Nur wenige Stunden nach neuen Sanktionsdrohungen der Europäischen Union ist eine Forderung von Russlands Präsident Wladimir Putin nach einer eigenen „Staatlichkeit“ für die Südostukraine publik geworden.

Moskau -

 

Nur wenige Stunden nach neuen Sanktionsdrohungen der Europäischen Union ist eine Forderung von Russlands Präsident Wladimir Putin nach einer eigenen „Staatlichkeit“ für die Südostukraine publik geworden. Gespräche zu Fragen „über die politische Organisation der Gesellschaft und eine Staatlichkeit für die Südostukraine“ müssten „sofort beginnen“, sagte er in einem Fernseh-Interview für den staatsnahen Ersten Kanal, das am Freitag aufgezeichnet wurde. Ein Kreml-Sprecher bestritt jedoch, dass Moskau eine Spaltung der Ukraine anstrebe. Die Rebellen sollten keinen eigenen Staat erhalten, allerdings müsse Kiew „die Interessen Neurusslands anerkennen“. Den Begriff „Neurussland“ hatte Putin in der Nacht zum Freitag in einer offiziellen Erklärung für die umkämpfte Südostukraine verwendet.

Es ist der bislang deutlichste Ruf Putins nach einem eigenen Status für die gesamte Region. Ziel müsse es sein, die „gesetzlichen Interessen der dort lebenden Menschen zu schützen“, sagte Putin. Seit fast fünf Monaten liefern sich prorussische Separatisten und ukrainische Regierungstruppen erbitterte Kämpfe in dem Gebiet, nach UN-Angaben wurden fast 2600 Menschen getötet. Am Montag soll im weißrussischen Minsk die Ukraine-Kontaktgruppe zusammenkommen, um erneut über ein Ende des Blutvergießens zu beraten.

Andreas Schockenhoff (CDU), stellvertretender Vorsitzender der Unions-Bundestagsfraktion, kritisierte die Forderung Putins scharf: „Das ist eine massive Verletzung der Souveränität und eine massive Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Ukraine, eine offene Aggression gegen völkerrechtliche Prinzipien, denen man in aller Deutlichkeit entgegentreten muss“, sagte er dem „Tagesspiegel“.

Russland unterstützt die Seperatisten

Mit Putins Interview haben sich die Chancen auf eine Föderalisierung drastisch verschlechtert. Moskau strebt in der Ukraine offenbar eine ähnliche Lösung wie in den prowestlichen Ex-Sowjetrepubliken Georgien und Moldawien an. Deren abtrünnige Regionen Südossetien, Abchasien und Transnistrien sind de facto russisches Protektorat. Russland unterstützt die Separatisten, seit diese sich Anfang der 90er Jahre für unabhängig erklärten.

Putin räumte inzwischen auch ein, Moskau habe mit Geheimdienstlern das Referendum auf der Krim abgesichert, leugnet aber Waffenlieferungen an die prorussischen Separatisten in der Ostukraine und Unterstützung durch russisches Militär.

Erst in der Nacht zum Sonntag hatte die Europäische Union Moskau mit neuen Sanktionen gedroht, sollte die „Aggression der russischen Streitkräfte auf ukrainischem Boden“ nicht gestoppt werden. Binnen einer Woche sollen die Mitgliedstaaten entscheiden, ob weitere Personen und Unternehmen mit Strafmaßnahmen belegt werden, wie der EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy nach dem Gipfel in Brüssel erklärte.