Vor der großen Bahnhofshalle in Stuttgartsoll ein dreigeschossiger Containerbau entstehen, in dem Fahrgäste auf ihre Züge warten können. Wegen des Umbaus ist dies im eigentlichen Hauptbahnhof nicht mehr möglich.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Der um seine Seitenflügel gestutzte Bonatzbau des Stuttgarter Hauptbahnhofs verändert mit Stuttgart 21 seine Struktur. Die große Kopfbahnsteighalle, von der es heute ebenerdig zu den Bahnsteigen geht, liegt künftig zwei Etagen über den Gleisen. Im Zuge eines größeren Umbaus werden von dort Durchbrüche in die darunter liegende Ebene geschaffen, die heute Logistik- und Technikflächen beherbergt. Dort werden Reisende künftig vom Arnulf-Klett-Platz kommend ebenerdig die Stege erreichen, von denen aus es auf die Bahnsteige des Durchgangsbahnhofs von Stuttgart 21 geht.

 

Die Planungen für den Umbau laufen schon eine ganze Weile. Anfang 2015 hatte die Bahn Experten aus Radebeul in Sachsen damit beauftragt, die Statik des betagten Baudenkmals zu untersuchen.

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Bhn sorgt sich um Vermarktung

Große Umbauten stehen auch in dem Trakt an, der zwischen der Kopfbahnhofhalle und dem Arnulf-Klett-Platz liegt. Dort soll ein Hotel samt Kongressbereich entstehen. Dafür wird dieser Gebäudeteil aufgestockt. Die Bahn will mit dem Umbau auch auf die zu erwartende Veränderung der Besucherströme reagieren. „Um auch künftig eine wirtschaftlich erfolgreiche Vermarktung im Hauptbahnhof Stuttgart betreiben zu können, ist diese auf die geänderte Erschließungssituation auszurichten“, heißt es in einem Papier der Bahn. Das ist im Internet veröffentlicht und soll Firmen für den Bau eines Interimsgebäudes vor dem heutigen Nordausgang interessieren.

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Dort soll aus Containern ein 30 Meter langes, 14 Meter breites und mehr als 10 Meter hohes Bauwerk entstehen, das den Reisenden als Wartesaal dient. Das Erdgeschoss soll Shops und einen Informationsbereich der Deutschen Bahn beherbergen. Im ersten Obergeschoss sind Sitzgelegenheiten für die Wartenden vorgesehen. Wer sich die Zeit mit dem Betrachten von Baggern und Kränen vertreiben will, der wird das in den Plänen vermerkte „Baustellenfenster“ zu schätzen wissen. Im zweiten Stock soll es öffentliche Toiletten sowie Personalräume geben. Insgesamt sind knapp 1200 Quadratmeter Bruttogeschossfläche vorgesehen.

Werbung für Stuttgart 21 an der Fassade

Das Gebäude soll vier Jahre lang bestehen. „Die Laufzeit dieser vier Jahre beginnt Anfang 2020“, erklärt ein Bahnsprecher. Zu den Kosten möchte er noch nichts sagen. „Da wir uns aktuell im Ausschreibungsverfahren für die Wartehalle befinden, werden wir zum aktuellen Zeitpunkt keine Aussage zu den Kosten treffen.“ Erst Anfang Oktober will die Bahn Unternehmen dazu auffordern, sich um den Bauauftrag für das Interimsgebäude zu bewerben. Dazu gehört auch der Bau eines überdachten Fußwegs vom Arnulf-Klett-Platz zum Containerbau. Dessen Fassade soll dabei für Werbezwecke genutzt werden – und Ansichten von Stuttgart 21 zeigen.

Obsolet sind damit die Pläne, die den Abschluss des Umbaus im Bonatzgebäude für 2021 vorsahen. Tatsächlich müssen die Mieter auch nicht wie ursprünglich anvisiert Ende 2018 weichen sondern können bis Mitte 2019 bleiben. Bei der Valora Holding Germany, die einen Buch- und Pressehandel in der Kopfbahnsteighalle betreibt, weiß man offiziell noch nichts von der Verlängerung, in die es für das Geschäft geht. „Bisher gab es nur Gerüchte“, sagt eine Unternehmenssprecherin auf Anfrage. Länger bleiben darf auch die S-21-Ausstellung, die vom Bahnprojektverein Stuttgart-Ulm getragen wird und sich regelmäßig auf den ersten fünf Plätzen der meistbesuchten Einrichtungen in Stuttgart findet. Der Verein strebt einen Umzug seiner Schau in einem neu zu errichtenden Ausstellungsturm bei Gleis 16 an.

Das Rathaus wartet noch auf Informationen

Im Rathaus wartet man noch auf nähere Informationen zu dem Vorhaben, ein neues Wartegebäude am Nordausgang zu bauen. Es „steht noch eine interne Abstimmung mit Bahn und Verwaltung an“, erklärt Rathaus-Sprecher Sven Matis. Im Grundsatz sei das Vorhaben bekannt. „Wir wissen, dass die Bahn eine Warteanlage für die Zeit des Bonatzbau-Umbaus errichten möchte, um die Situation für die Reisenden am Interimsstandort zu verbessern.“ Rechtliche Bedenken gibt es bei der Stadtverwaltung nicht. Matis: „Der Vertrag zur Grundstücksnutzung zwischen der Stadt und der Bahn deckt eine solche Nutzung ab.“

Stuttgart 21 - interaktive Timeline

In unserer interaktiven Timeline beleuchten wir die Geschichte des "Jahrhundertprojekts" Stuttgart 21 - von der Idee 1988 bis heute.

 

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