause kam, verhafteten ihn die Sicherheitskräfte gleich wieder.

 

Ugandas 74-jähriger Präsident Yoweri Museveni sieht in Bobi Wine seinen gefährlichsten Feind. Seine Anhänger nennen Bobi Wine, der eigentlich Robert Kyagulanyi Ssentamu heißt, ihren „Ghettopräsidenten“: Für sie ist ausgemacht, dass der charismatische Sänger den mehr als doppelt so alten, schon seit 32 Jahren regierenden Museveni spätestens in drei Jahren an den Wahlurnen besiegen wird. Als Museveni, der ehemalige Befreiungsführer 1986 an die Macht kam, hatte er versprochen, „nicht der Meister, sondern der Sklave“ seines Volks zu sein. Doch je länger sich Musevenis Herrschaft ausdehnte, desto brutaler wurde sie. „Freiheitskämpfer sind zu Diktatoren geworden“, heißt es in Wines Kultlied „Freedom“. Und: „Was einst Demokratie war, ist heute zur Farce geworden.“  

Junges Volk – alter Präsident

Der als „ungefähr fünfundzwanzigstes“ von 36 Kindern seines Vaters, eines Tierarztes, in einer Armensiedlung der ugandischen Hauptstadt Kampala aufgewachsene Pop- und Politstar ist kein auf Uganda beschränktes Phänomen: In immer mehr afrikanischen Staaten kristallisieren sich junge, oft in der Kulturszene populär gewordene Politaktivisten heraus, die den alterstarren Autokraten den Kampf ansagen. Mit einem Durchschnittsalter von 19 Jahren hat Afrika die jüngste Bevölkerung der Welt – und gleichzeitig die ältesten Präsidenten, die sich wie Krokodile in ihre Staaten verbissen haben.

Museveni ließ kürzlich die ugandische Verfassung ändern, um sich eine Herrschaft auf Lebenszeit zu ermöglichen. „Let the Ugandas go“, singt Wine in Anlehnung an den vom Exodus der Israeliten inspirierten Soulsong. Und trifft damit den Nerv der Mehrheit der Bevölkerung, die sich in einer Notlage biblischen Ausmaßes sieht. In Uganda stehe alles still oder bewege sich sogar rückwärts, während der Rest der Welt in die Zukunft sause, klagt Wine: „Wir müssen unsere Freiheit bekommen. Oder wir sterben bei dem Versuch, sie zu erlangen.“  

Prügel mit Eisenstangen

Vor einem Jahr war der Oppositionskandidat überraschend klar ins Abgeordnetenhaus gewählt worden: Seitdem vermochte der charismatische Reggaestar (der eigentlich die Hip-Hop-Verwandte des Reggae, den Ragga, praktiziert) sowohl seinen Bekanntheitsgrad zu erhöhen als auch sein politisches Profil zu schärfen – sehr zum Missfallen Musevenis, der schließlich seine geballte Macht zum Einsatz brachte. Wine wurde bezichtigt, Steine auf die Wagenkolonne des Präsidenten geworfen zu haben. Daraufhin schlugen ihn Soldaten mit Eisenstangen krankenhausreif. „Wie fühlt es sich an, wenn man Menschen so wie mich behandelt“, fragt der Sänger nun seinen Präsidenten, „wenn man seinen Stiefel ununterbrochen auf den Nacken seines Volkes presst?“

  In anderen afrikanischen Staaten, in denen junge Bewegungen die erstarrte politische Landschaft aufmischen, waren sie auch schon erfolgreich. Wie in Burkina Faso, wo eine zivile Rebellion zum Sturz des Autokraten Blaise Compaoré zumindest mit beitrug. Museveni weiß also, was ihm in drei Jahren blühen könnte.