Odessas Russlandfreunde protestieren im Stadtpark Kulikowo-Feld in der Nähe des Bahnhofs, sie treffen sich täglich um 18 Uhr. Die als Hauptorganisator auftretende Vereinigung Narodnaja Druschyna, was übersetzt Volksverein heißt, hat dort eine Art Kiewer Maidan im Kleinformat aufgebaut. Auch in Odessa gibt es ein Zeltlager und eine große Bühne. Daneben steht die Hauptattraktion. Auf einem Großbildfernseher läuft der aus dem ukrainischen Kabelnetz verbannte russische Propagandasender Rossija 24. Die Bilder werden per Satellit gezeigt. Sergej Marchel will im Gespräch nichts von Separatismus wissen. „Wir sind keine Kollaborateure des Besatzers“, wettert der Mittfünfziger im streng bewachten Stabszelt. Wenn bei einer Demo ein paar „Russland, Russland!“ schreien würden, so sei das eben Meinungsfreiheit.

 

Das Gerücht, sein Zeltlager werde direkt von Russland finanziell unterstützt, sei falsch. „Wir sind zwar russischsprachig, aber nicht prorussisch“, sagt er. Marchel sieht mehr Demonstranten auf seiner Seite als bei den Proeuropäern. „Am vergangenen Sonntag waren es 25 000 aber die ukrainische Presse zählte nur 5000“, klagt er. Immerhin für Samstag hatten beide Protestgruppen zu einer Stadtparksäuberungsaktion aufgerufen.

Drei Stunden lang geht es hupend durch die Stadt

„Wir wollen ihnen zeigen, dass wir keine Faschisten sind“, erzählt Julia Balatskaja, eine proeuropäische Demokratieaktivistin auf der Fahrt zu einem Versammlungsort beim Bahnhof. Kleine Schritte sollen die Bewohner von Odessa wieder zusammenbringen, sagt die junge Geschäftsfrau. Auch Julia Balatskaja will Stabilität, doch nicht nach Putins Diktat. Sie hat sich deshalb dem sogenannten Automaidan angeschlossen, einer motorisierten Gruppe von Proeuropäern. Am Samstag seien sie drei Stunden lang hupend durch die Stadt gefahren und hätten zu einem Boykott der Lukoil-Tankstellen aufgerufen.

Die Autos mit ukrainischen Flaggen stoppen an einer Tankstelle, die Aktivisten springen aus den Wagen und bekleben die Tanksäulen. „Kauf nicht bei den Besatzern!“ steht darauf. Sie zeigen eine russische Flagge, eine Kalaschnikow und Putin mit einem Schnauzbart, der an Hitler erinnert. Das Tankstellenpersonal sei ziemlich perplex gewesen, erzählt Balatskaja. Einer habe sich richtig aufgeregt. „Dann gebt mir doch eine andere Arbeit“, habe er gerufen.

Bewacher in Tarnanzügen haben die Aktivisten im Blick

Bei der allabendlichen Demonstration der europafreundlichen Ukrainer unter der Statue des früheren Statthalters Duc de Richelieu haben sich rund 200 Zuhörer versammelt. „Russland wird große Probleme mit China bekommen“, sagt einer der Redner. Ein tragbarer Generator liefert den Strom fürs Mikrofon. Neben einem alten Lada sammelt eine Frau Spendengelder für die ukrainische Armee. Kaum hat die Rede über Russlands Probleme in Sibirien begonnen, schwärmen vier Zehnergruppen aus – Bewacher in Tarnanzügen, die sämtliche Zufahrtswege im Blick haben. „Ihr müsst keine Angst haben“, macht später ein Sowjetveteran der Menge Mut. Wenn es gelungen sei, damals die Faschisten zu besiegen, so habe die Ukraine auch gegen Russland eine Chance. Bis zu 15 000 Proeuropäer kämen an den Wochenenden her, erzählt ein Demonstrant, die Prorussen könnten dagegen maximal 5000 Demonstranten zusammentrommeln.

„Krieg kann es hier keinen geben“, sagt der Rentner Gennadi, der lange Jahre bei der Sowjetarmee gedient hat und nun sein Konto mit Fahrdiensten durch die Stadt aufbessert. Gennadi hat sich ein paar Floskeln Englisch eingeprägt, doch ernste Gespräche führt er auf Russisch. Die Ukraine habe ja keine richtige Armee, sagt er, und ohne Armee könne es auch keinen Krieg geben. „Für die paar Panzer, die sie besitzen, fehlt ihnen das Benzin“, höhnt er auf der Fahrt zum Bahnhof. Und überhaupt sei Odessa schon immer eine russische Stadt gewesen. „Stalin machte sie ukrainisch, genauso wie Chruschtschow die Krim später den Ukrainern schenkte“, fügt Gennadi hinzu. So wie sich die Bewohner der Krim für den Anschluss an Russland entschieden haben, so könnten es auch die Bürger von Odessa tun, meint er.

Auch in Odessa gibt es ein Zeltlager samt Bühne

Odessas Russlandfreunde protestieren im Stadtpark Kulikowo-Feld in der Nähe des Bahnhofs, sie treffen sich täglich um 18 Uhr. Die als Hauptorganisator auftretende Vereinigung Narodnaja Druschyna, was übersetzt Volksverein heißt, hat dort eine Art Kiewer Maidan im Kleinformat aufgebaut. Auch in Odessa gibt es ein Zeltlager und eine große Bühne. Daneben steht die Hauptattraktion. Auf einem Großbildfernseher läuft der aus dem ukrainischen Kabelnetz verbannte russische Propagandasender Rossija 24. Die Bilder werden per Satellit gezeigt. Sergej Marchel will im Gespräch nichts von Separatismus wissen. „Wir sind keine Kollaborateure des Besatzers“, wettert der Mittfünfziger im streng bewachten Stabszelt. Wenn bei einer Demo ein paar „Russland, Russland!“ schreien würden, so sei das eben Meinungsfreiheit.

Das Gerücht, sein Zeltlager werde direkt von Russland finanziell unterstützt, sei falsch. „Wir sind zwar russischsprachig, aber nicht prorussisch“, sagt er. Marchel sieht mehr Demonstranten auf seiner Seite als bei den Proeuropäern. „Am vergangenen Sonntag waren es 25 000 aber die ukrainische Presse zählte nur 5000“, klagt er. Immerhin für Samstag hatten beide Protestgruppen zu einer Stadtparksäuberungsaktion aufgerufen.

Drei Stunden lang geht es hupend durch die Stadt

„Wir wollen ihnen zeigen, dass wir keine Faschisten sind“, erzählt Julia Balatskaja, eine proeuropäische Demokratieaktivistin auf der Fahrt zu einem Versammlungsort beim Bahnhof. Kleine Schritte sollen die Bewohner von Odessa wieder zusammenbringen, sagt die junge Geschäftsfrau. Auch Julia Balatskaja will Stabilität, doch nicht nach Putins Diktat. Sie hat sich deshalb dem sogenannten Automaidan angeschlossen, einer motorisierten Gruppe von Proeuropäern. Am Samstag seien sie drei Stunden lang hupend durch die Stadt gefahren und hätten zu einem Boykott der Lukoil-Tankstellen aufgerufen.

Die Autos mit ukrainischen Flaggen stoppen an einer Tankstelle, die Aktivisten springen aus den Wagen und bekleben die Tanksäulen. „Kauf nicht bei den Besatzern!“ steht darauf. Sie zeigen eine russische Flagge, eine Kalaschnikow und Putin mit einem Schnauzbart, der an Hitler erinnert. Das Tankstellenpersonal sei ziemlich perplex gewesen, erzählt Balatskaja. Einer habe sich richtig aufgeregt. „Dann gebt mir doch eine andere Arbeit“, habe er gerufen.

Statt symbolischen EU-Sanktionen lieber europäische Kredite

Balatskaja versteht diese Wut, denn die Arbeitslosigkeit in Odessa sei groß, seit Beginn der Proteste in Kiew Ende 2013 stehe vieles still. „Keiner traut sich zu investieren“, sagt die Geschäftsfrau. Statt symbolischen EU-Sanktionen gegen Russland wünscht sie sich vor allem europäische Kredite für die Ukraine. „Wir brauchen einen Rechtsstaat und Antikorruptionsmaßnahmen“ – das ginge nicht ohne die EU, sagt sie. „Lukoil boykottieren wir nur, weil wir Putin nicht noch zusätzlich unterstützen wollen“, betont Balatskaja.

Der neue Vizegouverneur des Verwaltungsbezirks Odessa empfängt in einem kalten und kahlen Büro – es ist sein zweiter Amtstag. Aleksandr Ostanenko sagt, er könnte viele Forderungen des prorussischen Zeltlagers auf dem Kulikowo-Feld selbst unterschreiben. Problematisch sei jedoch, dass die sowjetnostalgischen Demonstranten in einer Kriegssituation Putin unterstützen würden. Im Verwaltungsbezirk ist die feindliche Stimmung spürbar. Eine satte Mehrheit des Lokalparlaments befindet sich in der Hand der Partei des nach Russland geflüchteten und danach als Staatspräsident abgesetzten Wiktor Janukowitsch. Prorussische Parteien halten weitere zehn Prozent, genauso viel wie die kleine lokale Fraktion des Übergangspremiers Arseni Jazenjuk.

Bis vor ein paar Tagen seien Busse voller russischer Provokateure aus dem prorussischen Separatistengebiet Transnistrien im Osten Moldawiens die 100 Kilometer nach Odessa gefahren. Das habe der Grenzschutz mittlerweile unterbunden, sagt Ostanenko, und die Freude darüber klingt durch. „Das Gebietsparlament hat sich klar zur Souveränität der Ukraine bekannt“, sagt Ostanenko, „die Krim-Krise schweißt uns alle zusammen.“