Das Institut kann seinen globalen Anspruch nicht aufgeben. Das Investmentbanking ist zu wichtig für die Bank.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Die Deutsche Bank verlässt die Wall Street – im Wortsinn. Ihr US-Hauptquartier mit der Hausnummer 60 an der berühmten Straße wird sie 2021 aufgeben, die Mitarbeiter sollen in die Nähe des Central Park umsiedeln. Doch diese Umzugspläne, beeilte sich Bankchef Christian Sewing in seiner Pressekonferenz am Montag klarzustellen, seien schon länger bekannt und hätten nichts mit dem gerade verkündeten Konzernumbau zu tun.

 

Der Chef lobt die alten Zukaufpläne

Sewing stemmt sich gegen den Eindruck, er läute mit dem Rückbau der hauseigenen Investmentbank den Abschied der Deutschen Bank von der internationalen Bühne ein. Die Entscheidung aus den 90er Jahren, ins globale Geschäft einzusteigen, sei richtig gewesen, betont er in einem auf der Homepage der Bank verbreiteten Video-Interview. Explizit lobt der 49-Jährige auch die Übernahme der US-Investmentbank Bankers Trust, mit der die Deutschen zur Jahrtausendwende groß ins US-Geschäft einstiegen.

Eben diese Übernahme wurde von vielen Beobachtern zuletzt als eine Art Sündenfall beschrieben. Denn mit den aufgekauften Investmentbankern in den USA begann das Traditionshaus aus Deutschland auf dem Kapitalmarkt das große Rad zu drehen. Hier kam es zu Exzessen wie dem Verkauf höchst fragwürdiger Finanzprodukte an Investoren, die letztlich zur Entstehung der Finanzkrise beitrugen.

Dass nun der ganz bodenständig über eine Bankausbildung zu dem Konzern gestoßene Sewing dem Treiben der Investmentbanker ein Ende bereitet, klingt stimmig. Ist aber nicht ganz richtig. Der gebürtige Ostwestfale hat nämlich keineswegs vor, das Kapitalmarktgeschäft aufzugeben: Es soll auch künftig 30 Prozent der konzernweiten Erträge liefern. Komplett eingestellt wird lediglich ein Teilbereich, der Aktienhandel.

Für Firmenkunden unverzichtbar

Gänzlich verzichten kann Sewing auf die Investmentbanker auch gar nicht. Denn diese erbringen, was über die Skandale der vergangenen Jahre ein wenig in Vergessenheit geraten ist, durchaus wichtige Dienstleistungen, gerade für Unternehmen: Die Absicherung von Exportgeschäften gegen Wechselkursschwankungen beispielsweise oder die Beratung bei Börsengängen und Fusionen. Zusammen mit dem globalen Netzwerk der Deutschen Bank sind diese Services wichtige Argumente, um Firmenkunden zu gewinnen und zu halten.

Der Konzernumbau ist deshalb ein Wagnis – auch wenn er dem Abbau von Risiken dient. Die Bank steht vor einer Gratwanderung. Die Verkleinerung der Investmentbank ist unumgänglich, weil sie zuletzt mehr Kosten als Einnahmen produzierte. Doch wenn die Deutsche Bank ihren Ruf als Global Player einbüßte, könnte sie im ertragreichen Geschäft etwa mit Fusionen und Übernahmen weitere Marktanteile verlieren. Neben der Vermögensverwaltung sind es aber gerade solche Deals im Auftrag von Großkonzernen, die den Branchenprimus von den meisten innerdeutschen Konkurrenten unterscheiden. Anders ausgedrückt: Für das Geschäft mit Spareinlagen, Verbraucherkrediten und kleinen bis mittleren Unternehmen wird die Deutsche Bank nicht unbedingt gebraucht. Diese Kunden sind für sie ein wichtiges Standbein, aber keine Existenzberechtigung.

Deshalb ist auch die Vorstellung, das Institut könnte einfach zu den guten alten Zeiten zurückkehren, falsch. Die Zeiten der Deutschland AG, in der die Bank unangefochten war, gibt es nicht mehr. Längst steht sie auch hierzulande im Wettbewerb mit ausländischen Großbanken. Über den endgültigen Zuschnitt der Investmentbank wird noch viel diskutiert werden. Aber ein vollständiger Abschied von der Wall Street ist für die Deutsche Bank tatsächlich keine Option.