Die Automobilbranche rechnet frühestens in zehn Jahren mit dem Durchbruch für Fahrzeuge mit Elektroantrieb. Die Deutschen zeigen sich skeptisch.

Frankfurt - Auf der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt in wenigen Wochen wird es ein beherrschendes Thema sein: Wie fortschrittlich zeigen sich die Anbieter in Sachen Elektroantrieb? Wer kann als Vorreiter überzeugen beim Übergang von Benzin- und Dieselfahrzeugen zu Strom betriebenen Autos? Eine eigene Halle wird in Frankfurt für das Thema bereitstehen. Schließlich drängt die Bundesregierung die Industrie dazu, bis zum Jahr 2020 eine Million Elektroautos auf die Straße zu bringen.

 

Dennoch herrscht in der Branche Skepsis. Fast die Hälfte von mehr als 300 befragten europäischen Automobilmanagern glaubt nicht, dass sich die Elektromobile vor dem Jahr 2020 durchsetzen werden. Jeder neunte deutsche Zulieferer und Autohersteller glaubt sogar, dass es dazu niemals kommen wird.

Das sind Ergebnisse einer Umfrage im Auftrag der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young. "Sie zeigt die typisch deutsche Skepsis", sagt Peter Fuß, Partner und Automobilexperte bei dem Unternehmen. In Europa ist der Anteil der Pessimisten, die nicht mit einem Durchbruch der Technologie rechnen, mit fünf Prozent deutlich geringer. Doch selbst die Optimisten rechnen damit, dass sich die Fahrzeuge erst 2022 durchsetzen. Der Durchbruch wäre nach Ansicht von Ernst & Young erreicht, wenn jedes zehnte neu zugelassene Fahrzeug über einen Elektroantrieb verfügte.

Mögliche Gründe für die Skepsis: derzeit sind in Deutschland erst 2300 reine Elektrofahrzeuge zugelassen. Außerdem hatte es bereits auch in der Vergangenheit wie etwa rund um die beiden Ölkrisen der 1970er Jahre letztlich erfolglose Versuche der Automobilindustrie gegeben, Elektrofahrzeuge alltagstauglich zu machen. Und trotz der Diskussion über Klimawandel und Energieverbrauch ist das derzeitige Kaufinteresse an Elektroautos gering.

Deutsche Autoindustrie hat ihren Ruf gestärkt

Generell kann sich Umfragen zufolge zwar fast jeder zweite Deutsche den Kauf eines Elektroautos vorstellen, sollten etwa Probleme wie die bisher geringe Reichweite gelöst werden. Aber tatsächlich ziehen dies derzeit nur etwa 0,3 Prozent der von der Tankstellenkette Aral befragten Autofahrer tatsächlich in Betracht. Neunzig Prozent der von Ernst & Young befragten Automanager halten daher eine staatliche Förderung in welcher Form auch immer für eher oder sehr wichtig, um den Markt in Schwung zu bringen. Bislang hat die Bundesregierung aber kein Interesse daran, etwa Kaufpreiszuschüsse zu gewähren.

Dennoch rechnet jeder zweite Befragte damit, dass den Elektroantrieben der Durchbruch am ehesten auf dem europäischen Markt gelingen wird. Genauso groß ist das Zutrauen in die deutschen Hersteller, die verspätet auf den Trend aufgesprungen sind. 51 Prozent der befragten Automobilmanager trauen den Anbietern aus Deutschland am ehesten zu, die führende Rolle als Produzenten von Elektroautos einzunehmen - dahinter folgen mit 30 Prozent China und mit 27 Prozent Japan als mögliche Kandidaten (Mehrfachnennungen waren möglich).

BMW hat zuletzt erste Modelle vorgestellt, die in den kommenden Jahren auf den Markt kommen sollen. Bosch und Daimler kooperieren bei der Fertigung von Elektromotoren. Insgesamt eine Million Stück auch zum Einbau in Konkurrenzfahrzeugen wollen sie bis 2020 in einem Gemeinschaftsunternehmen produzieren. Bosch investiert derzeit etwa 400 Millionen Euro pro Jahr in wichtige Elektrokomponenten wie etwa die Batterien.

Nach Ansicht der befragten europäischen Manager hat die deutsche Autoindustrie ihren Ruf auch unabhängig von Investitionen in neue Antriebstechnik gestärkt. Denn 47 Prozent der Befragten halten den Standort für sehr oder eher wettbewerbsfähig. Damit liegt das Land nur knapp hinter China und Indien, aber - anders als noch vor zwei Jahren - vor Frankreich und Japan. Die Unternehmen haben die Krise genutzt, um die Produktion leichter an Absatzschwankungen anpassen zu können, so Experte Fuß. Auf Rückschläge könne leichter reagiert werden.

Der Blick auf die Börse ist auch für Autohersteller wichtig

Aktien Die Talfahrt an den Börsen im August kann die Automobilhersteller nicht kalt lassen, so das Institut für Automobilwirtschaft (IFA) an der Hochschule Nürtingen-Geislingen. In der Vergangenheit seien Schwankungen an den Aktienmärkten ein Indiz gewesen, wie sich in den kommenden sechs bis zwölf Monaten die Verkaufszahlen sogenannter Premiumfahrzeuge entwickelten. Daher rechnet das IFS damit, dass im kommenden Jahr weltweit 5,05 Millionen Autos der gehobenen Preisklasse abgesetzt werden dürften. Das wären fünf Prozent weniger als die in diesem Jahr erwarteten 5,35 Millionen Fahrzeuge.

Konjunktur Tatsächlich gilt die Börse auch jenseits der Autobranche als ein Barometer, wie sich die Wirtschaftsleistung in der Zukunft entwickeln dürfte. Denn die Skepsis über die künftige wirtschaftliche Entwicklung schlägt sich normalerweise recht schnell in Aktienkursen nieder. Der Preis der Anteilsscheine richtet sich zumindest in der Theorie danach, wie die Gewinnerwartungen der Unternehmen für die Zukunft eingeschätzt werden. "Die Volatilität des Premiumsegments ist angesichts der Börsenturbulenzen hoch. Niemand sollte den positiven Trend der beiden letzten Jahre einfach in die Zukunft fortschreiben", warnt IFA-Direktor Willi Diez.