Eine Umfrage der AOK zum Thema Pflege im Alter ergibt ein klares Bild bei den Wünschen, deutet aber auf belastende Konstellationen für die pflegenden Angehörige hin.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Wie im ganzen Land sind auch im Rems-Murr-Kreis immer mehr Menschen auf Pflege angewiesen. Eine Auswertung der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) Ludwigsburg-Rems-Murr zu Daten ihrer Versicherten zeigt für den Landkreis einen deutlichen Anstieg der Zahlen. Während demnach im Jahr 2017 noch 10 570 Personen mit einem Pflegegrad eingestuft waren, sind es vier Jahre später bereits 12 400 gewesen – eine Zunahme um 3,9 Prozent.

 

Hoher Bedarf bei vollstationären Pflegeplätzen

Laut einer Prognose des im vergangenen Jahr aufgestellten Kreispflegeplans des Landratsamts hat das dramatische Konsequenzen: Bis zum Jahr 2030 ist demzufolge mit einem Anstieg des Bedarfs an vollstationären Pflegeplätzen um nahezu 50 Prozent zu rechnen. Hochrechnungen gehen davon aus, dass 2030 im Rems-Murr-Kreis mindestens 5270 Plätze benötigt werden. Zum Stichtag Ende 2021 waren es lediglich 3540 gewesen. Aber auch der Bedarf in der ambulanten Pflege wächst deutlich an: Die Experten des Landratsamts gehen davon aus, dass die Kapazitäten allein zwischen den Jahren 2025 und 2035 um 14,5 Prozent gesteigert werden müssten, um den Bedarf zu decken.

Fragt man die Menschen, wie sie sich ihre Pflege gestalten würden, wenn sie das unmittelbar beeinflussen könnten, ergibt sich ein klares Bild. Laut einer von der AOK bei dem Meinungsforschungsinstitut Civey in Auftrag gegebenen Umfrage würde die Mehrheit der im Rems-Murr-Kreis Befragten (50,3 Prozent) im Pflegefall am liebsten zu Hause versorgt werden. 14,4 Prozent wünschten sich einen alternativen Ort wie eine Pflege-WG. Lediglich 5,2 Prozent würden sich im Zweifelsfall für ein Pflegeheim entscheiden.

Doch die Belastung für pflegende Angehörige sei nicht zu unterschätzen, sagt Artur Baier, Abteilungsleiter Pflege bei der AOK Ludwigsburg-Rems-Murr, und stützt sich dabei auf Ergebnisse der Umfrage. Demnach beschrieben pflegende Angehörige – im Rems-Murr-Kreis immerhin 13 Prozent der Befragten – ihre Situation mit emotionaler Betroffenheit (43,1 Prozent), Müdigkeit (27,7 Prozent), Überforderung (25,2 Prozent) und Reizbarkeit (16,7 Prozent). Mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmer (52,9 Prozent) gab an, weniger Zeit für Hobbys zu haben, 45,4 Prozent haben weniger Zeit für Freunde und 20,9 Prozent weniger Zeit für ihre Partnerin oder ihren Partner. Auch auf den Beruf hat die Pflegesituation Auswirkungen: 12,9 Prozent der Befragten haben ihre Arbeitszeit reduziert, 4,1 Prozent pausieren im Beruf und 4,2 Prozent haben ihn ganz aufgegeben.

Reform der Pflegeversicherung gefordert

Artur Baier zieht daraus einen klaren Schluss: „Wir brauchen eine Reform der Pflegeversicherung, die den Menschen Entscheidungsspielraum gibt, wo und von wem sie gepflegt werden wollen.“ Und: Die Pflege eines Angehörigen müsse in die Lebenssituation der pflegenden Angehörigen integriert werden können – ohne dass dabei deren eigenes Leben auf der Strecke bleibe. „Es braucht bessere und flexible gesetzliche Rahmenbedingungen für eine Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf“, so Baier. Denn Pflege in der Häuslichkeit funktioniere nur durch ein gutes Zusammenspiel von Angehörigen, Pflegediensten und Ehrenamtlichen.

Umfrage Das Meinungsforschungsunternehmen Civey hat im Auftrag der AOK Baden-Württemberg im Juni landesweit 2500 Personen befragt.